Startseite Allgemeines Interview mit Rechtsanwalt Reime zur außerordentlichen Hauptversammlung der AXENIO AG am 16. Dezember 2025
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Interview mit Rechtsanwalt Reime zur außerordentlichen Hauptversammlung der AXENIO AG am 16. Dezember 2025

WOKANDAPIX (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Rechtsanwalt Reime, die AXENIO AG lädt zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein, deren Kernpunkt eine massive Kapitalerhöhung um rund 59,75 Millionen Euro ist. Worum geht es hier genau?

Reime: Im Kern handelt es sich um eine sogenannte Sachkapitalerhöhung. Das bedeutet, dass das Grundkapital der Gesellschaft nicht durch eine Bareinlage, sondern durch die Einbringung von Vermögenswerten erhöht wird – hier konkret durch die Übertragung sämtlicher Anteile an der serbischen Gesellschaft Jugoremedija fabrika lekova doo Zrenjanin. Im Gegenzug erhält die einbringende Gesellschaft, die Euler Heritage Ltd. mit Sitz in Zypern, 59,75 Millionen neue Aktien der AXENIO AG.

Damit steigt das Grundkapital der AXENIO AG von bisher 250.000 Euro auf stolze 60 Millionen Euro. Das Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre wird dabei ausgeschlossen.

Frage: Warum wird das Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen, und ist das rechtlich überhaupt zulässig?

Reime: Ja, das ist nach dem Aktiengesetz grundsätzlich möglich. Der Gesetzgeber erlaubt den Ausschluss des Bezugsrechts, wenn die Kapitalerhöhung einem sachlich gerechtfertigten Zweck dient – etwa bei der Einbringung eines Unternehmens oder Unternehmensteils, wie hier geschehen.
Die AXENIO AG will offenbar durch die Einbringung der Jugoremedija Anteile ihr Geschäftsmodell erweitern oder umstrukturieren. Der Ausschluss des Bezugsrechts ist hier notwendig, weil nur der Sacheinleger, also die Euler Heritage Ltd., die neuen Aktien erhält.

Frage: In der Einladung ist auch von einem sogenannten Nachgründungsvertrag gemäß § 52 AktG die Rede. Was bedeutet das?

Reime: Eine Nachgründung liegt vor, wenn innerhalb von zwei Jahren nach der Gründung einer Aktiengesellschaft wesentliche Vermögensgegenstände von einem Gründer oder einem nahestehenden Aktionär gegen Aktien oder andere Leistungen erworben werden.
Hier wird das analog angewendet, weil die AXENIO AG offenbar als wirtschaftliche Neugründung betrachtet wird. Der Erwerb der Jugoremedija wird also wie eine Gründung behandelt, um Missbrauch zu vermeiden. Ein solcher Vertrag bedarf zwingend der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung ins Handelsregister.

Der Zweck ist Transparenz und Anlegerschutz: Es soll verhindert werden, dass Gründer überbewertete Vermögensgegenstände in die Gesellschaft einbringen.

Frage: Laut Unterlagen wurde auf ein externes Nachgründungsgutachten verzichtet, obwohl § 52 AktG eigentlich eine Prüfung vorsieht. Wie ist das möglich?

Reime: Es wurde nicht vollständig verzichtet – vielmehr stützt sich die AXENIO AG auf eine gutachterliche Bewertung der PricewaterhouseCoopers GmbH, die den objektiven Unternehmenswert von Jugoremedija festgestellt hat.
Da eine solche professionelle Bewertung nach IDW S1-Standard vorliegt, erlaubt das Gesetz, auf eine zusätzliche externe Prüfung zu verzichten. Trotzdem bleibt dies ein sensibler Punkt, weil Anleger darauf vertrauen müssen, dass der Einbringungswert realistisch angesetzt wurde.

Frage: Welche Bedeutung hat es, dass Jugoremedija eine serbische Gesellschaft ist? Gibt es hier rechtliche Besonderheiten?

