Startseite Allgemeines Interview mit Rechtsanwalt Hans Witt (Heidelberg): „Was hier passiert, ist typisches Social-Trading-Fraud – und brandgefährlich“
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Interview mit Rechtsanwalt Hans Witt (Heidelberg): „Was hier passiert, ist typisches Social-Trading-Fraud – und brandgefährlich“

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Redaktion: Herr Witt, die BaFin warnt aktuell vor dubiosen Angeboten in WhatsApp-Gruppen und vor zwei Trading-Apps mit den Namen TG TradeX und TG TradePlus. Was genau steckt dahinter?

RA Hans Witt: Die BaFin hat ganz offensichtlich Anhaltspunkte dafür, dass hier unerlaubte Finanzdienstleistungen angeboten werden. Es geht um Gruppen mit Namen wie „Aktienmarkt Insights DE 777“ oder „Enable VIPX605“, die über WhatsApp oder Telegram organisiert sind. Dort werden vermeintlich seriöse Anlageempfehlungen gegeben – oft mit utopischen Gewinnversprechen. Gleichzeitig wird suggeriert, man könne über spezielle Plattformen wie die genannten Apps oder Webseiten wie „enblinvest(.)com“ direkt investieren. Das Ganze läuft nach einem mittlerweile typischen Muster ab.


Redaktion: Können Sie das Muster kurz beschreiben?

RA Witt: Natürlich. Zunächst werden über soziale Medien – häufig Instagram, TikTok oder Facebook – kostenlose Webinare oder Aktien-Tipps beworben. Dann wird man in Gruppen eingeladen, wo ein vermeintlicher Finanzexperte mit akademischem Titel – wie hier ein angeblicher „Prof. Joris Tann“ – sein Wissen teilt. Die Gruppen sind professionell inszeniert: tägliche Updates, motivierende Botschaften, angebliche Gewinnmitteilungen, Gewinnspiele.

Im nächsten Schritt wird dann der Zugang zu einer exklusiven Handelsplattform oder App angeboten – häufig mit dem Hinweis, dass die Plätze begrenzt sind. Nutzer sollen echtes Geld oder Kryptowährungen einzahlen. Es gibt angeblich sogar Testauszahlungen, um Vertrauen zu schaffen. Doch spätestens bei größeren Auszahlungsversuchen endet die Geschichte meist in einer Totalblockade.


Redaktion: Und diese Angebote sind in Deutschland illegal?

RA Witt: Ja – sofern keine Lizenz der BaFin vorliegt. Wer in Deutschland Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen erbringt, etwa Empfehlungen zum Aktienhandel gibt oder den Zugang zu Handelsplattformen vermittelt, benötigt eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (§ 32 oder § 37 KWG). Dass sich die Anbieter auf angebliche Lizenzen in den USA berufen oder vorgeben, bei der SEC registriert zu sein, ändert daran nichts.

Die BaFin weist ausdrücklich darauf hin, dass der Betreiber weder bei ihr noch bei der SEC gelistet ist. Das ist ein klares Warnsignal.


Redaktion: Gibt es für geschädigte Anleger rechtliche Möglichkeiten?

RA Witt: Ja, aber die Chancen sind leider begrenzt, weil die Hintermänner solcher Konstrukte oft im Ausland sitzen, die Konten auf Dritte laufen oder in Kryptowährungen abgewickelt wird. Dennoch lohnt es sich, Anzeige zu erstatten – bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der BaFin. In manchen Fällen kann auch ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch geprüft werden, etwa wenn Zahlungen nachweislich auf deutsche Konten gingen oder sich ein Vermittler identifizieren lässt.


Redaktion: Was raten Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern ganz konkret?

RA Witt: Wenn jemand in einer WhatsApp-Gruppe mit extremen Renditeversprechen, Titeln wie „Superplan 310 %“, zeitlich begrenztem Zugang oder angeblichen SEC-Registrierungen wirbt, dann sollten bei Ihnen alle Alarmglocken schrillen. Lassen Sie sich niemals zu Zahlungen oder App-Downloads überredet, ohne vorher gründlich zu prüfen – insbesondere, ob der Anbieter bei der BaFin gelistet ist.

Grundregel: Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch.


Redaktion: Herr Witt, vielen Dank für das Gespräch.

RA Hans Witt: Ich danke Ihnen.

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