Interviewer: Herr Blazek, die BaFin warnt vor steigenden Risiken durch ausfallende Unternehmenskredite. Was genau ist das Problem?
Daniel Blazek: Die deutsche Wirtschaft hatte es 2024 schwer: Die Konjunktur ist erneut leicht geschrumpft, viele Unternehmen kämpfen mit hohen Kosten und schwacher Nachfrage. Besonders betroffen sind Branchen wie die Chemieindustrie, der Maschinenbau und die Autoindustrie. Viele Firmen haben Schulden bei Banken – wenn sie ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können, geraten auch die Banken unter Druck.
Interviewer: Welche Folgen hat das für Banken?
Daniel Blazek: Banken vergeben Kredite an Unternehmen und erwarten, dass diese regelmäßig zurückgezahlt werden. Wenn ein Unternehmen aber finanziell in Schwierigkeiten gerät, kann es passieren, dass es seinen Kredit nicht mehr bedienen kann – das nennt man einen notleidenden Kredit (Non-Performing Loan, NPL).
Die BaFin meldet, dass solche notleidenden Kredite zuletzt zugenommen haben. Das ist ein Problem, weil Banken dadurch Verluste machen. Besonders Banken mit wenig finanziellen Reserven könnten in Schwierigkeiten geraten.
Interviewer: Wie stark sind die Kreditausfälle gestiegen?
Daniel Blazek: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist im Jahr 2024 um fast 14 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass viele Firmen zahlungsunfähig wurden – und ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen konnten.
Die sogenannte NPL-Quote, also der Anteil der notleidenden Kredite an allen Unternehmenskrediten, ist von 1,38 Prozent auf 1,76 Prozent gestiegen. Das klingt zunächst nicht dramatisch, aber der Trend zeigt, dass immer mehr Firmen in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
Interviewer: Wie reagieren die Banken darauf?
Daniel Blazek: Banken haben zwei Möglichkeiten, auf steigende Kreditrisiken zu reagieren:
- Mehr Rücklagen bilden – Das bedeutet, sie stellen vorsorglich Geld zurück, um mögliche Verluste auszugleichen.
- Strengere Kreditvergabe – Banken schauen genauer hin, bevor sie neuen Firmen Kredite geben.
Interessanterweise haben die Banken 2024 ihre Vergabekriterien für Unternehmenskredite vorübergehend gelockert, um die Wirtschaft zu stützen. Doch für 2025 erwarten sie, wieder vorsichtiger zu sein.
Interviewer: Sind nur Banken betroffen, oder gibt es noch andere Akteure?
Daniel Blazek: Auch Versicherungen und Pensionskassen sind betroffen. Diese investieren oft in Unternehmen oder geben ihnen Kredite. Wenn eine Firma pleitegeht, können auch Versicherer Geld verlieren. Besonders riskant sind sogenannte Private-Debt-Fonds – das sind Fonds, die Kredite an Unternehmen vergeben, die von Banken kein Geld bekommen. Die BaFin prüft jetzt genauer, ob Versicherungen in solche riskanten Anlagen investieren.
Interviewer: Was tut die BaFin, um die Risiken zu begrenzen?
Daniel Blazek: Die BaFin hat verschiedene Maßnahmen ergriffen:
- Kapitalpuffer für Banken: Banken müssen seit 2023 mehr Eigenkapital vorhalten, um Krisen besser abzufedern.
- Sonderprüfungen: Die BaFin schaut sich gezielt Banken an, die besonders viele Kredite an gefährdete Unternehmen vergeben haben.
- Überwachung des Private-Debt-Markts: Es wird geprüft, ob Versicherer und Investoren zu hohe Risiken eingehen.
Interviewer: Was bedeutet das für Unternehmen und Verbraucher?
Daniel Blazek: Für Unternehmen wird es schwieriger, Kredite zu bekommen, besonders wenn sie in einer risikoreichen Branche tätig sind. Banken werden vorsichtiger sein, weil sie weniger Verluste riskieren wollen.
Für Verbraucher könnte sich die Lage indirekt auswirken – wenn Unternehmen wegen finanzieller Probleme sparen müssen oder Arbeitsplätze abbauen, könnte die Kaufkraft sinken.
Interviewer: Welche Tipps haben Sie für Unternehmen, die sich jetzt um Kredite bemühen?
Daniel Blazek: Unternehmen sollten sich frühzeitig mit ihrer Bank über mögliche Finanzierungsrisiken austauschen. Wichtig ist, eine solide Finanzplanung zu haben und die eigene Kreditwürdigkeit zu stärken – zum Beispiel durch klare Geschäftsmodelle und transparente Finanzzahlen.
Außerdem kann es sinnvoll sein, sich nach alternativen Finanzierungsquellen umzusehen, etwa durch Investoren oder Förderkredite.
Interviewer: Herr Blazek, vielen Dank für das Gespräch!
Daniel Blazek: Sehr gerne!
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