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Jimmy Lai – Der Mann, der dachte, China sei ein Debattierclub

mayns82 (CC0), Pixabay
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Was passiert, wenn ein milliardenschwerer Unternehmer denkt, freie Meinungsäußerung sei in China genauso erwünscht wie in einem TED-Talk? Richtig – er landet im Hochsicherheitsgefängnis. Willkommen zur politisch tragischen Komödie rund um Jimmy Lai, 78, Medienmogul, Freiheitsromantiker und offenbar ein ganz schlechter Kartenleser im geopolitischen Pokerspiel.

Lai, einst Besitzer des pro-demokratischen Boulevardblatts Apple Daily, hatte einen Traum: Ein freies Hongkong, eine liberale Gesellschaft, und vielleicht ein bisschen Hayek für alle zum Frühstück. Was er bekam? Anklage wegen Landesverrats, lebenslange Haft droht, und statt Apple gibt’s jetzt eingelegten Ingwer in der Knastkantine.

Seine Freunde erinnern sich rührselig: Einst flogen die Dim Sums über den Tisch, jetzt fliegen Gebete über Gefängnismauern. In der Zelle hat Lai zum Katholizismus gefunden – sechs Stunden Beten pro Tag, vielleicht auch, weil Netflix im Knast nicht verfügbar ist. Ob der liebe Gott allerdings in chinesischen Nationalgerichten mitarbeitet, bleibt offen.

Aber was hatte er denn erwartet? Dass Xi Jinping mit ihm bei Pizza über Pressefreiheit plaudert? Lai hat sich öffentlich mit der KPCh angelegt, Interviews gegeben, Proteste angeführt, ja sogar den amerikanischen Präsidenten angebettelt, Hongkong zu „retten“. Ein Aufruf zur ausländischen Einmischung – was könnte schon schiefgehen in einem autoritär regierten Gebiet?

Sein Mut ist unbestritten – seine Naivität olympiareif.

Das Hochsicherheitsgericht in Hongkong hat keine Romane gelesen, sondern geurteilt: Lai sei von „obsessivem Hass auf die Kommunistische Partei“ getrieben gewesen. Schlimmer noch: Er habe geglaubt, man könne westliche Werte wie Meinungsfreiheit einfach so exportieren wie Schweizer Käse. Dass das chinesische Strafrecht dafür keinen Humor hat, war offenbar eine Überraschung.

Apple Daily, sein einstiges journalistisches Kriegsschiff, wurde mittlerweile versenkt – mit einem politischen Torpedo names „Nationale Sicherheitsgesetz“. Dass dieses Gesetz mit einer Axt auf eine Mücke zielt, sei dahingestellt – aber immerhin ist die Mücke jetzt leise. Die Zeitung, einst voller Skandale, Meinung und schrägen Kolumnen, ist Geschichte. Die Redakteure – entweder arbeitslos, im Exil oder beim Verhör.

Und Lai? Der sitzt brav in Einzelhaft, zeichnet Jesus-Bilder und wird von der Regierung als „Spaltpilz im Namen der Demokratie“ bezeichnet. Seine Familie vermisst ihn, seine Kritiker sagen: Selbst schuld.

Während die chinesische Regierung Hongkong zur „Ordnung und Prosperität“ zurückführt – durch sorgfältige Meinungshygiene und gesetzlich verordnete Patriotismusmassagen – bleibt Jimmy Lai ein Symbol. Nicht unbedingt für kluge Strategie, aber definitiv für furchtlose Prinzipientreue. Oder Starrsinn. Oder beides.

Sein Schicksal: Eine Fußnote in der Geschichte einer Stadt, die einst laut, bunt und widerspenstig war – und heute so linientreu wie ein Parteitag.

Denn wer glaubt, man könne dem Drachen ins Auge sehen und ihn dann mit Demokratie zähmen, der verwechselt China mit einem Disney-Film. Und Jimmy Lai war leider kein Prinz – sondern nur ein Mann mit einem Apfel. Und viel zu viel Hoffnung.

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