Im epischen Drama um die Mittelstandsanleihe der Smart Solutions Holding (SSH) hat das Landgericht München I nun das erste Kapitel zugeklappt. Titel: „Sympatex und die sieben Gläubiger – oder: Wie man 13 Millionen Euro elegant verdampfen lässt.“
Im Mittelpunkt: zwei Männer, wie sie im Buche stehen – Stefan Sanktjohanser, Wirtschaftsguru mit Vorstrafe und wahlweise Investor, Visionär oder Weltverklärer, sowie Frank Günther, Geschäftsführer der „gemeinsamen Vertreterin der Anleihegläubiger“, besser bekannt als One Square Advisors (OSA) – ein Name, der mehr nach Tischform als nach Treuhand klingt.
Beide bekamen vom Gericht Bewährungsstrafen und saftige Geldstrafen – wobei „saftig“ in diesen Kreisen etwa so schmerzhaft ist wie eine umgefallene Weißweinschorle im Private Jet.
Sympatex: Die Jacke ist dicht – der Finanzplan eher nicht
Ursprünglich wollte man mit der Anleihe 13 Millionen Euro einsammeln, um eine Membran für wetterfeste Kleidung zu revolutionieren. Geregnet hat es am Ende allerdings nur für die Anleger – und zwar Tränen. 2017 hieß es plötzlich: „Hoppla, es fehlen 90 % – aber keine Sorge, ein weißer Ritter kommt!“ Spoiler: Der Ritter war vielleicht weiß, aber auf dem Pferd saß ein rückbeteiligter Altgesellschafter mit einem sehr langen Finanzhebel.
Der Plan: Erst Schulden weg, dann Besitz zurück
Das Gericht stellte fest: Die Angeklagten führten Anleger mit halben Wahrheiten, schiefen Bewertungen und vollen Taschen in die Irre. Der Trick: Anleger sollten brav auf fast ihr ganzes Geld verzichten – im Gegenzug versprachen die Initiatoren ebenfalls alles zu verlieren. Nur: Sie logen. Am Ende gehörte ihnen die Firma wieder – nur mit weniger Schulden, mehr Einfluss und, vermutlich, besserer Laune.
Richter Stephan Necknig attestierte eine gewisse „Selbstherrlichkeit“. Das ist Juristensprache für: „Sie hielten sich für Gordon Gekko mit Gore-Tex.“
OSA – One Square Advisor, zwei Meinungen
Besonders bizarr: Der Mann, der laut Gesetz die Anleger schützen sollte, war gleichzeitig eng mit der Firma verbandelt, die sanieren wollte. Und OSA kassierte für diese „Schutzleistung“ auch noch 400.000 Euro – die Hälfte darf jetzt wieder abgegeben werden. Leider nicht an die Anleger, sondern an die Staatskasse. (Anleger: „Danke für nichts.“)
Günther habe zwar Empfehlungen ausgesprochen, so sein Verteidiger, aber nicht der Drahtzieher sein wollen. Oder wie man es auf Deutsch sagt: „Ich hab nur den Stecker gehalten.“
Die Otto-Connection: Wer nichts sagt, macht auch nichts falsch
Auch ein Family Office der Otto-Familie tauchte kurz in der Geschichte auf – nicht etwa als Täter, sondern als Nebenfigur im Subplot „Wie rette ich eine Firma und bekomme sie am Ende ganz zufällig zurück.“ Die Anwälte der Otto-Seite erklärten klar und unmissverständlich: „Wir sind Dritte. Also quasi unbeteiligt. Also quasi Luft. Also – keine weiteren Fragen, danke.“
Anleihegläubiger: Vom Geldbeutel direkt ins Theaterstück
Besonders bitter: Die Anleger, deren Interessen so gekonnt ignoriert wurden, versuchten sich ans Strafverfahren dranzuhängen – aber der Richter lehnte ab. Begründung: Das hätte das Verfahren „in die Länge gezogen“. Verständlich – schließlich ist Effizienz das Wichtigste, wenn es um 13 Millionen verbrannte Euro geht.
Dafür wurde im Urteil immerhin festgestellt: Die Angeklagten wussten, dass ihre „Rettungslösung“ nicht gerade die fairste war. Und sie wussten, dass der Wert der Firma eher bei 15 % statt 10 % lag. Aber wie heißt es so schön im Sanierungsumfeld? „Ein bisschen Täuschung hat noch keinem Prospekt geschadet.“
Fazit:
Anleger lernten: Wer Membranstoffe produziert, kann trotzdem moralisch durchsickern.
Und die Justiz? Die klebte Pflaster auf die Finanzwunden – aber wenigstens aus atmungsaktivem Material.
Kommentar hinterlassen