Ein Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel
Herr Högel, aktuell erlebt der Goldmarkt eine ungewöhnliche Situation: Banken in London holen ihre Barren aus den Tresoren und schicken sie per Passagierflugzeug nach New York. Was steckt dahinter?
Maurice Högel: Das ist eine klassische Arbitrage-Situation. Momentan gibt es eine erhebliche Preisdifferenz zwischen den beiden Handelsplätzen London und New York. Während Gold in London günstiger ist, erreicht es in Manhattan Rekordpreise – teilweise über 2.900 Dollar pro Feinunze. Banken und Händler nutzen diese Lücke aus, indem sie Gold physisch dorthin bringen, wo es mehr wert ist.
Aber warum ist Gold in New York plötzlich so viel teurer als in London?
Das hat mehrere Gründe. Zum einen gibt es in den USA derzeit eine extrem hohe Nachfrage nach Gold, insbesondere an der Comex-Börse, wo Gold-Futures gehandelt werden. Zum anderen spielen geopolitische Unsicherheiten eine große Rolle: Inflation, Trumps Zolldrohungen und die Angst vor einem globalen Handelskrieg treiben Anleger in „sichere Häfen“ – und Gold ist nun mal die Krisenwährung schlechthin.
Und wie läuft so ein Goldtransport ab? Man könnte ja denken, dass Banken ein eigenes System dafür haben.
Interessanterweise nicht immer! Da aktuell so große Mengen Gold nach New York transportiert werden, ist der logistische Aufwand enorm. Es dauert mittlerweile Wochen, bis Banken überhaupt Zugriff auf ihre Bestände in der Bank of England bekommen. Sobald sie die Barren haben, werden diese oft mit gepanzerter Eskorte zum Flughafen gefahren und tatsächlich per Linienflug in die USA gebracht.
Das klingt ziemlich abenteuerlich. Gibt es dabei keine Sicherheitsrisiken?
Natürlich ist das ein sensibles Geschäft, aber solche Transporte sind Alltag für Banken und Sicherheitsfirmen. Das größere Problem ist allerdings ein anderes: Die Goldbarren in London haben nicht die gleiche Standardgröße wie in New York. Das bedeutet, dass die Barren erst in Schweizer Raffinerien eingeschmolzen und in die richtige Form gebracht werden müssen, bevor sie an der Comex gehandelt werden können.
Welche Rolle spielt dabei die Politik von Donald Trump?
Die Märkte spekulieren darauf, dass Trump Zölle auf Goldimporte verhängen könnte – und Banken wollen dem zuvorkommen. Würde ein solcher Zoll tatsächlich eingeführt, würde das Gold in den USA noch teurer werden, was die derzeitige Preisschere nur vergrößern würde.
Welche Banken profitieren besonders von dieser Entwicklung?
Riesige Finanzinstitute wie JPMorgan und HSBC machen hier das Geschäft ihres Lebens. Sie können Gold nach New York bringen, dort verkaufen und gleichzeitig das Risiko eines Preisverfalls absichern. Solange der Preisunterschied zwischen London und New York groß bleibt, ist das fast ein risikoloses Geschäft.
Was bedeutet das für Anleger? Sollte man jetzt in Gold investieren?
Der Goldpreis ist aktuell auf einem historischen Hoch, was auf die wirtschaftliche Unsicherheit zurückzuführen ist. Aber wie immer gilt: Was schnell steigt, kann auch schnell fallen. Wer in Gold investiert, sollte sich bewusst sein, dass der Markt stark von geopolitischen Entwicklungen beeinflusst wird – und Donald Trump ist immer für eine Überraschung gut!
Herr Högel, vielen Dank für das Gespräch!
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