Redaktion:
Herr Blazek, der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung VII ZR 129/24 klargestellt, dass eine bereits verwirkte Vertragsstrafe auch bei einem späteren Rücktritt vom Vertrag bestehen bleibt. Wie ist dieses Urteil einzuordnen?
Daniel Blazek:
Das Urteil bestätigt, dass die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung – hier die Verwirkung einer Vertragsstrafe wegen Verzugs – nicht durch einen Rücktritt nachträglich entfallen. Der BGH hält daran fest, dass ein Rücktritt die bis dahin entstandenen Ansprüche grundsätzlich unberührt lässt, sofern der Vertrag keine abweichende Regelung enthält.
Redaktion:
Welche praktischen Auswirkungen hat dieses Urteil für die Vertragsgestaltung?
Daniel Blazek:
Die Entscheidung zeigt, dass klare vertragliche Regelungen erforderlich sind, wenn Vertragsparteien abweichende Rechtsfolgen bei Rücktritt vereinbaren möchten. Wer sicherstellen will, dass eine Vertragsstrafe im Rücktrittsfall entfällt, muss dies ausdrücklich im Vertrag vorsehen. Andernfalls bleibt eine bereits verwirkte Vertragsstrafe auch bei Rückabwicklung des Vertrags bestehen.
Redaktion:
Wie ist die Argumentation des BGH in Bezug auf die Trennung zwischen Rücktritt und bereits verwirkten Ansprüchen rechtlich zu bewerten?
Daniel Blazek:
Der BGH argumentiert im Einklang mit der Systematik des Rücktrittsrechts gemäß § 346 BGB. Die Rückabwicklung betrifft das Austauschverhältnis. Ansprüche aus Pflichtverletzungen, etwa auf Schadensersatz oder Vertragsstrafe, bleiben davon unberührt. Das entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung und sorgt für Klarheit und Vorhersehbarkeit.
Redaktion:
Sehen Sie Risiken für Unternehmer durch dieses Urteil?
Daniel Blazek:
Das Risiko liegt vor allem in unklaren vertraglichen Regelungen. Wenn Fristen vereinbart und Vertragsstrafen vorgesehen sind, muss mit der Durchsetzung gerechnet werden – unabhängig vom späteren Schicksal des Vertrags. Unternehmen sollten die Vertragsstrafenregelungen genau prüfen und sich über die möglichen Folgen im Klaren sein.
Redaktion:
Gibt es aus Ihrer Sicht weiteren Regelungsbedarf?
Daniel Blazek:
Nicht zwingend gesetzlich, aber in der Vertragspraxis besteht Bedarf an mehr Sensibilität für diese Fragen. Es ist ratsam, bereits bei Vertragsschluss zu definieren, ob und wie Vertragsstrafen bei Rücktritt weiter gelten sollen. Das schafft Rechtssicherheit für beide Seiten.
Redaktion:
Vielen Dank für das Gespräch.
Daniel Blazek:
Gern geschehen.
Dieses Interview bezieht sich auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2025, Az. VII ZR 129/24.
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