Es ist wieder soweit: Die EU hat einen neuen Plan zur Vereinfachung und Beschleunigung von Abschiebungen präsentiert – diesmal mit noch strengeren Regeln, längeren Haftzeiten und der netten Idee, abgelehnte Asylbewerber einfach in sogenannte „Rückkehrzentren“ außerhalb der EU zu schicken. Ob diese Zentren je existieren werden? Nun, das ist so ungewiss wie der nächste politische Skandal in Brüssel.
„Leerstelle“ oder schwarze Löcher?
Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger spricht von einer „großen Leerstelle“ im Plan. Aber Hand aufs Herz: „Leerstelle“ ist eine freundliche Umschreibung für „keine Ahnung, wohin mit den Menschen“. Denn während die EU fleißig an immer neuen Regeln schraubt, bleibt eine Kleinigkeit ungeklärt: Welche Drittstaaten sind so verzweifelt, dass sie bereit sind, Europas ungelöste Probleme zu übernehmen?
Man stelle sich die Verhandlungen vor:
Brüssel: „Wir hätten da ein paar Tausend Menschen, die wir nicht mehr wollen. Wie sieht’s aus?“
Drittstaat: „Und was bekommen wir dafür?“
Brüssel: „Menschenrechte. Und vielleicht ein paar Entwicklungshilfegelder.“
Drittstaat: „Wir überlegen es uns …“
Am Ende läuft es wohl darauf hinaus, dass sich die EU – ironischerweise – selbst in eine Bittstellerposition begibt, während sie gleichzeitig versucht, „illegale Migration“ zu bekämpfen. Klingt nach einer Win-win-Situation. Also, außer für die Betroffenen natürlich.
Harte Strafen für Uneinsichtige – weil das immer hilft
Der Gesetzesentwurf sieht auch vor, dass abgelehnte Asylbewerber aktiv an ihrer eigenen Abschiebung mitwirken müssen. Und wenn sie das nicht tun?
- Sozialleistungen gestrichen.
- Reisedokumente beschlagnahmt.
- Haftzeiten verlängert (bis zu 24 Monate, aber mit richterlichem Segen gerne auch mehr).
Genial! Denn wir wissen ja alle, dass sich Menschen in schwierigen Lebenslagen besonders kooperativ zeigen, wenn man ihnen die letzten Ressourcen entzieht. Vielleicht klappt es ja diesmal mit der Abschreckung?
Abschiebungen als politisches Mode-Statement
EU-Migrationskommissar Magnus Brunner sieht seinen Vorschlag als das fehlende Puzzlestück im großen Migrationspuzzle. Kritiker hingegen sehen darin eher einen verzweifelten Versuch, Wähler der rechten Parteien zu besänftigen. Und tatsächlich: Die europäische Migrationspolitik schwenkt immer mehr in Richtung „Hauptsache streng, egal ob umsetzbar“.
Dabei sind nationale Alleingänge längst Realität, und jeder versucht, sein eigenes Süppchen zu kochen. Italien schließt symbolträchtige, aber leere Lager in Albanien, Frankreich setzt auf härtere Kontrollen, und Deutschland – nun ja, Deutschland „diskutiert noch“.
„Return Hubs“ – oder einfach ein neues Wort für „Nicht unser Problem“?
Besonders charmant ist die Idee der „Return Hubs“, also quasi Migrations-Parkplätze in Drittstaaten. Hier sollen Menschen „vorübergehend“ untergebracht werden, während die EU sich überlegt, was mit ihnen geschehen soll.
Aber wo genau sollen diese Zentren entstehen? Wer will sie finanzieren? Wer garantiert, dass dort keine rechtsfreien Räume entstehen, in denen Schutzsuchende in der Warteschleife hängen? Antwort: Niemand.
Nicht einmal die Kommission hat es geschafft, ein konkretes Pilotprojekt zu präsentieren. Denn die Realität ist: Kein Drittstaat hat Lust, Europas ungelöste Probleme zu lösen – es sei denn, die Gegenleistung ist hoch genug.
Fazit: Ein großer Plan mit vielen kleinen Fragezeichen
Der neue Gesetzesentwurf ist streng, ambitioniert und vor allem realitätsfern. Er setzt auf härtere Maßnahmen, ohne echte Lösungen zu präsentieren.
- Wo sind die Drittstaaten, die bereit sind, Rückkehrzentren zu eröffnen?
- Wie soll eine EU-weite Anerkennung von Abschiebebescheiden in Ländern mit völlig unterschiedlichen Rechtssystemen funktionieren?
- Was passiert mit Menschen, die schlichtweg nicht zurückgeschickt werden können, weil ihre Herkunftsstaaten sie nicht aufnehmen?
Es bleibt der Verdacht, dass dieser Entwurf weniger auf eine tatsächliche Lösung abzielt, sondern vielmehr auf ein Signal: „Seht her, wir tun was!“ Ob das funktioniert? Nun ja, spätestens in ein paar Jahren wird man einen neuen Plan präsentieren müssen – dann vermutlich mit noch längeren Haftzeiten und noch ehrgeizigeren „Rückführungsstrategien“.
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