Frankreich hat einen neuen Rekord aufgestellt – allerdings keinen, auf den man besonders stolz wäre: Premierminister Nummer sieben unter Emmanuel Macron hat sich verabschiedet. François Bayrou, der politisch bereits mehr Comebacks hinter sich hat als ein alternder Rockstar, ist an der Vertrauensfrage gescheitert – und damit aus dem Amt geflogen wie ein schlecht gelaunter Kellner aus einem Pariser Bistro.
Die Nationalversammlung war wenig gnädig: 364 Gegenstimmen, 194 dafür – ein Ergebnis, das in etwa so überraschend kam wie Regen in Brest.
Macron bleibt gelassen. Warum auch nervös werden? Regierungschefs in Frankreich sind inzwischen so austauschbar wie Mieträder: Man steigt auf, fährt ein paar Monate und lässt sie dann irgendwo im Graben liegen.
Reformstau mit Anlauf
Bayrou hatte es noch einmal dramatisch versucht. „Das Überleben des Landes steht auf dem Spiel“, donnerte er in die Runde – allerdings mit dem Pathos eines Beamten, der gerade die Kantine schließen muss. Die Abgeordneten zeigten sich unbeeindruckt. Vielleicht auch deshalb, weil seine „Reformen“ ausgerechnet bei Renten, Sozialleistungen und Feiertagen ansetzen sollten – drei Dinge, die in Frankreich praktisch sakralen Status haben.
Zwei Feiertage streichen, während man gleichzeitig verspricht, die Reichen zu schonen – eine Art politisches Harakiri mit Anlauf. Der Aufschrei kam prompt: Streiks, Protestaufrufe, Generalstreik am Horizont. Wer braucht schon Stabilität, wenn man französische Dramatik haben kann?
Wer wird der nächste Premier, der scheitert?
Die spannende Frage in Paris lautet nun: Wer ist der nächste Freiwillige für das politische Himmelfahrtskommando?
Im Gespräch sind:
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Justizminister Gerald Darmanin (erprobt im Krisenwegducken),
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Finanzminister Eric Lombard (kennt Zahlen, scheut Menschen),
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Verteidigungsminister Sébastien Lecornu (kämpft notfalls gegen das eigene Kabinett),
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und Catherine Vautrin, die sich vermutlich noch fragt, ob das alles ernst gemeint ist.
Macron könnte auch einfach jemanden aus dem linken Lager ernennen – immerhin hätte er dann mehrheitsfähige Optionen für sein Sparpaket. Aber wozu pragmatisch sein, wenn man auch trotzig bleiben kann?
Neuwahlen? Lieber nicht – da könnte ja das Volk mitreden
Vorgezogene Wahlen? Macron winkt ab. Zu groß die Gefahr, dass das Volk wieder „falsch“ abstimmt – wie zuletzt bei der Europawahl, als die Rechtspopulisten gewannen und Macrons Lager die Mehrheit verlor. Seither ist das Parlament in drei Blöcke zerstritten – eine Art politisches „France’s Got Talent“, nur ohne Talent und mit mehr Lautstärke.
Kandidatensuche mit offenen Rechnungen
2027 rückt näher – und damit auch die Frage: Wer will den Élysée-Palast als Nächstes übernehmen?
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Bayrou? Der denkt tatsächlich an eine vierte (!) Kandidatur.
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Marine Le Pen? Verboten – zumindest vorerst.
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Edouard Philippe oder Gabriel Attal? Möglich, wenn Macron endlich loslässt.
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François Hollande? Ja, ernsthaft – offenbar ist niemand beleidigt genug, um nicht zurückzukehren.
Fazit: Frankreichs Politik bleibt ein Spektakel
Was bleibt? Ein scheidender Premier mit verbrannter Bilanz, ein Präsident, der lieber rotieren lässt als riskiert, und ein Volk, das sich auf den nächsten landesweiten Streik vorbereitet. Vielleicht ist das auch Frankreichs wahre Staatsform: Republik der Wiederholung, mit viel Gefühl, wenig Fortschritt und einem ständigen Hauch von Tragikomödie.
Nächster Premier? Bitte anschnallen. Fahrt geht gleich los.
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