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Frankreich, 2025: Wenn der letzte Gentleman vor Gericht steht – und noch immer nichts verstanden hat

TUREK90 (CC0), Pixabay
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Das französische Justizsystem hat erneut das getan, was es selten genug tut: tatsächlich eine Strafe verschärft, statt sie auf Bewährung zu servieren. Der 44-jährige Husamettin D., letzter Überlebender eines Männerclubs, der „Nein heißt Ja“ offenbar für eine philosophische Frage hielt, muss jetzt zehn Jahre ins Gefängnis.

Zehn Jahre – also ungefähr so lange, wie das Opfer Gisele Pelicot von ihrem Ex-Mann betäubt, vergewaltigt und an andere Männer „weitergereicht“ wurde. Man könnte fast sagen: poetische Gerechtigkeit mit leichter Verspätung.

Wenn der Täter „Opfer seiner Manipulation“ ist – und das Gericht kurz gähnt

Der Angeklagte beteuerte erneut, er sei unschuldig. Schuld sei allein der Ex-Mann der Frau, der ihm erzählt habe, sie stelle sich nur schlafend – sozusagen ein romantisches Rollenspiel, das offenbar auch juristisch erstaunlich viele Jahrzehnte funktionierte.

Man fragt sich, was bei solchen Prozessen schlimmer ist:

  • die Tat selbst,

  • oder der Gedanke, dass ein erwachsener Mann 2025 ernsthaft glaubt, Schweigen bedeute Zustimmung.

Die Richter sahen das ähnlich – und reagierten auf die Berufung mit einer klassischen juristischen Geste: einem Jahr extra Knast.
Herzlichen Glückwunsch, Husamettin, Sie haben das Bonuslevel freigeschaltet.

Der Staatsanwalt mit gesundem Menschenverstand (eine Rarität im Gerichtssaal)

„Im Jahr 2025 kann man nicht mehr behaupten, sie sei einverstanden gewesen, weil sie nichts gesagt habe“, erklärte Staatsanwalt Dominique Sie, vermutlich mit der erschöpften Miene eines Mannes, der nicht fassen kann, dass er das überhaupt noch sagen muss.

Er sprach von einem „abscheulichen gesellschaftlichen System“, das davon ausgeht:

„Wenn der Mann einverstanden ist, hat die Frau nichts mehr zu sagen.“

Tja, genau dieses System hat in Avignon 50 Mittäter hervorgebracht – vom Lagerarbeiter bis zum Steuerberater, von 26 bis 72 Jahren. Eine bunte Mischung, fast wie in einem EU-Kommissionsausschuss, nur ohne Ethik.

„Stehen Sie zu Ihren Taten!“ – 72-jährige Frau demaskiert männliche Feigheit

Am Vortag trat Gisele Pelicot, inzwischen 72 und moralisch unzerstörbar, noch einmal ans Mikrofon der Geschichte und fragte den Angeklagten:

„Zu welchem Zeitpunkt habe ich Ihnen meine Zustimmung gegeben?“

Kleine rhetorische Pause.

„Niemals!“

Dann legte sie nach:

„Stehen Sie zu Ihren Taten und hören Sie auf, sich hinter Ihrer Feigheit zu verstecken.“

In diesem Moment dürfte halb Frankreich aufgeatmet haben – und die andere Hälfte überlegt haben, wie man „Feigheit“ eigentlich juristisch definiert.

Der Ex-Mann: Zehn Jahre Missbrauch, 20 Jahre Haft – ein logistisches Meisterwerk der Abscheu

Dominique Pelicot, Ex-Mann und selbsternannter Regisseur der widerlichsten Homevideos Europas, erhielt bereits die Höchststrafe: 20 Jahre Haft.
Er hatte seine Frau über Jahre betäubt, gefilmt, vergewaltigen lassen – und das alles so methodisch, dass man sich fragt, warum das Justizsystem so lange gebraucht hat, um es überhaupt zu bemerken.

„Damit die Scham die Seite wechselt“ – und der Verstand hoffentlich gleich mit

Gisele Pelicot ist inzwischen eine Symbolfigur. Nicht, weil sie das wollte, sondern weil sie das getan hat, wovor ein ganzer Staat jahrelang die Augen verschloss: Sie hat es öffentlich gemacht.
Sie wollte kein Opfer sein, kein Symbol, keine „Ikone“. Nur eine Frau, die sagte:

„Sprechen Sie bitte nicht von Sexszenen! Das sind Vergewaltigungsszenen. Das ist Folter!“

Man fragt sich, warum dieser Satz erst jetzt in Gesetzestexte fließt.

Nachspiel: Frankreich will Definition von „Zustimmung“ endlich verstehen

Frankreich will als Reaktion den Begriff „Vergewaltigung“ präzisieren. Künftig soll gelten: Zustimmung muss „freiwillig und bewusst“ erfolgen.
Was für ein revolutionärer Gedanke! Vielleicht kommt als Nächstes: „Nein heißt Nein“ – und in der übernächsten Legislaturperiode: „Betäubte Menschen können nicht zustimmen.“

Fazit:

Der Fall Pelicot zeigt, was passiert, wenn jahrzehntelang weggesehen, weggelächelt und wegerklärt wird.
Und er zeigt, was passiert, wenn eine Frau aufsteht, spricht und das System zwingt, sich selbst im Spiegel anzusehen.

Die Scham hat die Seite gewechselt – aber die Dummheit?
Die scheint sich beharrlich zu weigern, mitzugehen.

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