Frage: Herr Rechtsanwalt Reime, die fairafric AG lädt zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein. Warum kommt es überhaupt zu dieser Versammlung?
Rechtsanwalt Reime:
Die außerordentliche Hauptversammlung wurde nicht vom Vorstand selbst einberufen, sondern auf Verlangen einer Aktionärin, der Papaye GmbH, gemäß § 122 Absatz 1 AktG. Das ist rechtlich zulässig, wenn ein Aktionär eine entsprechende Beteiligungsschwelle erreicht. Inhaltlich deutet das darauf hin, dass es erheblichen Handlungsbedarf auf Aufsichtsratsebene gibt und ein Aktionär aktiv in die Unternehmensführung eingreifen möchte.
Frage: Gleich der erste Tagesordnungspunkt sieht die Abwahl eines Aufsichtsratsmitglieds vor. Wie ist das einzuordnen?
Rechtsanwalt Reime:
Die Abwahl eines Aufsichtsratsmitglieds mit sofortiger Wirkung ist ein klarer Einschnitt. Nach § 103 AktG kann die Hauptversammlung ein Aufsichtsratsmitglied jederzeit abberufen. Für Aktionäre ist das ein deutliches Signal, dass Vertrauen verloren gegangen ist oder strategische Differenzen bestehen. Solche Maßnahmen kommen selten ohne Hintergrund – oft geht es um Kontrolle, Einfluss oder unterschiedliche Vorstellungen über die Ausrichtung der Gesellschaft.
Frage: Im direkten Anschluss soll ein neues Aufsichtsratsmitglied gewählt werden. Warum ist das relevant?
Rechtsanwalt Reime:
Der Aufsichtsrat ist ein zentrales Kontrollorgan. Eine Neuwahl bedeutet, dass neue fachliche, strategische oder persönliche Impulse eingebracht werden sollen. Für Aktionäre ist entscheidend, ob der Kandidat unabhängig ist, welche Qualifikation er mitbringt und ob er eher als Vertreter bestimmter Aktionärsinteressen gesehen werden kann. Das beeinflusst die künftige Überwachung des Vorstands maßgeblich.
Frage: Zusätzlich soll die Satzung geändert und die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder erhöht werden. Was steckt dahinter?
Rechtsanwalt Reime:
Die Erhöhung des Aufsichtsrats von bisheriger Größe auf sechs Mitglieder ist ein strukturpolitischer Schritt. Damit lässt sich der Einfluss einzelner Gruppen neu verteilen. Mehr Sitze bedeuten nicht automatisch bessere Kontrolle – sie können aber genutzt werden, um Mehrheiten zu sichern oder neue Machtverhältnisse zu schaffen. Aktionäre sollten hier genau hinschauen, wem diese Änderung letztlich nutzt.
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Frage: Ein weiteres Aufsichtsratsmitglied soll dann „aufschiebend bedingt“ gewählt werden. Was bedeutet das?
Rechtsanwalt Reime:
„Aufschiebend bedingt“ heißt, dass die Wahl nur wirksam wird, wenn die Satzungsänderung im Handelsregister eingetragen ist. Das ist juristisch sauber gelöst und zeigt, dass die Tagesordnungspunkte inhaltlich miteinander verknüpft sind. Für Aktionäre bedeutet das: Entweder man akzeptiert das Gesamtpaket – oder lehnt es konsequent ab.
Frage: Schließlich geht es auch um eine neue Vergütungsregelung für den Aufsichtsrat. Wie bewerten Sie diese?
Rechtsanwalt Reime:
Die Vergütung ist insgesamt relativ niedrig, mit einer deutlichen Ausnahme für den Aufsichtsratsvorsitzenden. Das kann sachlich begründet sein, wirft aber Fragen nach der Angemessenheit und der Machtkonzentration auf. Vergütungsregelungen sind immer auch ein Steuerungsinstrument. Aktionäre sollten prüfen, ob Leistung, Verantwortung und Vergütung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
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Frage: Was ist Ihr Fazit für Aktionäre der fairafric AG?
Rechtsanwalt Reime:
Diese außerordentliche Hauptversammlung ist keine Formsache, sondern ein klarer Wendepunkt. Es geht um Personal, Kontrolle, Satzungsstruktur und Einflussverhältnisse. Aktionäre sollten sich intensiv vorbereiten, die Hintergründe hinterfragen und ihr Stimmrecht aktiv ausüben. Wer fernbleibt, überlässt anderen die Entscheidung über die zukünftige Governance der Gesellschaft.
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