Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Eigentum an Bäumen in Costa Rica und Ecuador – Wunsch oder Wirklichkeit?
Frage: Herr Reime, immer wieder bieten Anbieter Investitionen in einzelne Bäume – insbesondere Teakholz – in Costa Rica und Ecuador an. Ist es aus juristischer Sicht tatsächlich möglich, Eigentum an einem einzelnen Baum zu erwerben?
Jens Reime: Aus rechtlicher Sicht muss man hier ganz klar differenzieren: In beiden Ländern – sowohl in Costa Rica als auch in Ecuador – gelten Bäume als Bestandteil des Grundstücks, auf dem sie wachsen. Sie sind sogenanntes „Zubehör“ oder integraler Bestandteil des Bodens. Daher kann man nicht rechtlich isoliert einen Baum kaufen, ohne dass auch der Boden – oder zumindest bestimmte Nutzungsrechte daran – mitübertragen werden.
Frage: Was bedeutet das konkret für Anleger, die beispielsweise ein Zertifikat oder eine Urkunde über „ihren“ Baum erhalten haben?
Jens Reime: Das ist genau der Knackpunkt. Solche Zertifikate sind rein privatrechtliche Vereinbarungen zwischen dem Anbieter und dem Investor – sie begründen kein Eigentum im zivilrechtlichen oder sachenrechtlichen Sinn nach dem Recht von Ecuador oder Costa Rica. Das heißt: Kein Grundbucheintrag, keine eigene Kontrolle, und im Zweifel auch kein gesicherter Zugriff, wenn es zu Problemen kommt. Es besteht hier also ein massiver Aufklärungsbedarf, was genau ein Anleger tatsächlich erwirbt – und was nicht.
Frage: Wie bewerten Sie das Verhalten von Anbietern, die mit „Baumeigentum“ werben?
Jens Reime: Ich halte es für problematisch, wenn durch Begriffe wie „Eigentum“, „Baumzertifikat“ oder „Baumbesitz“ der Eindruck entsteht, es handele sich um ein dinglich gesichertes Recht, wie es viele Anleger aus dem deutschen Recht gewohnt sind. In der Praxis handelt es sich häufig eher um schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen, bei denen der Anleger auf das Vertrauen in den Anbieter angewiesen ist. Besonders kritisch wird es dann, wenn das Unternehmen insolvent geht – wie z. B. bei der Life Forestry Switzerland AG. Dann ist die Frage: Worauf hat der Anleger überhaupt noch Zugriff?
Frage: Gibt es dennoch legale Modelle für Baum-Investitionen in diesen Ländern?
Jens Reime: Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen: Man kann beispielsweise ein Grundstück mit Aufforstung kaufen, dann gehört einem der Boden und somit auch die darauf stehenden Bäume. Oder man beteiligt sich an forstwirtschaftlichen Projekten mit klaren Nutzungsverträgen. Seriöse Anbieter regeln das über lokale Treuhandgesellschaften, Grundbucheinträge oder sauber dokumentierte Pachtverhältnisse. Alles andere – insbesondere die „Baumeigentums“-Modelle ohne Grundstücksbezug – sind juristisch angreifbar und mit erheblichen Risiken verbunden.
Frage: Was raten Sie betroffenen Anlegern – etwa bei Life Forestry?
Jens Reime: Zunächst sollten sie prüfen, was ihnen vertraglich zugesichert wurde – gibt es beispielsweise eine vertraglich garantierte Holzausbeute, Verkaufsrechte oder Rückkaufverpflichtungen? Dann ist entscheidend: Wo steht der Baum? Wer verwaltet die Fläche? Gibt es eine lokale Registrierung oder nur ein Zertifikat aus der Schweiz? In vielen Fällen rate ich, rechtlich gegen die Anbieter oder die involvierten Vermittler vorzugehen, insbesondere wenn Falschaussagen gemacht wurden oder unklare Eigentumsverhältnisse bestehen.
Frage: Wo sehen Sie den größten Aufklärungsbedarf für Anleger?
Jens Reime: Ganz klar in der Begrifflichkeit und Erwartungshaltung. Viele glauben, ein Baumzertifikat sei wie ein Aktienbrief oder ein Grundbucheintrag. Das ist es aber nicht. Zudem fehlt es häufig an Transparenz: Wo genau steht „mein“ Baum? Wer kümmert sich darum? Was passiert bei Insolvenz? Anleger sollten wissen: Ein Baum in Ecuador oder Costa Rica ist kein „Sparbuch mit Zinsen“, sondern eine unternehmerische Beteiligung mit hohem Risiko. Hier bedarf es viel mehr Klarheit – sowohl von den Anbietern als auch von Finanzvermittlern.
Fazit von RA Reime:
„Wenn man Anlegern suggeriert, sie seien Eigentümer eines Baums, muss man auch juristisch erklären, wie dieses Eigentum in dem jeweiligen Land abgesichert ist. Solange das nicht transparent gemacht wird, bleibt der Vorwurf der Irreführung im Raum.“
Kommentar hinterlassen