Ein Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel von verbraucherschutz-solar.de
Frage: Herr Högel, die Solarbranche erlebt derzeit einen Anstieg von Betrugsfällen. Warum ist das so?
Maurice Högel: Die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Durch die steigenden Energiekosten und attraktive Förderprogramme wollen immer mehr Verbraucher auf Solarstrom umsteigen. Das wissen natürlich auch Kriminelle, die gezielt versuchen, mit gefälschten Angeboten, nicht existierenden Firmen oder gestohlener Ware Geld zu verdienen.
Frage: Ein aktueller Fall zeigt, dass nicht nur Händler, sondern auch Käufer unwissentlich in kriminelle Machenschaften verwickelt werden können. Was bedeutet das konkret für Verbraucher?
Maurice Högel: Genau, und das ist die eigentliche Gefahr. Es ist leider ein verbreiteter Irrtum, dass man als Käufer „auf der sicheren Seite“ ist, wenn man eine Solaranlage erwirbt. Wer gestohlene Ware kauft – selbst wenn er nichts davon wusste –, kann sich strafbar machen. Die rechtliche Grundlage ist hier die sogenannte „fahrlässige Hehlerei“. Wenn ein Käufer nicht ausreichend prüft, ob das Angebot seriös ist, kann ihm das als Fahrlässigkeit ausgelegt werden.
Frage: Was bedeutet „fahrlässige Hehlerei“ genau?
Maurice Högel: Wer Waren erwirbt, von denen er hätte wissen können, dass sie gestohlen sind, macht sich der Hehlerei schuldig. Ein klassisches Beispiel: Jemand kauft ein brandneues iPhone auf einem Flohmarkt für 100 Euro – da sollte jedem klar sein, dass hier etwas nicht stimmt. Bei Solarmodulen ist das ähnlich. Wenn Module weit unter dem Marktpreis angeboten werden oder die Verkäufer keine ordentlichen Rechnungen ausstellen, sollten bei Käufern die Alarmglocken schrillen.
Frage: Welche Konsequenzen drohen Käufern, die unwissentlich gestohlene Module erwerben?
Maurice Högel: Das kann im schlimmsten Fall zu einer Strafanzeige und hohen Geldstrafen führen. Zudem kann die Ware von den Behörden beschlagnahmt werden, ohne dass der Käufer eine Erstattung bekommt. Das bedeutet: Wer sich nicht ausreichend absichert, könnte am Ende sowohl sein Geld als auch seine Solarmodule verlieren.
Frage: Wie können sich Verbraucher schützen? Worauf sollten sie achten?
Maurice Högel: Zunächst einmal: Vorsicht bei extrem günstigen Angeboten! Wenn der Preis viel niedriger ist als bei seriösen Anbietern, sollte man skeptisch sein. Außerdem sollten Käufer darauf achten, dass sie eine ordentliche Rechnung erhalten, auf der der Verkäufer mit vollständigem Namen, Anschrift und Steuernummer vermerkt ist. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, ob der Verkäufer eine gültige Gewerbeanmeldung oder eine nachweisbare Firmengeschichte hat.
Frage: Was raten Sie Käufern, die den Verdacht haben, gestohlene Ware erhalten zu haben?
Maurice Högel: Wer unsicher ist, sollte sich unbedingt an die Polizei oder eine Verbraucherzentrale wenden. Es ist besser, den Verdacht frühzeitig zu klären, als später möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen zu tragen. Außerdem empfehle ich, sich direkt mit dem Händler in Verbindung zu setzen und nach den Herkunftsnachweisen der Ware zu fragen.
Frage: Kann es sein, dass solche Fälle auch im Insolvenzverfahren der DEGAG eine Rolle spielen?
Maurice Högel: Das wäre eine spannende Frage, die Insolvenzverwalter Dr. Eckert beantworten müsste. Es ist durchaus denkbar, dass im Rahmen der Insolvenzversteigerungen auch fragwürdige Ware weiterverkauft wurde – ohne dass die Käufer sich darüber im Klaren waren. Eine genaue Prüfung, ob alle Geschäftsprozesse sauber verlaufen sind, wäre hier definitiv erforderlich. Vielleicht sollten die Betroffenen genau nachfragen, ob auch in diesem Fall unklare Besitzverhältnisse eine Rolle spielen könnten.
Frage: Abschließend: Was ist Ihr wichtigster Rat für Verbraucher?
Maurice Högel: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Gerade bei teuren Anschaffungen wie Solaranlagen sollten Käufer gründlich recherchieren, Rechnungen prüfen und sich nicht von allzu günstigen Angeboten blenden lassen. Wer sich absichert, spart sich später jede Menge Ärger.
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