Frankreich hat einen neuen Premierminister – und doch irgendwie nicht. Emmanuel Macron hat mit Sébastien Lecornu seinen Verteidigungsminister zum Regierungschef befördert. Damit ignoriert der Präsident einmal mehr die Forderungen nach einem echten Kurswechsel und präsentiert stattdessen einen parteipolitisch abgehalfterten Konservativen, der längst in Macrons Lager aufgegangen ist. Wer auf frischen Wind gehofft hatte, bekommt jetzt also die nächste Drehung im Pariser Personal-Karussell.
Macron musste handeln, weil François Bayrou, sein Premier Nummer vier in weniger als zwei Jahren, am eigenen Sparkurs gescheitert ist. Neun Monate hielt Bayrou durch, dann stolperte er über die von ihm selbst gestellte Vertrauensfrage. Frankreich bleibt zurück mit einem Defizit von fast dem Doppelten der EU-Grenze – und mit einem Präsidenten, der eisern an seinem „investorenfreundlichen“ Kurs festhält, auch wenn das Land längst kurz vor der sozialen Implosion steht.
Ein Premier nach Maß – für Macron, nicht fürs Land
Lecornu ist 39, begann bei Sarkozys Konservativen, lief dann zu Macron über und half bei dessen Wiederwahl. Politisches Chamäleon trifft es wohl besser. Für die Sozialisten ist seine Ernennung ein Schlag ins Gesicht: Statt einem Linksschwenk, der im Parlament Mehrheiten sichern könnte, gibt es nun einen Macron-Klon mit NATO-Krawatte.
Ironie der Geschichte: Um sein Budget 2026 durchzubringen, könnte Macron am Ende sogar auf stillschweigende Unterstützung ausgerechnet von Marine Le Pens rechtspopulistischem RN angewiesen sein. Lecornu pflegt Kontakte dorthin – offenbar kein Problem mehr, solange es der „Stabilität“ dient.
Frankreichs Straßen kochen
Währenddessen brodelt es im Land. Eine neue Bewegung, die sich „Bloquons tout“ nennt, ruft zum Generalprotest auf. Erinnerungen an die Gelbwesten sind unverkennbar. Macron stellt 80.000 Polizisten gegen seine eigene Bevölkerung auf, als würde er eine Invasion abwehren. Am Mittwoch drohen Blockaden von Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen. Die Gewerkschaften rüsten bereits für den 18. September nach – die nächste Protestwelle ist programmiert.
Dauerkrise mit Ansage
Macron hatte nach dem Europawahl-Debakel 2024 das Parlament aufgelöst, in der Hoffnung, das Chaos zu ordnen. Heraus kam: noch mehr Chaos, noch tiefere Spaltung, noch größere politische Lähmung. Nun also Lecornu – Macrons fünfter Premier in zwei Jahren. Eine Regierung auf Verschleiß, ein Präsident im Sinkflug und ein Land, das längst die Geduld verliert.
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