Interviewer: Herr Rechtsanwalt Blazek, die Voltatron AG hat ihre Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen, um über Änderungen an bestehenden Ergebnisabführungsverträgen und den Abschluss eines neuen Vertrags mit der GMS Electronic Vertriebs GmbH zu entscheiden. Für viele Anleger klingt das zunächst nach juristischer Routine. Welche Bedeutung hat dieser Schritt tatsächlich?
Rechtsanwalt Blazek:
Das ist ein sehr guter Punkt. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine Formalie zu handeln – eine kleine Anpassung der Vertragsklauseln an die aktuelle Gesetzeslage. Tatsächlich steckt jedoch viel mehr dahinter: Ergebnisabführungsverträge sind zentraler Bestandteil der steuerlichen und organisatorischen Struktur eines Konzerns. Sie ermöglichen eine steuerliche Organschaft, bei der Gewinne und Verluste zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft verrechnet werden. Damit bündelt die Muttergesellschaft – hier die Voltatron AG – die wirtschaftlichen Ergebnisse ihrer Töchter, in diesem Fall der EKM Elektronik GmbH und künftig auch der GMS Electronic Vertriebs GmbH.
Interviewer: Warum muss der Vertrag mit der EKM Elektronik GmbH überhaupt geändert werden, wenn er doch erst im Juli 2025 beschlossen wurde?
Rechtsanwalt Blazek:
Die Änderungen sind tatsächlich präziser Natur, aber von rechtlicher Relevanz. Im bestehenden Vertrag wurden die Paragrafen § 301 und § 302 AktG (Aktiengesetz) zwar korrekt zitiert, jedoch ohne den Zusatz „in seiner jeweils gültigen Fassung“. Dieser Zusatz ist steuerlich und juristisch wichtig, weil sichergestellt wird, dass der Vertrag automatisch an künftige Gesetzesänderungen angepasst bleibt. Ohne diese Formulierung könnte die steuerliche Anerkennung der Organschaft gefährdet sein – und das hätte finanzielle Folgen für die gesamte Unternehmensgruppe.
Interviewer: Das klingt sehr technisch. Aber was bedeutet das konkret für die Aktionäre der Voltatron AG?
Rechtsanwalt Blazek:
Für die Aktionäre bedeutet das zunächst einmal Rechtssicherheit. Die Voltatron AG stellt sicher, dass ihre steuerliche Struktur stabil bleibt und sie von den Vorteilen einer Organschaft weiterhin profitieren kann – insbesondere beim Verlustausgleich. Außerdem signalisiert ein solcher Schritt, dass die Gesellschaft ihre internen Prozesse professionalisiert und langfristig auf Konzernebene denkt.
Für Investoren ist das ein gutes Zeichen, weil es zeigt: Das Unternehmen arbeitet sauber, rechtlich fundiert und vorausschauend.
Interviewer: Zusätzlich soll ein neuer Ergebnisabführungsvertrag mit der GMS Electronic Vertriebs GmbH geschlossen werden. Wie ordnen Sie das ein?
Rechtsanwalt Blazek:
Das ist strategisch bemerkenswert. Durch den neuen Vertrag integriert die Voltatron AG eine weitere Tochtergesellschaft voll in ihre Konzernstruktur. Damit kann die Muttergesellschaft künftig auch Gewinne aus der GMS Electronic Vertriebs GmbH zentral steuern und steuerlich konsolidieren. Ebenso verpflichtet sie sich aber, Verluste auszugleichen – also für etwaige Fehlbeträge einzustehen.
Das ist einerseits ein Zeichen von Vertrauen und Kontrolle, andererseits aber auch eine Haftungserweiterung. Anleger sollten verstehen: Solche Verträge schaffen nicht nur steuerliche Vorteile, sie binden auch Verantwortung und Risiko enger zusammen.
Interviewer: Welche Chancen und Risiken sehen Sie für Anleger in diesen neuen und angepassten Verträgen?
Rechtsanwalt Blazek:
Die Chancen liegen klar auf der Hand: Durch die steuerliche Einheit kann die Voltatron AG ihre Ergebnisse optimieren, Verluste schneller ausgleichen und Mittel effizienter einsetzen. Das ist vor allem in Wachstumsphasen ein klarer Vorteil.
Risiken bestehen, wenn eine Tochtergesellschaft dauerhaft Verluste schreibt – dann muss die Muttergesellschaft diese übernehmen. Allerdings handelt es sich bei EKM Elektronik und GMS Electronic um etablierte Elektronikunternehmen, sodass dieses Risiko derzeit überschaubar ist.
Interviewer: Sie sprechen von Konzernintegration und Strukturklarheit. Ist dieser Schritt auch als Signal an den Kapitalmarkt zu verstehen?
Rechtsanwalt Blazek:
Absolut. Eine solche Maßnahme ist immer auch ein Signal an Investoren und Behörden, dass die Voltatron AG ihre Unternehmensstruktur konsolidiert und professionell führt. Nach der Kapitalerhöhung und der Umfirmierung von Voltabox zu Voltatron ist das ein nächster logischer Schritt. Es zeigt, dass das Unternehmen organisatorisch wächst und steuerlich optimal aufgestellt sein will – gerade in einer Zeit, in der sich viele mittelständische Aktiengesellschaften neu strukturieren.
Interviewer: Was sollten Aktionäre bis zur Hauptversammlung am 11. Dezember besonders beachten?
Rechtsanwalt Blazek:
Aktionäre sollten die zur Verfügung gestellten Unterlagen – insbesondere den gemeinsamen Bericht nach § 293a AktG – genau lesen. Dieser erläutert die wirtschaftlichen Hintergründe und Auswirkungen der Verträge sehr transparent. Außerdem sollten sie darauf achten, ihre Anmeldung rechtzeitig vorzunehmen, da die Frist – ungewöhnlich – nur bis zum 9. Dezember 2025 läuft. Wer Fragen zu den Verträgen oder zur steuerlichen Wirkung hat, sollte diese im Vorfeld über die vorgesehenen Kanäle einreichen.
Interviewer: Ihr Fazit, Herr Blazek?
Rechtsanwalt Blazek:
Die Voltatron AG macht mit diesen Verträgen einen wichtigen Schritt hin zu einem klar strukturierten, steuerlich optimierten Konzern. Für die Aktionäre ist das ein positives Signal – es bedeutet Stabilität, Transparenz und strategische Weitsicht. Wichtig bleibt aber, dass das Management die Integration der Tochtergesellschaften operativ erfolgreich gestaltet. Denn am Ende gilt: Ein juristisch sauberer Rahmen ist nur so stark wie die wirtschaftliche Performance, die ihn ausfüllt.
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