In Myanmar hat am Sonntag eine von der Militärregierung organisierte Wahl begonnen, die international als „Scheinwahl“ kritisiert wird. Während große Teile des Landes im Bürgerkrieg versinken, wurden zahlreiche Oppositionsparteien aufgelöst, viele ihrer führenden Köpfe inhaftiert oder ins Exil getrieben – darunter auch Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Experten sehen in der Wahl vor allem den Versuch des Militärs, seine Macht zu legitimieren und zu festigen.
Wahl unter Kriegsrecht: Keine echte politische Alternative
Seit dem Putsch im Februar 2021 regiert das Militär unter General Min Aung Hlaing das Land mit harter Hand. Die aktuellen Wahlen – aufgeteilt in drei Phasen – sollen sich über einen Monat erstrecken, wobei nur in 265 von 330 Verwaltungsbezirken überhaupt gewählt werden soll. In bis zu 50 % des Landes findet gar keine Abstimmung statt – zu gefährlich sei die Lage, heißt es offiziell.
Neben der massiven Repression gegen Oppositionelle wird die Durchführung der Wahl von schweren Kampfhandlungen begleitet. Noch am Sonntag kam es zu Explosionen in mehreren Landesteilen. In Mandalay wurden nach einem Raketenangriff drei Menschen verletzt, einer davon schwer. Im Grenzgebiet zu Thailand starb ein Kind bei einem weiteren Angriff, mehrere Menschen wurden verletzt.
Repression und Zensur begleiten die Abstimmung
Mehr als 200 Personen wurden im Vorfeld wegen „Störung der Wahl“ angeklagt – ein neues Gesetz erlaubt sogar die Verhängung der Todesstrafe. Prominente Künstler wie der Regisseur Mike Tee, Schauspieler Kyaw Win Htut und der Komiker Ohn Daing wurden zu sieben Jahren Haft verurteilt, nachdem sie einen Wahlpropagandafilm kritisiert hatten.
Laut dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, gebe es derzeit „keine Bedingungen für die Ausübung von Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder politischer Teilhabe“. Die Bevölkerung werde „von allen Seiten unter Druck gesetzt“ – auch bewaffnete Oppositionsgruppen rufen zum Boykott auf.
Wahl unter Beobachtung – und unter Bomben
Trotz der Gewalt gab es auch vereinzelte Stimmen, die die Wahl unterstützten. Eine Erstwählerin sagte der BBC, sie wolle mit ihrer Stimme „die Lebensbedingungen für die ärmeren Bevölkerungsschichten verbessern“. Andere Bürgerinnen und Bürger äußerten sich erleichtert darüber, ihre Stimme abgegeben zu haben – obwohl Angst und Unsicherheit den Urnengang begleiten.
General Min Aung Hlaing selbst gab seine Stimme in der Hauptstadt Naypyidaw ab und erklärte, die Wahlen würden „frei und fair“ verlaufen. Kritik am Verfahren wies er entschieden zurück und betonte, dass er als Oberbefehlshaber nicht einfach Präsident werden könne – obwohl seine Militärpartei, die Union Solidarity and Development Party (USDP), landesweit kandidiert.
Aung San Suu Kyi und ihre Partei vom politischen Prozess ausgeschlossen
Rund 40 Parteien, darunter die National League for Democracy (NLD) von Aung San Suu Kyi, wurden vollständig von der Wahl ausgeschlossen. Die NLD hatte sowohl 2015 als auch 2020 mit überwältigender Mehrheit gewonnen, wurde jedoch nach dem Putsch verboten. Suu Kyi selbst wurde zu einer langen Haftstrafe verurteilt – unter international stark kritisierten Vorwürfen.
Internationale Reaktionen: Ablehnung und Sorge
Die Europäische Union, Großbritannien sowie zahlreiche weitere westliche Staaten verurteilten die Wahl als „undemokratisch und nicht legitim“. Auch der südostasiatische Staatenbund ASEAN forderte politischen Dialog als Voraussetzung für echte Wahlen.
Trotz der militärischen Rückschläge der letzten Jahre konnte die Junta zuletzt wieder Gebiete durch Luftschläge zurückerobern – unterstützt durch Waffenlieferungen und politische Rückendeckung aus China und Russland.
Doch das Land leidet: Der Bürgerkrieg hat Tausende Tote, Millionen Vertriebene und eine zusammengebrochene Wirtschaft hinterlassen. Internationale Hilfen wurden zuletzt gekürzt, und ein schweres Erdbeben im März 2025 verschärfte die humanitäre Krise zusätzlich.
Fazit: Ein Land im Ausnahmezustand
Die aktuelle Wahl in Myanmar zeigt ein Land im Ausnahmezustand – zerrissen zwischen Militärgewalt, Bürgerkrieg und dem verzweifelten Wunsch nach Demokratie. Während das Regime versucht, mit kontrollierten Abstimmungen Legitimität zu erlangen, sehen viele Beobachter darin vor allem ein gefährliches Spiel mit der Fassade von Demokratie – ohne reale Machtbeteiligung der Bevölkerung.
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