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Interview mit Rechtsanwalt Reime zur außerordentlichen Hauptversammlung der Performance One AG am 19. Dezember 2025

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Frage: Herr Rechtsanwalt Reime, die Performance One AG lädt zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein. Zentraler Punkt ist die Ausgliederung des operativen Teilbetriebs „Digital Services“ in die neue PERFORMANCE ONE HEART GmbH. Was bedeutet das konkret?

Rechtsanwalt Reime:
Die Performance One AG möchte ihr operatives Geschäft, also den Bereich, in dem tatsächlich die digitalen Dienstleistungen erbracht werden, in eine Tochtergesellschaft ausgliedern. Das nennt man im Gesellschaftsrecht eine „Ausgliederung zur Aufnahme“ nach dem Umwandlungsgesetz.
Die Muttergesellschaft – hier die Performance One AG – bleibt bestehen, überträgt aber Vermögen, Verträge und Mitarbeiter auf die Tochtergesellschaft, die PERFORMANCE ONE HEART GmbH. Im Gegenzug erhält die AG neue Geschäftsanteile an dieser GmbH. Damit wird eine rechtlich selbstständige Einheit geschaffen, die künftig das operative Geschäft führt, während die AG stärker die Rolle einer Holding übernimmt.

Frage: Welche Auswirkungen hat das für die Aktionäre der Performance One AG?

Rechtsanwalt Reime:
Aktionäre bleiben weiterhin Anteilseigner der AG, sie erhalten also keine direkten Anteile an der neuen GmbH. Für sie bedeutet die Maßnahme in erster Linie eine strukturelle Umstellung: Die Performance One AG wird zur strategischen Beteiligungsholding.
Das operative Geschäft – der Bereich, in dem Umsätze generiert werden – wandert in die Tochtergesellschaft. Das kann langfristig die Transparenz erhöhen, weil operative und strategische Aufgaben getrennt werden. Es besteht aber auch das Risiko, dass der eigentliche Wertschöpfungsprozess aus der AG herausgelöst wird, was die Marktbewertung beeinflussen könnte.

Frage: Es wird zusätzlich über eine mögliche spätere Veräußerung der Beteiligung an der PERFORMANCE ONE HEART GmbH abgestimmt. Wie ist das zu bewerten?

Rechtsanwalt Reime:
Das ist ein zentraler Punkt. Der Vorstand möchte sich von der Hauptversammlung ermächtigen lassen, die Beteiligung an der GmbH ganz oder teilweise zu verkaufen. Damit würde die Performance One AG künftig flexibel reagieren können – etwa, wenn ein strategischer Investor einsteigt oder Kapital benötigt wird.
Für Aktionäre bedeutet das: Es könnte perspektivisch zu einem teilweisen oder vollständigen Verkauf des operativen Geschäfts kommen. Daher ist diese Ermächtigung sehr weitreichend. Positiv ist, dass der Beschluss nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats und auf Grundlage eines unabhängigen Bewertungsgutachtens umgesetzt werden darf. Dennoch sollten Anleger genau prüfen, ob sie einer solchen Option zustimmen möchten.

Frage: Auch die Umfirmierung in „POB AG“ steht auf der Agenda. Welches Signal sendet diese Namensänderung?

Rechtsanwalt Reime:
Die neue Bezeichnung „POB AG“ steht für „Performance One Beteiligung“. Damit wird die Neuausrichtung zur Holdinggesellschaft auch nach außen hin sichtbar gemacht. Es ist ein symbolischer, aber wichtiger Schritt, der den strategischen Wandel unterstreicht: weg vom operativen Dienstleister, hin zur Investment- und Beteiligungsgesellschaft mit Fokus auf Technologie- und Digitalunternehmen.

Frage: Der Unternehmensgegenstand soll ebenfalls angepasst werden. Was steckt dahinter?

Rechtsanwalt Reime:
Der neue Unternehmensgegenstand soll breiter gefasst werden. Neben digitalen Dienstleistungen sollen künftig auch Beteiligungen in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Softwareentwicklung und Digital Health gehalten werden können. Das schafft rechtliche und wirtschaftliche Flexibilität für künftige Investitionen.
Zudem wird der gesellschaftliche Zweck ergänzt – die AG will neben wirtschaftlichem Erfolg auch einen Beitrag zum Gemeinwohl und zur Umwelt leisten. Das ist ein moderner Ansatz, der ESG-Kriterien Rechnung trägt.

Frage: Mit den Tagesordnungspunkten 6 und 7 sollen neues genehmigtes Kapital und ein bedingtes Kapital geschaffen werden. Was bedeutet das in der Praxis?

Rechtsanwalt Reime:
Das genehmigte Kapital ermöglicht es dem Vorstand, bis zu 50 % des Grundkapitals ohne erneute Hauptversammlungsentscheidung durch Ausgabe neuer Aktien zu erhöhen. Das schafft Spielraum, etwa für Übernahmen oder Wachstumsfinanzierungen.
Das bedingte Kapital hingegen ist für mögliche Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen gedacht. Damit kann die Gesellschaft neue Finanzierungsinstrumente nutzen, ohne sofort neue Aktien auszugeben.
Beide Maßnahmen stärken die Handlungsfähigkeit des Vorstands, bergen aber auch Verwässerungsrisiken für Aktionäre, wenn ihr Bezugsrecht ausgeschlossen wird.

Frage: Es ist auch eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien vorgesehen. Welche strategische Bedeutung hat das?

Rechtsanwalt Reime:
Mit dieser Ermächtigung kann die Gesellschaft eigene Aktien zurückkaufen – maximal 10 % des Grundkapitals. Solche Aktienrückkaufprogramme können verschiedene Zwecke erfüllen: Kursstabilisierung, Kapitalherabsetzung, Vergütung von Führungskräften oder die Verwendung als Akquisitionswährung bei Unternehmensübernahmen.
Wichtig ist, dass auch hier ein Bezugsrechtsausschluss möglich ist – also eine Verwendung der Aktien, ohne dass Aktionäre ein Mitspracherecht bei der konkreten Transaktion haben. Das ist üblich, sollte aber im Sinne der Transparenz klar kommuniziert werden.

Frage: Wie lautet Ihr Fazit zur geplanten außerordentlichen Hauptversammlung?

Rechtsanwalt Reime:
Die Performance One AG steht vor einer tiefgreifenden Umstrukturierung. Die Ausgliederung des operativen Geschäfts ist der zentrale Schritt, um die AG in eine strategische Holding zu transformieren.
Für Anleger ist entscheidend, ob sie diesem Kurs folgen möchten: Die Gesellschaft könnte sich stärker auf Beteiligungsmanagement und weniger auf eigenes operatives Geschäft konzentrieren.
Wenn die Maßnahmen konsequent und transparent umgesetzt werden, kann das eine Chance für eine fokussierte, wachstumsorientierte Neuausrichtung sein. Anleger sollten jedoch die langfristigen Folgen – insbesondere bei einer möglichen Veräußerung der operativen Tochter – genau beobachten.

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