Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime aus Bautzen über fragwürdige Finanzversprechen, Millionärsstrategien und was Anleger daraus wirklich lernen können.
Frage: Herr Reime, überall stößt man derzeit auf Werbung wie: „So legen Millionäre ihr Geld an – jetzt auch für Sie!“. Was sagen Sie als Fachanwalt zu solchen Angeboten?
Jens Reime: Ich sage ganz klar: Finger weg vom Millionärsglanz, wenn er in einer PDF-Datei mit Gratis-Versprechen daherkommt. Diese Masche ist nicht neu – und sie nutzt oft die Hoffnung oder Unsicherheit vieler Kleinanleger aus. Natürlich ist es verlockend zu denken, man könne mit ein paar Klicks wie ein Vermögensverwalter investieren. Aber die Realität ist komplexer – und die Unterschiede zwischen Millionär und Privatanleger sind gewaltig.
Frage: Aber ist es denn grundsätzlich falsch, sich an den Anlagestrategien von Wohlhabenden zu orientieren?
Reime: Nein, natürlich nicht. Es ist sogar klug, von erfahrenen Investoren zu lernen. Aber: Millionäre verfügen über ganz andere Möglichkeiten, Zugang zu exklusiven Märkten, rechtliche Strukturen – und vor allem ein ganz anderes Risikopuffer. Was für sie funktioniert, kann für einen Kleinanleger ruinös enden. Das wird in solchen Reports leider selten gesagt.
Frage: Der Report von Mike Rückert wirbt mit 5 „geheimen Prinzipien“, die lange nur Superreichen vorbehalten gewesen seien. Was halten Sie davon?
Reime: Also bitte: Das ist Marketing-Prosa. Kein ernstzunehmender Vermögensverwalter gibt seine Anlagestrategien gratis als PDF heraus – schon gar nicht ohne Haftung. Und „geheime Prinzipien“ gibt es am Kapitalmarkt auch nicht. Es gibt solide Strategien, Streuung, Risikoabschätzung – aber kein geheimes Goldrezept für Reichtum. Wenn es das gäbe, hätten wir 80 Millionen Millionäre in Deutschland.
Frage: Im Disclaimer wird immerhin gewarnt, dass es sich nicht um eine Beratung handelt. Reicht das aus?
Reime: Juristisch mag das den Anbieter absichern – aber für viele Leser bedeutet es: „Du bist auf dich allein gestellt.“ Und das ist gefährlich. Viele dieser Angebote verkaufen das Gefühl von Expertise, ohne tatsächliche Verantwortung zu übernehmen. Wer diesen Strategien blind folgt, kann am Ende viel Geld verlieren – und steht dann allein im Regen.
Frage: Was empfehlen Sie Anlegern, die unsicher sind und ihr Geld seriös anlegen wollen?
Reime: Erstens: Suchen Sie sich professionelle und unabhängige Beratung – zum Beispiel bei einem Fachanwalt oder einem geprüften Honorarberater. Zweitens: Hinterfragen Sie jedes Angebot, das hohe Rendite bei geringem Risiko verspricht. Und drittens: Informieren Sie sich über Einlagensicherung, Anlageklassen und Ihre persönliche Risikotoleranz. Der Millionär hat einen Airbag. Sie vielleicht nur den Gurt.
Frage: Gibt es denn wenigstens etwas Positives an solchen Reports?
Reime: Naja, wenn sie Anleger motivieren, sich überhaupt mit Finanzthemen auseinanderzusetzen – prima. Aber dann sollte man auch die richtigen Quellen nutzen: Verbraucherschutzseiten, Stiftung Warentest, Bankenaufsicht. Und nicht den ehemaligen Chefanalysten, der Ihnen jetzt „kostenlos“ seine „Superstrategie“ mailt – verbunden mit einem Newsletter-Abo und versteckten Upselling-Angeboten.
Frage: Was ist Ihr Fazit zur Masche „Investieren wie Millionäre“?
Reime: Wer wie ein Millionär investieren will, sollte sich auch wie ein Millionär beraten lassen – und nicht wie ein Lottospieler verhalten. Finanzielle Bildung ist gut. Blauäugiger Download-Glaube eher nicht. Seien Sie skeptisch – und behalten Sie Ihr Geld lieber da, wo Sie es jederzeit wieder sehen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime.
Reime: Gern. Und denken Sie daran: Der beste Schutz gegen finanzielle Enttäuschungen ist kritisches Denken – und ein guter Anwalt im Zweifel.
Hinweis: Dieses Interview dient der Aufklärung über potenzielle Risiken bei Finanzangeboten im Internet. Es ersetzt keine individuelle Anlageberatung.
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