Nach Berichten über Explosionen in Katars Hauptstadt Doha hat die israelische Armee bestätigt, einen „präzisen Angriff“ auf führende Mitglieder der Hamas durchgeführt zu haben. Ziel waren laut israelischen Angaben hochrangige Köpfe des „Politbüros“, die seit Jahren in Katar im Exil leben. Sie sollen das Massaker vom 7. Oktober 2023, bei dem 1.200 Menschen in Israel ermordet und über 250 verschleppt wurden, mitgeplant haben.
Die israelische Armee erklärte, sie habe Maßnahmen ergriffen, um zivile Opfer zu vermeiden – unter anderem durch den Einsatz präziser Munition und zusätzliche Geheimdienstinformationen. Dennoch sind die politischen und diplomatischen Folgen dieses Angriffs kaum abzusehen.
Exil im Luxus, Krieg in Gaza
Seit Jahren leben Hamas-Funktionäre unbehelligt in Katar – in komfortablem Exil, während sie den Krieg im Gazastreifen aus der Ferne mitgestalten. Kritiker werfen ihnen vor, Milliarden an Geldern angehäuft zu haben, während die eigene Bevölkerung in Gaza unter Blockade, Armut und wiederkehrenden Militäreinsätzen leidet. Dass sich die Hamas-Führung ausgerechnet in einem Land niederlassen konnte, das sich international gerne als Vermittler inszeniert, ist ein Teil dieser Doppelmoral.
Katar zwischen Vermittler und Unterstützer
Katar spielte in den vergangenen Jahren eine zentrale Rolle bei Waffenstillstands- und Geiselverhandlungen zwischen Israel und Hamas. Gleichzeitig flossen über das Emirat jahrzehntelang Gelder an die Hamas – offiziell für humanitäre Projekte, in der Realität aber auch für die militärische Infrastruktur der Organisation. Hinzu kommt die Finanzierung des Senders Al Jazeera, dem Israel vorwirft, anti-israelische Propaganda zu verbreiten.
Angriff mit Sprengkraft
Die Attacke auf Hamas-Führer in Doha könnte Israel kurzfristig als militärischen Erfolg verbuchen, doch politisch ist sie heikel. Ein Angriff auf dem Boden eines Drittstaates – noch dazu in enger Partnerschaft mit den USA, die in Katar einen großen Militärstützpunkt unterhalten – birgt erhebliches Eskalationspotenzial. Dass Washington offenbar vorab informiert wurde, macht den Vorgang noch brisanter.
Israel hatte bereits 2024 in Teheran gezeigt, dass es bereit ist, Hamas-Führer auch außerhalb von Gaza und den palästinensischen Gebieten gezielt auszuschalten. Doch je weiter diese Angriffe in die internationale Arena verlagert werden, desto größer wird die Gefahr, dass Israel nicht nur gegen die Hamas, sondern gegen diplomatische Grundprinzipien des Völkerrechts ankämpft.
Kritische Frage bleibt
So nachvollziehbar das Ziel sein mag, die Hamas-Führung zu schwächen: Der Preis könnte hoch sein. Jeder Präzisionsschlag, der in einem souveränen Staat durchgeführt wird, untergräbt internationale Normen und wirft die Frage auf, ob der Kampf gegen Terrorismus allein das Mittel rechtfertigen darf. Israel riskiert damit nicht nur eine weitere Eskalation im Nahen Osten, sondern auch den Verlust von politischer Rückendeckung auf internationaler Ebene.
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