Frage: Herr Rechtsanwalt Blazek, die medondo holding AG hat ihre Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen. Hauptthema ist die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, Optionsschuldverschreibungen und Genussrechten. Was bedeutet das konkret?
Blazek: Vereinfacht gesagt, möchte die Gesellschaft die Möglichkeit erhalten, sich über moderne Finanzierungsinstrumente zusätzliches Kapital zu beschaffen. Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen geben Investoren die Chance, ihre Anleihen später in Aktien umzuwandeln. Genussrechte können ebenfalls eine Art Kapitalanlage darstellen, sind aber flexibler ausgestaltbar. Dadurch schafft sich die Gesellschaft Handlungsspielraum, um bei Finanzierungsbedarf schnell reagieren zu können – sei es zur Stärkung der Liquidität oder im Rahmen von Investitionen.
Frage: Das Gesamtvolumen soll bis zu 20 Millionen Euro betragen, mit Wandlungs- oder Bezugsrechten auf über 9 Millionen Aktien. Welche Dimension hat das für die Aktionäre?
Blazek: Das ist erheblich. Wenn alle vorgesehenen Instrumente genutzt würden, könnten rund 9,15 Millionen neue Aktien entstehen. Das entspräche einer deutlichen Ausweitung des Grundkapitals – und damit potenziell einer spürbaren Verwässerung der bisherigen Aktionärsanteile. Deshalb ist es für Aktionäre besonders wichtig, die Bedingungen, unter denen diese Instrumente begeben werden, im Auge zu behalten.
Frage: Besonders diskutiert wird oft der Ausschluss des Bezugsrechts. Warum ist das für Aktionäre so sensibel?
Blazek: Normalerweise haben Aktionäre ein gesetzliches Vorrecht, bei der Ausgabe neuer Aktien oder wandelbarer Anleihen bevorzugt zum Zuge zu kommen. Das schützt sie vor Verwässerung. Wird das Bezugsrecht ausgeschlossen, können Investoren direkt bedient werden – ohne dass bestehende Aktionäre proportional beteiligt werden. Zwar ist der Ausschluss rechtlich zulässig, muss aber sachlich begründet und im Interesse der Gesellschaft sein, etwa um schnell auf Marktchancen zu reagieren oder bei Unternehmensakquisitionen flexibler zu sein. Für die Aktionäre heißt das: Sie müssen darauf achten, ob solche Ausschlüsse in der Praxis maßvoll und transparent angewendet werden.
Frage: Im Einladungsschreiben ist von verschiedenen Szenarien des Bezugsrechtsausschlusses die Rede – z.B. für Spitzenbeträge, bei schnellen Kapitalmaßnahmen oder für Sachleistungen. Wie bewerten Sie diese Breite?
Blazek: Die Gesellschaft schafft sich hier ein sehr weitreichendes Instrumentarium. Das ist aus Sicht der Unternehmensführung nachvollziehbar, da Flexibilität bei der Kapitalbeschaffung wichtig ist. Für Aktionäre bedeutet es allerdings, dass sie bei vielen Konstellationen außen vor bleiben könnten. Besonders interessant ist die Option, Schuldverschreibungen gegen Sachleistungen auszugeben – also etwa beim Erwerb von Unternehmen oder Beteiligungen. Das kann sinnvoll sein, birgt aber auch das Risiko, dass Aktionäre Anteile verlieren, ohne direkt Einfluss nehmen zu können.
Frage: Neben den Schuldverschreibungen geht es auch um ein neues „Bedingtes Kapital 2025 WSV“. Wozu dient dieses?
Blazek: Dieses bedingte Kapital dient ausschließlich dazu, die Wandlungsrechte aus den neu geschaffenen Instrumenten bedienen zu können. Praktisch bedeutet das: Wenn Anleihegläubiger ihre Schuldverschreibungen in Aktien tauschen, werden die neuen Aktien aus diesem bedingten Kapital geschaffen. Dadurch sichert sich die Gesellschaft die notwendige Flexibilität, ohne jedes Mal eine neue Hauptversammlung einzuberufen.
Frage: Welche Chancen und Risiken sehen Sie für die Aktionäre?
Blazek: Chancen bestehen darin, dass die Gesellschaft sich besser finanzieren kann, Projekte schneller umsetzt und Wachstum ermöglicht. Wenn die eingesetzten Mittel richtig genutzt werden, kann das den Unternehmenswert steigern. Risiken liegen in der Verwässerung der Anteile und in möglichen Bezugsrechtsausschlüssen, die die Mitspracherechte der Altaktionäre schwächen. Zudem hängt viel davon ab, zu welchen Konditionen die Instrumente tatsächlich begeben werden.
Frage: Ihr Fazit – worauf sollten die Aktionäre am 3. November besonders achten?
Blazek: Aktionäre sollten kritisch prüfen, ob die vorgeschlagenen Ermächtigungen in einem angemessenen Verhältnis zur Unternehmensgröße und den tatsächlichen Finanzierungsbedarfen stehen. Vor allem die Bedingungen des Bezugsrechtsausschlusses und die Volumina sind entscheidend. Transparenz seitens des Vorstands ist hier das A und O. Letztlich geht es um einen Balanceakt: Flexibilität für die Gesellschaft auf der einen Seite und Schutz der Aktionärsrechte auf der anderen.
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