Thema: Kurzzeitpflege: Wenn die Pflege zuhause vorübergehend nicht möglich ist
Gesprächspartner: Rechtsanwalt Maurice Högel
Frage: Herr Högel, wann kommt Kurzzeitpflege in Betracht?
Högel: Immer dann, wenn die Pflege zuhause vorübergehend nicht möglich ist. Typische Fälle sind Krankenhausaufenthalte von Angehörigen, akute Erkrankungen der pflegenden Person oder wenn ein Pflegebedürftiger nach einer Operation noch nicht direkt nach Hause zurückkehren kann. Dann übernimmt eine stationäre Einrichtung für eine begrenzte Zeit die Betreuung.
Frage: Wer muss den Antrag stellen und wo?
Högel: Wichtig ist: Der Antrag muss vor Inanspruchnahme bei der Pflegekasse gestellt werden. Die Einrichtung muss von der Pflegekasse zugelassen sein. Am besten erkundigen Sie sich bei der Pflegekasse, welche Häuser in Ihrer Region infrage kommen.
Frage: Wie hoch ist die Leistung der Pflegekasse?
Högel: Für die Pflegegrade 2 bis 5 stehen pro Jahr 3.539 Euro zur Verfügung – und zwar gemeinsam für Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege. Die Kasse übernimmt diese Kosten bis zu 8 Wochen im Jahr. Wie lange das Geld tatsächlich reicht, hängt von den Tagessätzen der Einrichtung ab.
Frage: Welche Kosten müssen Bewohner:innen selbst zahlen?
Högel: Selbst zu tragen sind grundsätzlich die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten. Allerdings können Sie dafür den sogenannten Entlastungsbetrag von 131 Euro im Monat nutzen. Dieser Betrag lässt sich auch ansparen und später gesammelt einsetzen, um einen Teil der Eigenkosten abzudecken.
Frage: Gibt es Unterschiede je nach Pflegegrad?
Högel: Ja. Anspruch auf Kurzzeitpflege haben nur Personen ab Pflegegrad 2. Wer Pflegegrad 1 hat, kann die Leistung ausschließlich über den Entlastungsbetrag finanzieren. Und wer gar keinen Pflegegrad hat, aber nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht zuhause versorgt werden kann, für den springt in bestimmten Fällen die Krankenkasse ein.
Frage: Viele Angehörige sind unsicher: Wird während der Kurzzeitpflege das Pflegegeld weitergezahlt?
Högel: Ja, aber nur teilweise. Für die Dauer der Kurzzeitpflege wird das reguläre Pflegegeld für bis zu 8 Wochen um 50 Prozent weitergezahlt. Das soll pflegende Angehörige finanziell entlasten.
Frage: Und was raten Sie, wenn das Geld nicht reicht?
Högel: In dem Fall sollte man sich frühzeitig an das Sozialamt wenden. Dort können zusätzliche Leistungen wie die „Hilfe zur Pflege“ beantragt werden. Viele Familien wissen das nicht, aber der Staat springt ein, wenn Einkommen und Vermögen nicht ausreichen.
👉 Fazit von Rechtsanwalt Högel:
Kurzzeitpflege ist ein wichtiger Baustein der Pflegeversicherung, um Pflegefamilien in Krisenzeiten zu entlasten. Aber: Die Leistungen sind gedeckelt, Eigenanteile fallen immer an. Deshalb lohnt es sich, rechtzeitig Anträge zu stellen, Kosten genau zu prüfen und Entlastungsbeträge zu nutzen.
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