Startseite Allgemeines Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime, Bautzen, zur OAB Bonus-Wandelanleihe 2026 un 2028
Allgemeines

Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime, Bautzen, zur OAB Bonus-Wandelanleihe 2026 un 2028

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
Teilen

Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime, Bautzen, zur OAB Bonus-Wandelanleihe 2026

Frage: Herr Reime, die OAB Osnabrücker Anlagen- und Beteiligungs-AG hat eine neue Wandelanleihe begeben. Wie bewerten Sie diese aus rechtlicher Sicht?

Jens Reime: Zunächst einmal ist es wichtig, dass Anleger verstehen, dass es sich bei dieser Anleihe um ein nachrangiges Finanzierungsinstrument handelt. Die Anleihebedingungen legen klar fest, dass die Ansprüche der Anleger im Insolvenzfall hinter denen anderer Gläubiger zurücktreten (§§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO). Zudem gibt es eine sogenannte vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre. Das bedeutet: Bereits bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Emittentin können keine Zins- oder Rückzahlungen mehr eingefordert werden.

Frage: Das klingt risikobehaftet. Was bedeutet das konkret für einen potenziellen Anleger?

Jens Reime: Anleger müssen wissen, dass sie hier in eine Art Hybridprodukt investieren. Es ist zwar eine Anleihe, aber mit dem Risiko, dass sie bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Emittentin als Letzte bedient werden – oder im schlimmsten Fall gar nicht. Die vertragliche Konstruktion erlaubt der Emittentin zudem, Zahlungen auszusetzen, sobald eine vorinsolvenzliche Krise eintritt. Das ist ein erheblicher Unterschied zu klassischen Unternehmensanleihen.

Frage: Gibt es Aspekte, die diese Anleihe attraktiver machen sollen?

Jens Reime: Ja, der Emittent versucht durch einen vergleichsweise hohen Basiszins von 5,35 % p.a. sowie eine zusätzliche „Bonusverzinsung“ von 12 % oder 15 % (je nach Eintritt bestimmter Bedingungen) die Attraktivität zu erhöhen. Diese Bonusverzinsung gibt es jedoch nur bei einer Wandlung in Aktien – also wenn man vom Anleihegläubiger zum Aktionär wird. Ob dies für den Anleger am Ende vorteilhaft ist, hängt stark von der Entwicklung des Aktienkurses und dem Erfolg des Unternehmens ab.

Frage: Wie bewerten Sie die Wandlungsbedingungen?

Jens Reime: Die Wandlung kann nur in einem engen Zeitfenster 2026 erfolgen. Der Wandlungspreis ist mit 1,00 Euro pro Aktie fixiert, was auf den ersten Blick attraktiv erscheinen mag. Allerdings kann die Wandlung nur erfolgen, wenn zuvor ein Hauptversammlungsbeschluss über die entsprechende Ermächtigung vorliegt – die Wandlung ist also aufschiebend bedingt. Ohne diesen Beschluss ist die Anleihe nichts anderes als ein hochriskantes Nachrangdarlehen.

Frage: Welche weiteren rechtlichen Punkte sollten Anleger beachten?

Jens Reime: Wichtig ist auch der Umstand, dass der Emittentin ein großer Spielraum bei Änderungen der Bedingungen eingeräumt wird. Über Beschlüsse der Gläubigerversammlung können wesentliche Punkte wie etwa Laufzeit oder Wandlungspreis mit qualifizierter Mehrheit geändert werden – das kann den Schutz des einzelnen Anlegers schwächen. Außerdem sind Zahlungen an die Clearstream-Bank rechtsbefreiend für die Emittentin, was bedeutet, dass Anleger ihre Ansprüche dort durchsetzen müssen.

Frage: Angesichts der Informationen – wie lautet Ihre zusammenfassende Einschätzung für Anleger?

Jens Reime: Diese Wandelanleihe richtet sich an risikobereite Anleger, die an eine erfolgreiche Sanierung und langfristige Wertentwicklung der OAB AG glauben. Wer investiert, sollte sich bewusst sein, dass er bei einer Insolvenz im schlimmsten Fall leer ausgeht. Aufgrund der Nachrangigkeit, der Durchsetzungssperre und des Wandlungsmechanismus sehe ich diese Anleihe eher als spekulatives Beteiligungsinstrument denn als klassisches Gläubigerpapier. Anleger sollten das Prospekt sorgfältig prüfen und sich im Zweifel rechtlich beraten lassen.

OAB_Wandelanleihebedingungen


Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zur „OAB Bonusanleihe 2028“ – Chancen und Risiken für Anleger

Redaktion: Herr Reime, die OAB Osnabrücker Anlagen- und Beteiligungs-AG bietet derzeit die sogenannte „OAB Bonusanleihe 2028“ an. Wie bewerten Sie diese aus rechtlicher Sicht?

