Wenn die Temperaturen sinken und die Nächte nasskalt werden, startet Hamburg traditionell sein Winternotprogramm für Obdachlose. Ab dem 1. November stehen wieder 700 kostenlose Schlafplätze in städtischen Unterkünften bereit – doch wie in den vergangenen Jahren nur für die Nachtstunden.
Schutz vor Kälte – aber kein Zuhause
Die Unterkünfte in Hammerbrook und Moorfleet öffnen ab Samstagabend und bieten Menschen ohne festen Wohnsitz bis Ende März ein Dach über dem Kopf. Die Zimmer sind mit zwei oder drei Betten ausgestattet und können ohne Anmeldung und kostenlos genutzt werden.
Doch um 9:30 Uhr morgens müssen alle Bewohner die Schlafplätze wieder verlassen. Tagsüber bleiben die Türen geschlossen – eine Regelung, die seit Jahren umstritten ist.
Die Sozialbehörde betont, dass es sich beim Programm um ein reines Kälte- und Gefahrenabwehrangebot handle:
„Das Winternotprogramm soll Menschen vor Erfrierungen schützen – nicht den regulären Aufenthalt ersetzen“, heißt es in einer Mitteilung.
Für den Tag verweist die Behörde auf die Tagesaufenthaltsstätten, in denen sich Obdachlose aufwärmen, duschen oder Mahlzeiten erhalten können.
Forderungen nach 24-Stunden-Öffnung werden lauter
Wohlfahrtsverbände, Sozialinitiativen und auch die Linkspartei kritisieren seit Jahren, dass Hamburgs Winternotprogramm nur nachts geöffnet ist. Sie fordern, dass Menschen in Not auch tagsüber in den Unterkünften bleiben dürfen – insbesondere bei Dauerregen, Schnee oder Krankheit.
Soziale Träger betonen, dass es für viele Betroffene unzumutbar sei, morgens wieder auf die Straße geschickt zu werden.
„Wer im Winter draußen ist, braucht nicht nur ein Bett für die Nacht, sondern auch Schutz und Ruhe am Tag“, mahnen Vertreter von Diakonie und Caritas regelmäßig an.
Containerplätze als seltene Alternative
Besonders gefragt sind die 100 sogenannten Containerplätze, die von Hamburger Kirchengemeinden und Hochschulen bereitgestellt werden.
Im Gegensatz zu den städtischen Notunterkünften dürfen die Bewohner dort rund um die Uhr bleiben – ein Angebot, das stark nachgefragt und meist binnen Stunden ausgebucht ist.
Die Vergabe der Containerplätze erfolgt jeweils mittwochs und donnerstags, organisiert von ehrenamtlichen Initiativen.
Fünf Monate Schutz – aber kein Ende des Problems
Das Winternotprogramm läuft bis Ende März 2026 und gilt als wichtiger Baustein des städtischen Kälteschutzes. Dennoch bleibt das Grundproblem bestehen: Hamburg zählt laut Schätzungen über 2.000 obdachlose Menschen, von denen viele keinen Zugang zu einer festen Unterkunft haben.
So ist das Winternotprogramm zwar ein Rettungsanker in kalten Nächten, aber keine langfristige Lösung. Kritiker sprechen deshalb von einer „Minimalhilfe, die die Armut nur verwaltet“.
Fazit
Hamburg bietet auch in diesem Winter wieder Schutz vor Kälte – aber nur temporär.
Während die Stadt auf Gefahrenabwehr pocht, fordern Hilfsorganisationen mehr Menschlichkeit und Dauerangebote.
Denn wer draußen schläft, braucht nicht nur Wärme für die Nacht, sondern auch Würde am Tag.
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