Mehrere Angestellte des US-Bundesgefängnisses in Bryan, Texas, in dem Ghislaine Maxwell derzeit eine 20-jährige Haftstrafe verbüßt, sind entlassen worden. Grund dafür ist die unbefugte Weitergabe vertraulicher E-Mail-Korrespondenz zwischen Maxwell und ihrer Anwältin an die Öffentlichkeit. Das teilte Maxwells langjährige Anwältin Leah Saffian am Freitag mit.
Whistleblower bringt Informationen an die Öffentlichkeit
Hintergrund ist eine Enthüllung durch einen Whistleblower, der dem demokratischen Kongressabgeordneten Jamie Raskin Einsicht in angebliche Sonderbehandlungen Maxwells im Gefängnis gewährte – darunter auch in E-Mail-Verläufe, die über das Gefängnissystem TRULINCS (Trust Fund Limited Inmate Computer System) zwischen Maxwell und Saffian liefen.
Saffian zeigte sich empört über die Veröffentlichung:
„Die Herausgabe der vertraulichen Kommunikation zwischen Mandantin und Anwältin durch Abgeordnete Raskin ist genauso unangemessen wie ein Schlag ins Gesicht der Rechtsstaatlichkeit.“
Sie erklärte, die betreffenden Gefängnismitarbeiter hätten mit „angemessenen Konsequenzen“ zu rechnen gehabt und seien inzwischen entlassen worden. Diese hätten sich unautorisierten Zugang zu Maxwells E-Mail-System verschafft, das eigentlich dem geschützten Austausch zwischen Inhaftierten und der Außenwelt diene.
Streit um Anwaltsgeheimnis
Die Demokraten im Justizausschuss des Repräsentantenhauses wiesen die Darstellung Saffians entschieden zurück. Eine Sprecherin erklärte gegenüber CNN, dass die veröffentlichten Nachrichten nicht unter das Mandatsgeheimnis fielen:
„Alle Nutzer müssen bei Anmeldung im System bestätigen, dass ihre Kommunikation überwacht wird. Auch Nachrichten an Anwälte sind davon nicht ausgenommen – sie gelten im System ausdrücklich nicht als privilegiert.“
Demnach gebe es für rechtlich geschützte Gespräche andere Wege, etwa persönliche Gespräche oder speziell gesicherte Telefonleitungen. Die Sprecherin betonte außerdem, dass keine Aussagen gemacht würden, die Rückschlüsse auf die Identität des Whistleblowers zulassen.
Angebliche Pläne für Haftverkürzung?
Brisant ist vor allem ein E-Mail-Auszug, laut dem Maxwell offenbar an einem Antrag auf Haftverkürzung (Commutation) arbeite. In einer E-Mail vom Oktober habe sie angekündigt, entsprechende Unterlagen über den Gefängnisdirektor einzureichen.
Saffian widersprach diesem Eindruck:
„Frau Maxwell hat bislang keinen Antrag auf Haftverkürzung gestellt, ebenso wenig wie ein Gnadengesuch an die zweite Trump-Regierung. Vor einem solchen Schritt müsste sie zunächst alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben.“
Tatsächlich hatte Raskin auch nicht behauptet, dass Maxwell einen solchen Antrag bereits eingereicht habe – lediglich, dass sie an den Unterlagen dafür arbeite.
Sonderbehandlung für Maxwell?
Laut den Aussagen des Whistleblowers, die Raskin veröffentlicht hat, soll Maxwell in dem Frauengefängnis gewisse Sonderbehandlungen genießen. Details wurden nicht öffentlich, sorgen aber für Unmut – vor allem bei Überlebenden des Epstein-Falls. Eine der Epstein-Überlebenden nannte Maxwells angebliche Sonderbehandlung „ekelhaft“.
Reaktionen und offene Fragen
Das Justizministerium, das Bundesgefängnissystem sowie die Gefängnisleitung in Bryan haben sich bislang nicht offiziell zu den Vorgängen geäußert. Auch bleibt unklar, ob Disziplinarmaßnahmen gegen weitere Beamte folgen oder ob rechtliche Schritte gegen die Weitergabe der E-Mails eingeleitet werden.
Die Kontroverse wirft grundsätzliche Fragen über Transparenz, Datenschutz und Privilegien im US-Gefängnissystem auf – vor allem, wenn es um prominente Inhaftierte geht. Gleichzeitig wird der politische Umgang mit Whistleblowern erneut zum Streitpunkt in Washington.
Hintergrund:
Ghislaine Maxwell wurde 2021 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im Umfeld von Jeffrey Epstein verurteilt. Der Fall gilt als einer der aufsehenerregendsten Missbrauchsprozesse der vergangenen Jahrzehnte in den USA.
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