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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Dresden

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Thema: „Sichere Geldanlagen – Wunsch oder Wirklichkeit?“

Redaktion: Frau Bontschev, Jahr für Jahr verlieren viele Menschen Geld durch undurchsichtige oder riskante Anlageprodukte. Gibt es aus Ihrer Sicht wirklich „sichere“ Geldanlagen?

Kerstin Bontschev: Absolut sichere Geldanlagen im Sinne von „risikofrei“ gibt es nicht. Jeder Euro, den man investiert, ist mit gewissen Risiken verbunden. Die Frage ist daher immer: Vor welchem Risiko möchte ich mich schützen? Totalverlust, Kursschwankungen, Inflation? Jede dieser Risikokategorien erfordert eine andere Strategie.

Redaktion: Welche Anlageklassen gelten denn als vergleichsweise sicher?

Kerstin Bontschev: Im klassischen Sinne gelten sogenannte Geldwerte als sicher. Dazu gehören beispielsweise Tagesgeldkonten, Sparbücher, Festgelder oder Sparbriefe. Diese Produkte sind in der Regel durch die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro pro Person und Bank abgesichert. Auch kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen und Bundeswertpapiere haben einen gewissen Sicherheitscharakter.

Redaktion: Sie haben die Einlagensicherung angesprochen. Wie sicher ist sie wirklich?

Kerstin Bontschev: Die gesetzliche Einlagensicherung in der EU ist ein solides Instrument, um Sparerinnen und Sparer im Falle einer Bankeninsolvenz zu schützen. Aber man muss prüfen, ob das jeweilige Produkt tatsächlich unter die Einlagensicherung fällt. Zertifikate oder nachrangige Anleihen beispielsweise klingen oft sicher, sind aber im Krisenfall nicht geschützt.

Redaktion: Gibt es denn Produkte, bei denen man auch ohne große Fachkenntnisse relativ sicher investieren kann?

Kerstin Bontschev: Ja, vor allem Standardprodukte wie Tagesgeldkonten, Festgelder oder Banksparpläne sind recht transparent und für den durchschnittlichen Verbraucher geeignet. Aber auch hier gilt: Auf das Kleingedruckte achten! Manche Produkte enthalten z. B. Klauseln zu Mindestvertragslaufzeiten oder Staffelverzinsungen, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

Redaktion: Und wie sieht es mit Bundeswertpapieren oder Hypothekenpfandbriefen aus?

Kerstin Bontschev: Bundeswertpapiere wie Staatsanleihen gelten als besonders sicher, weil der deutsche Staat als Emittent als sehr solvent gilt. Hypothekenpfandbriefe sind ebenfalls sehr solide, da sie durch Grundpfandrechte abgesichert sind. Aber auch hier ist die Rendite eher gering, und beim Verkauf vor Laufzeitende drohen Kursverluste.

Redaktion: Welche Rolle spielt die Inflation bei der Sicherheit einer Geldanlage?

Kerstin Bontschev: Eine enorme Rolle. Selbst wenn mein Kapital nominell erhalten bleibt, kann die Kaufkraft durch Inflation massiv sinken. Gerade bei klassischen Sparanlagen mit niedrigen Zinsen frisst die Inflation oft die gesamte Rendite auf. Das ist vielen Anlegern nicht bewusst.

Redaktion: Welche Anlagefehler sehen Sie in Ihrer Beratungspraxis am häufigsten?

Kerstin Bontschev: Ganz klar: fehlendes Verständnis für das eigene Risikoprofil. Viele lassen sich von hohen Renditeversprechen blenden und erkennen die Risiken erst, wenn es zu spät ist. Gerade der „graue Kapitalmarkt“ mit stillen Beteiligungen oder Nachrangdarlehen ist hier besonders problematisch.

Redaktion: Was raten Sie Anlegerinnen und Anlegern, die auf Sicherheit setzen möchten?

Kerstin Bontschev: Zuerst: informieren! Keine Entscheidung ohne gründliche Prüfung des Anbieters und des Produkts. Zweitens: Diversifizieren. Nicht alles auf eine Karte setzen. Drittens: Keine Produkte kaufen, die man nicht versteht. Und wenn Zweifel bestehen: fachkundigen Rat einholen, bevor man investiert.

Redaktion: Vielen Dank, Frau Bontschev, für das ausführliche Gespräch.

Kerstin Bontschev: Sehr gern. Sicher anlegen heißt nicht risikofrei anlegen, aber mit dem richtigen Wissen können viele Fehler vermieden werden.

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