Jens Reime: Auf den ersten Blick erscheint das Angebot mit einer Basisverzinsung von 5,35 % p.a. und möglichen Bonuszinsen von bis zu 27 % attraktiv – aber es gibt deutliche Warnsignale. Die Bonuszinsen sind an sehr spezifische und ungewisse Ereignisse geknüpft, etwa die Freigabe von arrestierten Geldern oder eine Auszahlung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Diese Bedingungen machen das Produkt hochspekulativ.

Redaktion: Das klingt nach erheblicher Unsicherheit. Wie transparent wird über diese Risiken informiert?

Reime: Die Anleihebedingungen führen die Voraussetzungen für die Bonusverzinsung zwar aus, aber aus Anlegersicht fehlt der Hinweis, wie realistisch deren Eintritt ist. Die OAB AG betont im letzten Jahresabschluss selbst, dass der Vermögensarrest weiterhin besteht und ein Strafverfahren auf Anfangsverdacht basiert. Es ist keineswegs absehbar, wann oder ob diese Gelder freigegeben werden. Anleger sollten sich daher bewusst sein, dass die Bonusverzinsung reine Spekulation bleibt.

Redaktion: Welche Risiken sehen Sie darüber hinaus?

Reime: Es handelt sich um eine unbesicherte, nicht nachrangige Anleihe – das klingt zunächst fair, bedeutet aber auch: Sollte die Gesellschaft insolvent werden, gibt es keine Vermögenswerte, auf die vorrangig zugegriffen werden kann. Zudem zeigt der Jahresabschluss 2022 bereits einen Bilanzverlust von über 500.000 Euro, bei praktisch nicht vorhandenem operativen Geschäft. Die Finanzierung erfolgt bislang im Wesentlichen über Einlagen und Kapitalmaßnahmen – ein klarer Hinweis auf eine sehr dünne wirtschaftliche Substanz.

Redaktion: Wie ordnen Sie die Unternehmensstruktur rechtlich ein?

Reime: Es handelt sich um eine klassische Mantelgesellschaft, die 2020 reaktiviert wurde. Die Gesellschaft beruft sich auf eine traditionsreiche Geschichte, doch operativ hat die heutige OAB AG mit der ursprünglichen Bierbrauerei nichts mehr zu tun. Die bisherige Geschäftstätigkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf Kapitalmaßnahmen und Beteiligungen, deren Werthaltigkeit nicht detailliert dargelegt wird. Außerdem gab es Ermittlungen wegen Geldwäsche-Verdachts im Zusammenhang mit Kapitalzuflüssen – das sollte kein Anleger ignorieren.

Redaktion: Was raten Sie interessierten Investoren?

Reime: Wer hier investiert, muss wissen, dass es sich nicht um ein konservatives Anleiheprodukt handelt, sondern um ein hochriskantes Investment mit ungewissem Ertrag. Ich empfehle jedem potenziellen Anleger, sich sehr genau mit der Bilanzlage und der rechtlichen Gemengelage auseinanderzusetzen. Auch eine unabhängige rechtliche und wirtschaftliche Prüfung sollte unbedingt erfolgen. Wer auf Zinserträge angewiesen ist oder keine Verluste verkraften kann, sollte lieber die Finger davon lassen.


Redaktion: Gibt es juristische Besonderheiten, die Anleger beachten sollten?

Reime: Ja. Es gibt kein ordentliches Kündigungsrecht seitens der Anleger – nur eine außerordentliche Kündigung bei gravierenden Pflichtverletzungen. Zudem ist die Verjährungsfrist für Ansprüche stark verkürzt. Auch die Durchsetzung von Rechten ist formalistisch: Man braucht Depotnachweise, Sperrvermerke und muss ggf. über den gemeinsamen Vertreter agieren. Das kann für Privatanleger hohe Hürden darstellen.


Fazit von Rechtsanwalt Reime:

„Die OAB Bonusanleihe 2028 ist aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht ein hochriskantes Produkt. Die Anleihebedingungen enthalten viele Unwägbarkeiten, und die Emittentin ist bisher operativ nicht überzeugend aufgestellt. Anleger sollten sehr vorsichtig sein und im Zweifel auf solidere Alternativen setzen.“

OAB_Anleihe_2028_Anleihebedingungen

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

Helmut Marko packt aus – und zwar richtig: Von Espressi, Intrigen und britischer Höflichkeit

Wenige Tage nach seinem spektakulären Rücktritt bei Red Bull hat Formel-1-Legende Helmut...

Allgemeines

Epstein-Skandal: Ex-Obama-Anwältin Kathy Ruemmler gerät unter Druck – trotz Goldman-Sachs-Posten

Die Enthüllungen rund um Jeffrey Epstein reißen nicht ab – und mit...

Allgemeines

„Transparenz vor Investment“ – Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zur Sanierung von The Natural Gem GmbH

Redaktion: Frau Bontschev, laut Pressemitteilung ist die Sanierung der Wiener The Natural...

Allgemeines

Aktien oder Eigenheim: Was ist die bessere Investition?

Steigende Immobilienpreise lassen viele glauben, dass der Kauf eines Hauses genauso lukrativ...