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Interview mit Rechtsanwalt Blazek zur außerordentlichen Hauptversammlung der GRILLO-Werke AG am 11. Dezember 2025

geralt (CC0), Pixabay
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Interviewer:
Herr Rechtsanwalt Blazek, die GRILLO-Werke AG hat ihre Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 11. Dezember 2025 eingeladen. Hauptthema ist die Zustimmung zu einer doppelnützigen Refinanzierungs- und Verkaufstreuhand. Was bedeutet das genau?

Rechtsanwalt Blazek:
Die GRILLO-Werke AG steht nach Jahren der Restrukturierung und dem schweren Brand im Jahr 2024 vor einer finanziell schwierigen Situation. Eine doppelnützige Refinanzierungs- und Verkaufstreuhand ist ein juristisches Instrument, das die Unternehmensgruppe sanieren soll, ohne in ein Insolvenzverfahren zu geraten.
Konkret werden dabei wichtige Beteiligungen und konzerninterne Forderungen treuhänderisch an eine neutrale Gesellschaft übertragen. Diese Treuhänderin kann die Werte im Bedarfsfall veräußern oder refinanzieren, um die Schulden der Gesellschaft zu begleichen. Das Konstrukt dient also gleichzeitig dem Schutz der Gläubiger und dem Fortbestand des Unternehmens.

Interviewer:
Warum wird diese Form der Treuhand als „doppelnützig“ bezeichnet?

Rechtsanwalt Blazek:
Der Begriff „doppelnützig“ bezieht sich darauf, dass die Treuhand zwei Seiten nutzt: Sie schützt die Gläubiger, indem deren Forderungen besichert werden, und sie hilft der Gesellschaft, indem sie ihr Zeit und Struktur für eine geordnete Sanierung gibt.
Es geht also um ein Gleichgewicht zwischen Fremd- und Eigeninteressen – eine kontrollierte Sanierung statt einer Zerschlagung.

Interviewer:
Die Vereinbarung soll „aufschiebend bedingt“ sein. Wann tritt diese Bedingung in Kraft?

Rechtsanwalt Blazek:
Die Treuhand wird erst dann wirksam, wenn bestimmte Sanierungsziele nicht erreicht werden.
Das heißt konkret: Wenn bis 31. März 2026 keine Kapitalerhöhung oder kein verbindlicher Verkauf von Tochtergesellschaften über 80 Millionen Euro zustande kommt, oder wenn bis 30. Juni 2026 keine entsprechende Entschuldung erfolgt, tritt die Bedingung ein.
Zudem wird die Treuhand aktiviert, falls der Sanierungsgutachter die Fortführungsfähigkeit der GRILLO-Gruppe nicht mehr bestätigen kann. Erst in diesem Fall erhält der Treuhänder die Kontrolle über die übertragenen Vermögenswerte.

Interviewer:
Der vorgesehene Treuhänder ist die GB G-Progress Beteiligungsholding GmbH, eine Zweckgesellschaft mit einem Partner der Kanzlei GRUB BRUGGER als Geschäftsführer. Wie ist das zu bewerten?

Rechtsanwalt Blazek:
Das ist in der Praxis nicht ungewöhnlich. Solche Zweckgesellschaften werden oft von spezialisierten Sanierungskanzleien geführt, um fachliche Kompetenz und rechtliche Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Wichtig ist allerdings, dass die Vergütungsstruktur, die Entscheidungsbefugnisse und die Berichtspflichten des Treuhänders transparent sind. Nur so können Aktionäre und Gläubiger sicherstellen, dass im Sinne aller Beteiligten gehandelt wird.

Interviewer:
Wie hoch ist die Vergütung des Treuhänders?

Rechtsanwalt Blazek:
Der Treuhänder erhält ein monatliches Grundhonorar von 7.000 Euro vor Eintritt der Bedingung und 10.000 Euro danach.
Zusätzlich ist eine Erfolgsvergütung zwischen 0,15 und 0,3 Prozent des Transaktionsvolumens vorgesehen – also abhängig von den erzielten Verkaufserlösen oder übernommenen Verbindlichkeiten.
Diese Regelung ist branchenüblich, sollte aber von den Aktionären kritisch betrachtet werden, da bei größeren Transaktionen erhebliche Summen anfallen können.

Interviewer:
Welche Folgen hat die geplante Treuhand für die Aktionäre?

Rechtsanwalt Blazek:
Solange die Sanierung gelingt, bleibt die Treuhand inaktiv. Sollte sie jedoch ausgelöst werden, erhält der Treuhänder weitreichende Befugnisse – einschließlich des Rechts, Tochtergesellschaften zu verkaufen oder Investoren hereinzuholen.
Die Erlöse dienen zunächst der Rückzahlung der Gläubiger. Erst wenn diese vollständig bedient sind, kann ein möglicher Überschuss an die Gesellschaft zurückfließen.
Für Aktionäre bedeutet das: Sie tragen das Risiko, dass Unternehmenswerte verkauft werden, bevor sie selbst profitieren. Die Abstimmung über den Treuhandvertrag ist also eine Richtungsentscheidung über das Vertrauen in die Sanierungsstrategie.

Interviewer:
Die Hauptversammlung wird virtuell durchgeführt. Welche Rechte haben die Aktionäre in diesem Format?

Rechtsanwalt Blazek:
Die Aktionäre können sich elektronisch zuschalten, Fragen stellen, Redebeiträge halten, Anträge einbringen und auch Widerspruch gegen Beschlüsse einlegen – alles digital über den gesicherten Online-Service der Gesellschaft.
Das Format ist nach dem Aktiengesetz zulässig, verlangt aber technische Vorbereitung. Ich empfehle den Aktionären, sich rechtzeitig anzumelden, eventuelle Fristen im Blick zu behalten und sicherzustellen, dass sie über die notwendigen Zugangsdaten verfügen.

Interviewer:
Wie bewerten Sie abschließend die Lage der GRILLO-Werke AG und die geplante Maßnahme?

Rechtsanwalt Blazek:
Die doppelnützige Treuhand ist eine letzte Sanierungschance, um den Konzern in geordneten Bahnen zu stabilisieren.
Wenn die Sanierung gelingt, kann sie Vertrauen bei Gläubigern und Investoren schaffen. Sollte sie scheitern, sorgt das Treuhandmodell zumindest für eine geordnete Abwicklung statt einer unkontrollierten Insolvenz.
Für Aktionäre ist das ein entscheidender Moment – sie sollten sich gründlich informieren, die Unterlagen prüfen und die Tragweite ihrer Entscheidung verstehen.

Interviewer:
Vielen Dank, Herr Rechtsanwalt Blazek, für die ausführliche Einschätzung und Ihre verständlichen Erläuterungen.

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