Friedrich Merz, der 69-jährige Vorsitzende der CDU, könnte nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 neuer deutscher Kanzler werden. Er gilt als konservativer Hardliner, der sich deutlich vom moderaten Kurs seiner langjährigen Rivalin Angela Merkel abgrenzen will. Seine politischen Schwerpunkte liegen auf einer strikteren Migrationspolitik, Steuersenkungen und der wirtschaftlichen Neuausrichtung Deutschlands.
Die vorgezogene Wahl wurde nötig, nachdem die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November 2024 zerbrach. Nun führen die Christdemokraten deutlich in den Umfragen, und Merz hat gute Chancen, das Kanzleramt zu übernehmen – auch wenn es noch unklar ist, mit wem er eine Koalition bilden würde.
Vom Merkel-Gegner zum CDU-Chef
Friedrich Merz stammt aus einer katholisch-konservativen Familie in Nordrhein-Westfalen und begann seine politische Laufbahn früh. Schon als Schüler trat er in die CDU-Jugendorganisation ein. Nach einem Jurastudium und einer Tätigkeit als Rechtsanwalt wurde er 1989 ins Europäische Parlament gewählt.
Nach nur einer Legislaturperiode wechselte er 1994 in den Bundestag und machte sich dort schnell als Finanzpolitiker einen Namen. 2000 unterlag er Angela Merkel im Kampf um die CDU-Spitze, was eine langjährige Rivalität zwischen den beiden auslöste. Zwei Jahre später musste er sich erneut geschlagen geben, als Merkel ihn als Fraktionsvorsitzenden der Union verdrängte.
2009 zog sich Merz frustriert aus der Politik zurück und wechselte in die Wirtschaft. Er arbeitete für verschiedene Unternehmen, darunter als Aufsichtsratsvorsitzender von BlackRock Deutschland, dem weltweit größten Vermögensverwalter. Laut Handelsblatt machte ihn seine Tätigkeit in der Wirtschaft zum Multimillionär.
Nach dem angekündigten Rückzug Merkels kehrte Merz 2018 auf die politische Bühne zurück, scheiterte jedoch zweimal bei dem Versuch, CDU-Chef zu werden. Erst 2022 gelang ihm schließlich die Wahl zum Parteivorsitzenden. Seitdem hat er die Partei konsequent weiter nach rechts geführt.
Merkels Erbe hinter sich lassen
Merz gilt als einer der schärfsten Kritiker von Angela Merkels Politik. Er warf ihr vor, die CDU zu sehr in die Mitte geführt und dadurch Wähler an die AfD verloren zu haben. Besonders hart kritisierte er ihre Flüchtlingspolitik von 2015, als Deutschland hunderttausende Geflüchtete aufnahm.
Sein Ziel ist es, die CDU wieder konservativer zu machen und verlorene Wähler zurückzugewinnen – insbesondere jene, die sich von der AfD angesprochen fühlen. Dies führte jedoch immer wieder zu Spannungen innerhalb der CDU und zu Kontroversen über seine Abgrenzung zur extremen Rechten.
Wirtschafts- und Sozialpolitik: Steuererleichterungen und weniger Sozialleistungen
Merz setzt auf wirtschaftliche Deregulierung, Steuersenkungen und eine Verschlankung des Sozialstaates.
Seine Kernforderungen sind:
- Senkung der Unternehmenssteuern, um Investitionen anzukurbeln.
- Bürokratieabbau, um die Wirtschaft zu entlasten.
- Kürzung von Sozialleistungen, insbesondere für Arbeitslose und Migranten.
- Höhere Anreize für Arbeit statt Sozialhilfe.
Besonders umstritten war seine Aussage über „Sozialtourismus“ von ukrainischen Flüchtlingen. Er unterstellte ihnen, das deutsche Sozialsystem auszunutzen – musste die Aussage jedoch später zurücknehmen.
Seine wirtschaftliche Kompetenz wird ihm jedoch nicht abgesprochen. In einem Interview mit The Economist sagte er, dass er Deutschland aus der wirtschaftlichen Stagnation der letzten Jahre führen wolle.
Migrationspolitik: Härtere Regeln und Grenzschutz
Ein zentrales Thema seiner Kampagne ist die Verschärfung der Migrationspolitik. Merz fordert:
- Abweisung von Asylbewerbern an Deutschlands Grenzen, wenn sie aus einem anderen EU-Staat kommen.
- Reduzierung von Sozialleistungen für Migranten, um Anreize für irreguläre Migration zu senken.
- Schnellere Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern.
Im Gegensatz zu anderen CDU-Politikern flirtete er zeitweise mit einer Zusammenarbeit mit der AfD – bis hin zur Unterstützung eines Gesetzes, das mit Stimmen der AfD beschlossen werden sollte. Dies brachte ihm harte Kritik ein, auch von Angela Merkel, die sich selten in die Politik einmischt.
Außenpolitik: Unterstützung für Ukraine und Israel
Merz positioniert sich in der Ukraine-Frage deutlich klarer als Kanzler Olaf Scholz. Er fordert eine stärkere militärische Unterstützung für Kiew, einschließlich der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, die die Ampel-Regierung bisher ablehnt.
Auch im Nahostkonflikt unterstützt er Israels Militärhilfe, äußerte sich jedoch kritisch zu Donald Trumps Vorschlag, den Gaza-Streifen zu übernehmen.
Im Bereich Verteidigungspolitik bleibt Merz jedoch vage. Während die Bundesregierung zuletzt die NATO-Zielvorgabe von 2 % des BIP für Verteidigungsausgaben erreicht hat, fordert Trump nun 5 %. Merz äußerte sich hierzu unklar, sagte aber, dass Deutschland seine Ausgaben langfristig erhöhen müsse.
Herausforderungen für eine Kanzlerschaft
Sollte Merz die Wahl gewinnen, steht er vor großen Herausforderungen:
- Koalitionsbildung: Die CDU wird vermutlich eine Koalition mit der FDP oder den Grünen eingehen müssen – was angesichts der Differenzen schwierig wird.
- Wirtschaftskrise: Deutschland steckt in einer Rezession, und seine Wirtschaftspläne müssen sich erst in der Praxis bewähren.
- AfD-Distanzierung: Seine Strategie, konservative Wähler zurückzugewinnen, darf die CDU nicht zu nah an die AfD führen – was innerparteilichen Streit verursachen könnte.
- Europapolitik: Wie wird Merz mit der neuen US-Regierung unter Trump umgehen, insbesondere in der NATO?
Fazit: Ein Mann des Wandels – aber in welche Richtung?
Merz könnte nach Jahren politischer Durststrecke tatsächlich das Kanzleramt übernehmen. Er steht für eine wirtschaftsliberale und migrationskritische Politik, die Deutschland in eine neue Richtung führen würde. Doch sein harter Kurs ist umstritten – sowohl innerhalb der CDU als auch in der Bevölkerung.
Ob er wirklich eine Regierung bilden kann, bleibt abzuwarten. Klar ist aber: Mit Friedrich Merz würde Deutschland einen Kanzler bekommen, der sich klar von Angela Merkel unterscheidet.
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