Griechenland geht einen bemerkenswerten Schritt im europäischen Kampf gegen die Risiken sozialer Medien. Die Regierung in Athen hat eine gesetzliche Altersbeschränkung für Social-Media-Plattformen beschlossen – und will damit Kinder und Jugendliche gezielt vor psychischen Belastungen, Suchtverhalten und digitaler Manipulation schützen. Das Land reagiert damit auf die wachsende Kritik an TikTok, Instagram, Snapchat & Co., deren Algorithmen besonders junge Nutzer in stundenlange Nutzungsschleifen ziehen.
Mindestalter wird angehoben – und streng kontrolliert
Künftig soll die Nutzung sozialer Netzwerke erst ab 15 Jahren erlaubt sein. Plattformen werden verpflichtet, wirksame Altersverifikationssysteme einzuführen. Die bisherige Praxis, in der Jugendliche einfach ein falsches Geburtsdatum eingeben konnten, soll damit beendet werden. Wer sich neu registriert, muss künftig sein Alter digital nachweisen, etwa über staatlich anerkannte Identifikationsdienste oder Schülerausweise mit Online-Funktion.
Verstöße sollen empfindliche Bußgelder nach sich ziehen – sowohl für Plattformbetreiber als auch für Eltern, die ihren Kindern bewusst den Zugang ermöglichen.
Regierung warnt vor „digitaler Entfremdung“
Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis begründete das Gesetz mit deutlichen Worten: „Wir müssen die psychische Gesundheit der jungen Generation schützen. Der virtuelle Raum darf nicht zur Realität werden, bevor Kinder gelernt haben, mit ihm umzugehen.“ Studien hätten gezeigt, dass übermäßige Social-Media-Nutzung bei Minderjährigen zu Konzentrationsproblemen, Depressionen, Essstörungen und sozialem Rückzug führen könne.
Auch Cybermobbing und Online-Sucht seien dramatisch angestiegen. Laut einer Untersuchung der Hellenic Society for Child Protection verbringen griechische Teenager im Schnitt über vier Stunden täglich auf Social-Media-Plattformen – oft bis spät in die Nacht.
Plattformen unter Zugzwang
Für große Tech-Konzerne bedeutet das Gesetz erheblichen Anpassungsdruck. Anbieter wie Meta (Facebook, Instagram), ByteDance (TikTok) und Snap Inc. (Snapchat) müssen ihre Systeme kurzfristig anpassen, um nicht gegen griechisches Recht zu verstoßen.
Ein Regierungssprecher kündigte an, dass die Datenschutzbehörde die Umsetzung streng überwachen werde: „Wir werden keine leeren Versprechen akzeptieren. Wer Kinder nicht schützt, wird zur Verantwortung gezogen.“
Europaweite Signalwirkung
Mit der neuen Regelung nimmt Griechenland eine Vorreiterrolle in der EU ein. Zwar diskutieren auch andere Länder – darunter Frankreich, Spanien und Deutschland – über härtere Maßnahmen gegen die Abhängigkeit von Social Media, doch bislang blieb es meist bei Appell und Eigenverantwortung.
Die Athener Regierung will mit ihrem Gesetz einen Präzedenzfall schaffen: Ziel ist es, die Debatte über digitale Verantwortung europaweit neu zu entfachen.
Kritik: Zwischen Kinderschutz und digitaler Freiheit
Nicht alle begrüßen das Vorhaben. Kritiker warnen vor übermäßiger staatlicher Kontrolle und Eingriffen in die digitale Selbstbestimmung. Der Verband „Digital Rights Watch Greece“ befürchtet, dass eine verpflichtende Altersverifikation sensible Daten in die Hände privater Plattformbetreiber legt. Außerdem könnten junge Menschen Wege finden, die Regeln mit VPNs oder Fake-IDs zu umgehen.
Elternverbände hingegen reagieren überwiegend positiv. Viele hoffen, dass die neue Regelung endlich Druck auf Plattformen ausübt, um altersgerechte Inhalte und echte Schutzmechanismen einzuführen.
Fazit: Ein mutiger, aber umstrittener Schritt
Mit der Einführung einer verbindlichen Altersgrenze für soziale Medien wagt Griechenland ein Experiment, das in Europa genau beobachtet werden dürfte. Es ist ein Balanceakt zwischen Freiheit und Fürsorge, zwischen dem Schutz der Jugend und der Wahrung digitaler Rechte.
Ob das Gesetz tatsächlich den gewünschten Effekt hat – weniger Bildschirmzeit, mehr mentale Stabilität und gesündere Online-Gewohnheiten – wird sich erst zeigen. Doch eines steht fest: Griechenland hat die Diskussion über den Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche neu entfacht – und die EU zum Handeln herausgefordert.
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