In Myanmar hat die Militärjunta beschlossen, den Onlinebetrugszentren einmal richtig die Leviten zu lesen. Und weil man es dort offenbar gern effizient mag, wurden innerhalb von nur fünf Tagen knapp 1.600 ausländische Personen festgenommen – ein Tempo, das selbst Staubsaugervertreter neidisch machen würde.
Die staatliche Zeitung The Global New Light of Myanmar berichtete am Sonntag pflichtbewusst, dass die Polizei zwischen Dienstag und Samstag so ziemlich alles einkassiert hat, was nicht schnell genug offline war. Allein am Samstag griffen sie in Shwe Kokko – einem Ort an der thailändischen Grenze, der inzwischen wohl als „Scam-Center-Hotspot“ durchgeht – 223 Menschen auf. Viele davon sollen in Onlinebetrug oder Glücksspiel verwickelt gewesen sein. Unter den Festgenommenen: rund hundert chinesische Staatsbürger.
Doch nicht nur Menschen wurden eingesammelt. Nein, es wurde auch ordentlich ausgemistet:
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2.893 Computer
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21.750 Handys
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101 Starlink-Empfänger
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21 Router
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sowie eine „große Menge anderer Materialien“, was vermutlich alles umfasst, was noch irgendwie blinkte, piepte oder Datenpakete verschickte.
Ein Video zeigt sogar, wie eine Dampfwalze eine Reihe von Computermonitoren plattmacht – als wäre es ein besonders rabiates Anti-Stress-Seminar. Daneben liegt ein Berg früherer Smartphones, die ganz offensichtlich ihren letzten Software-Update hinter sich haben.
Starlink: vom Internetheld zum Internetbösewicht-versehentlich-lief-er-da-rein
Vor Kurzem stellte eine AFP-Recherche fest, dass in Myanmar jede Menge Starlink-Empfänger betrieben wurden – offenbar hauptsächlich in Betrugszentren. SpaceX hat daraufhin über 2.500 Geräte abgeschaltet.
Fun Fact: Innerhalb weniger Wochen war Starlink angeblich der meistgenutzte Internetanbieter des ganzen Landes. Wenn das mal keine „versehentlich zum Marktführer geworden“-Story ist.
Cybercrime-Boom in Südostasien
Da staatliche Strukturen in vielen Grenzgebieten Myanmars eher auf Urlaub zu sein scheinen, nutzten kriminelle Banden die Situation und betrieben dort massenweise Scam-Center. Im Februar gab es schon eine größere Razzia. Tausende ausländische Arbeiter – viele aus China – wurden aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen befreit.
Während Myanmar jahrelang beschuldigt wurde, nicht genau hinzuschauen, scheint China jetzt darauf zu bestehen, dass man doch bitte mal ordentlich gegen die Betrugsmaschinerie vorgeht.
Und wenn China drückt, wird offenbar sehr fleißig gearbeitet.
Schaden: 32 Milliarden Euro – kein Kleingeld
Die UNO schätzt, dass 2023 rund 32 Milliarden Euro Schaden durch Onlinebetrug in Südostasien entstanden.
Viele Betroffene erzählten später, sie seien mit Versprechen von gut bezahlten Jobs gelockt worden – und fanden sich dann in einer Art „Dystopischer Bürojob ohne Kündigungsrecht“-Version wieder. Pässe weg, Gewalt da, und Betrug statt Kaffee kochen.
Ein UNO-Bericht geht sogar von mindestens 120.000 Menschen in solchen Zentren aus, viele davon Opfer von Gewalt. Eine Zahl, die wohl niemand gerne auf seinem Jahresbericht sehen möchte.
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