Toiletten sind ein menschliches Grundbedürfnis – doch wer in europäischen Städten unterwegs ist, merkt schnell: Einfach mal schnell aufs Klo zu gehen, ohne Geld auszugeben, wird zunehmend schwieriger.
Immer mehr Cafés und Geschäfte sperren ihre Toiletten für Nicht-Kunden oder sichern sie mit Zahlenschlössern. Einige weigern sich sogar, Menschen mit medizinischen Bedürfnissen eine Ausnahme zu machen. Aber warum? Und wer trägt die Verantwortung für dieses Problem?
Von der offenen Tür zur verschlossenen Klo-Kabine
Früher öffneten viele Cafés großzügig ihre Toiletten für alle – auch für Menschen, die dort nichts kauften. So auch das LoveFit Café in Brighton. Doch laut Besitzer Jason Bright wurde das schnell zum Albtraum.
„Obdachlose haben sich eingeschlossen, sind dort eingeschlafen oder haben Drogen genommen. Ich wurde beschimpft. Es war das Schlimmste, was ich je gemacht habe.“
Jetzt gibt es eine strikte „Nur-für-Kunden“-Regel – mit wenigen Ausnahmen für Senioren oder Eltern mit kleinen Kindern.
Doch nicht jeder hat Verständnis dafür. Viele Menschen fühlen sich gezwungen, für eine Tasse überteuerten Kaffee zu bezahlen, nur um ihre Blase zu entleeren.
„Kaffees kosten inzwischen fast 4€ – ich will nicht jedes Mal zahlen müssen, nur um eine Toilette zu benutzen“, beschwert sich Ellen, deren Vater nach einer Nierentransplantation dringend regelmäßigen Zugang zu Toiletten braucht.
Starbucks & Co: Kein freier Zugang mehr zu Toiletten
Starbucks sorgte in den USA kürzlich für Aufsehen, als die Kette ihre „offene Tür“-Politik für Toiletten beendete. Auch in Europa sperren sich immer mehr Ketten wie Costa Coffee, Pret a Manger oder Waterstones gegen Nicht-Kunden.
Manche, wie Alice (25), versuchen es trotzdem: „Wenn man nett fragt, lassen einen die meisten rein.“
Doch nicht alle wollen sich auf freundliche Mitarbeiter verlassen. Gemma Wardle, Betreiberin des TikTok-Kanals Loos of London, fordert eine gesetzliche Regelung:
„Wenn ein Café Toiletten für Kunden hat, sollten diese auch für alle zugänglich sein!“
Die versteckte Kostenfrage
Doch es gibt auch eine andere Perspektive. Toiletten kosten Geld.
- Höhere Reinigungskosten
- Höherer Verschleiß und Renovierungsaufwand
- Mehr Verbrauch von Toilettenpapier, Seife und Handtüchern
Will Kenney von der Kaffeekette 200 Degrees, die Toiletten auch für Nicht-Kunden offen hält, gibt zu, dass es ein schwieriger Balanceakt ist:
„Wir wollen helfen, aber wir wollen nicht, dass unsere Läden zu öffentlichen Toiletten werden.“
Warum nicht einfach mehr öffentliche Toiletten?
Das eigentliche Problem liegt woanders: Die Zahl der öffentlichen Toiletten hat sich in Großbritannien seit 2010 halbiert.
Lokale Behörden sparen – und setzen stattdessen auf Kooperationen mit Cafés und Geschäften. In vielen Städten gibt es mittlerweile Sticker, die anzeigen, wo Toiletten für Nicht-Kunden offen sind.
Doch das hat eine Kehrseite, warnt Raymond Martin von der British Toilet Association:
„Wenn genug Cafés mitmachen, schließen die Behörden die öffentlichen Toiletten komplett. Dann werden die Café-Klos überrannt – und am Ende macht keiner mehr mit.“
Die Folge: Noch weniger frei zugängliche Toiletten.
Fazit: Ein stilles, aber wachsendes Problem
Fehlende Toiletten sind kein Luxusproblem, sondern eine Frage der öffentlichen Würde, Hygiene und Inklusion.
Menschen mit medizinischen Bedürfnissen, Eltern mit kleinen Kindern oder Obdachlose sind besonders betroffen. Doch statt mehr öffentliche Toiletten bereitzustellen, werden Cafés und Geschäfte unfreiwillig zu Ersatz-Toiletten mit Zugangsbeschränkung.
Die Lösung? Langfristige Investitionen in öffentliche Toiletten – statt die Verantwortung an private Unternehmen abzuschieben.
Denn eins ist klar: Wer muss, der muss. Und niemand sollte dafür gezwungen werden, 4€ für einen Kaffee auszugeben.
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