Die europäischen Textilhersteller sind plötzlich aufgewacht und haben entdeckt, dass Billigmode aus China nicht nur billig aussieht, sondern auch noch billig verkauft wird. Empört schreiben der Verband Euratex und mehrere nationale Branchenorganisationen nun einen Brandbrief an die EU-Kommission. Darin fordern sie nichts Geringeres als „Notfallmaßnahmen“ gegen Fast Fashion.
Man könnte fast meinen, sie hätten gestern erst erfahren, dass Plattformen wie Shein und Temu existieren – und nicht etwa schon seit Jahren ganze Kleiderschränke in Europa fluten.
Die Liste der bösen Überraschungen
Die Hersteller werfen den Chinesen allerlei Schandtaten vor:
-
Mehrwertsteuerbetrug (als ob das jemand ernsthaft überrascht).
-
Verletzung geistiger Eigentumsrechte (Hallo, Fake-Designertaschen für 12,99 € – wer hätte DAS geahnt?).
-
Irreführende Behauptungen bei Rabatten und Rücksendungen (denn klar, bei einem Shirt für 3,50 € erwartet man selbstverständlich Premium-Service).
Mit einem dramatischen Tonfall erklären die europäischen Produzenten, Shein und Temu würden „unhaltbaren Druck“ auf ihre Unternehmen ausüben. Übersetzt: Die Kunden kaufen lieber billig in China, als teuer bei uns.
Ermittlungen laufen längst
Dass EU-Verbraucherschutzbehörden schon gegen die Plattformen ermitteln, wird in Brüssel betont – weil Beschwerden über miese Qualität, falsche Rücksendeangaben und Fake-Rabatte mittlerweile zum Alltag gehören. Die Behörden wirken dabei fast so, als hätten sie resigniert akzeptiert, dass die Paketboten täglich Milliarden Polyester-Shirts durch die Gegend karren.
Und die Kundschaft? Die bestellt trotzdem fleißig weiter. Denn wenn man für den Preis eines europäischen Schals bei Temu gleich eine ganze Wintergarderobe bekommt – tja, dann gewinnt eben oft der Geldbeutel.
Europas Problem: Hausaufgaben verschlafen
Die größte Ironie ist jedoch: Während Europa jahrelang über Nachhaltigkeit, faire Lieferketten und Transparenz diskutiert hat, haben die chinesischen Billigplattformen die Zeit genutzt, um ihre Logistik-Maschinen hochzufahren. Heute liefern sie schneller als so mancher heimische Online-Shop. Und die europäischen Hersteller? Die stehen da, schütteln empört den Kopf – und schreiben wütende Briefe nach Brüssel.
Fazit
Die Forderung nach „Notfallmaßnahmen“ klingt fast so, als hätte man gehofft, die EU könne mit einem Federstrich Shein und Temu einfach wieder aus Europa verbannen. Realistisch betrachtet: Die Kunden haben längst entschieden, dass ihnen Preis wichtiger ist als Qualität, Nachhaltigkeit oder Fairness.
Ob die Kommission also eingreift oder nicht – solange ein Klick im App-Store bequemer ist als der Gang in die Boutique um die Ecke, bleibt die europäische Modeindustrie im selben Dilemma: Sie kämpft nicht nur gegen chinesische Billigmode – sondern auch gegen die Kaufgewohnheiten ihrer eigenen Kundschaft.
Kommentar hinterlassen