Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 22.10.2025 (Az. 2 Ws 155–158/25; 2 Ws 238/25)
Die Geltendmachung von Verfahrensrechten durch die Verteidigung kann nicht als Grund herangezogen werden, um einer Strafkammer eine Verletzung des Beschleunigungsgebots vorzuwerfen. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem aktuellen Beschluss zur Fortdauer der Untersuchungshaft.
Hintergrund: Drogenhandel mit Kriegswaffe
Die Angeklagten befinden sich seit Anfang September 2024 in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, kurz vor ihrer Festnahme versucht zu haben, rund 30 Kilogramm Kokain im Wert von ca. 800.000 Euro an eine Vertrauensperson der Polizei zu verkaufen. Zur Absicherung des Handels hätten sie ein Sturmgewehr vom Typ AK-47 samt Munition mitgeführt.
Bei der Festnahme am Übergabeort wurden 25 Kilogramm Kokain, das Sturmgewehr und Munition sichergestellt. In einem nahegelegenen Hotelzimmer fanden Ermittler weitere 5 Kilogramm Kokain sowie eine Geldzählmaschine.
Verzögerung durch neue Beweisanträge der Verteidigung
Die Anklage wurde im März 2025 durch das Landgericht Frankfurt zugelassen, die Hauptverhandlung begann jedoch erst Ende Juli 2025 – bedingt durch die eingeschränkte Verfügbarkeit mehrerer Verteidiger. Nach sechs Verhandlungstagen im August 2025 legte einer der Verteidiger kurz vor Schluss erstmals Informationen zu einer bisher unbekannten Person in Nordmazedonien vor, die als möglicher Hintermann in Frage kommen könnte. Das Gericht ordnete daraufhin eine Zeugeneinvernahme per Rechtshilfeersuchen an. Neue Hauptverhandlungstermine wurden für Dezember 2025 festgelegt.
Haftbeschwerde erfolglos – OLG sieht keine Verletzung des Beschleunigungsgebots
Die Verteidigung beantragte daraufhin die Aufhebung der Haftbefehle wegen angeblicher Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes. Der 2. Strafsenat des OLG Frankfurt wies den Antrag zurück:
Die Angeklagten seien des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz dringend verdächtig. Zudem bestehe Fluchtgefahr.
Die Verlängerung der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus sei angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgaben zulässig. Die Verfahrensverzögerung sei im Wesentlichen auf die späte Vorlage neuer Beweismittel durch die Verteidigung zurückzuführen – eine strategische Entscheidung, deren zeitliche Konsequenzen dem Gericht nicht angelastet werden könnten.
„Die Verzögerung ist objektiv eine Folge der Verteidigungsstrategie und damit sachlich gerechtfertigt“, so der Senat.
Das Beschleunigungsgebot dürfe nicht zu einer Einschränkung der gerichtlichen Aufklärungspflicht führen. Die neu eingeführten Informationen seien potenziell entscheidungserheblich und müssten im Interesse der Wahrheitsfindung weiterverfolgt werden.
Fazit:
Die Untersuchungshaft wird fortgesetzt. Die Verteidigung kann sich bei verzögernden Verfahrenshandlungen nicht auf eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes berufen, wenn die Verzögerung auf eigene Anträge zurückzuführen ist.
Die vollständige Entscheidung wird in Kürze unter:
📎 www.rv.hessenrecht.hessen.de
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