Reime: Ja, durchaus. Die AXENIO AG übernimmt 100 % der Anteile an einer Gesellschaft, die serbischem Recht unterliegt. Das bedeutet, dass die Übertragung – also der sogenannte Anteilsübertragungsvertrag – nach serbischem Gesellschaftsrecht notariell beurkundet und bei der serbischen Registerbehörde eingetragen werden muss.
Diese grenzüberschreitende Komponente erfordert eine sorgfältige rechtliche Abstimmung zwischen deutschem und serbischem Recht. Die Verträge sind daher zweisprachig (deutsch und serbisch) ausgefertigt und sehen ausdrücklich vor, dass die serbische Fassung im Zweifel maßgeblich ist.

Frage: Mit der Einbringung der Jugoremedija Anteile wird das Grundkapital auf 60 Millionen Euro erhöht. Was bedeutet das für die bisherigen Aktionäre?

Reime: Für die bisherigen Aktionäre bedeutet das zunächst eine massive Verwässerung. Ihr prozentualer Anteil am Unternehmen sinkt drastisch, weil sie keine neuen Aktien zeichnen können – das Bezugsrecht ist ja ausgeschlossen.
Im Gegenzug soll die Gesellschaft aber erheblich an Substanz gewinnen, wenn die eingebrachten Vermögenswerte tatsächlich werthaltig sind. Entscheidend ist also, ob die Jugoremedija wirtschaftlich stark genug ist, um diese Kapitalerhöhung zu rechtfertigen.

Frage: Unter Tagesordnungspunkt 3 wird ein Genehmigtes Kapital 2025/I von 30 Millionen Euro vorgeschlagen. Warum ist das wichtig?

Reime: Das genehmigte Kapital ist ein Instrument, das dem Vorstand erlaubt, in den nächsten fünf Jahren Kapitalerhöhungen durchzuführen, ohne jedes Mal eine Hauptversammlung einberufen zu müssen.
Es schafft also Handlungsspielraum und Flexibilität, insbesondere bei Akquisitionen oder Finanzierungsmaßnahmen. Der Vorstand kann so schnell reagieren, etwa wenn sich Investitionsmöglichkeiten ergeben.
Auch hier ist ein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen, aber nur unter den gesetzlich engen Voraussetzungen.

Frage: Die Hauptversammlung soll auch über Wandelschuldverschreibungen und ein bedingtes Kapital entscheiden. Wie ist das einzuordnen?

Reime: Das ist eine gängige Ergänzung. Mit der Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen schafft die AXENIO AG die Möglichkeit, Fremdkapital aufzunehmen, das später in Aktien umgewandelt werden kann.
Das bedingte Kapital 2025/I dient dann als Reserve, um diese künftigen Wandlungsrechte zu bedienen. Damit bereitet sich das Unternehmen auf potenzielle Kapitalmaßnahmen oder Finanzierungen vor, die Eigenkapitalcharakter haben.

Frage: Und zuletzt: Es soll auch eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien geben. Wie ist das zu verstehen?

Reime: Diese Ermächtigung erlaubt es der Gesellschaft, eigene Aktien bis zu 10 % des Grundkapitals zurückzukaufen. Das kann aus mehreren Gründen sinnvoll sein – etwa zur Kursstabilisierung, als Akquisitionswährung oder zur Bedienung von Mitarbeiterbeteiligungen.
Auch hier kann das Bezugsrecht ausgeschlossen werden, insbesondere wenn die Aktien als Gegenleistung für Unternehmensbeteiligungen oder als Vergütung für Vorstände und Mitarbeiter eingesetzt werden sollen.

Frage: Herr Reime, wie bewerten Sie die geplanten Maßnahmen insgesamt aus rechtlicher Sicht?

Reime: Rein formal sind die geplanten Maßnahmen gesetzlich zulässig und folgen einem strukturierten Vorgehen.
Aber aus Sicht der Aktionärsgleichbehandlung und Transparenz ist die Transaktion anspruchsvoll: Der vollständige Ausschluss des Bezugsrechts, die grenzüberschreitende Einbringung sowie die enorme Kapitalerhöhung bergen Risiken.
Es ist daher entscheidend, dass die Bewertung der Jugoremedija objektiv korrekt ist und dass die AXENIO AG den Anlegern klare Informationen liefert, um Vertrauen zu schaffen.

Frage: Vielen Dank für die Einordnung, Herr Rechtsanwalt Reime.

Reime: Gern geschehen. Anleger sollten die Beschlussvorlagen und die PwC-Bewertung sorgfältig prüfen, bevor sie ihre Entscheidung für die Hauptversammlung treffen.

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