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Europa braucht ein neues Wachstumsmodell

wynpnt (CC0), Pixabay
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In Frankfurt hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde Europas Spitzenpolitikerinnen und -politiker einmal ordentlich durchgeschüttelt – oder zumindest versucht. Mit deutlichen Worten stellte sie fest, dass die letzten sechs Jahre offenbar im Tiefschlaf verbracht wurden. Das europäische Erfolgsrezept der Exportorientierung sei nämlich weiterhin aufgebaut auf eine „schrittweise verschwindende Welt“. Überraschung!

Lagarde nutzte den Europäischen Bankenkongress, um höflich, aber unüberhörbar klarzustellen: Man müsse jetzt vielleicht doch irgendwann einmal beginnen, „Jahre der Inaktivität“ hinter sich zu lassen. Das alte Wachstumsmodell sei nicht nur veraltet – es sei mittlerweile eine „Schwachstelle“. Wer hätte gedacht, dass man sich vielleicht nicht für immer auf den Rest der Welt verlassen kann, um den eigenen Wohlstand zu sichern?

Dezente Klatsche für Deutschland

Ohne Namen zu nennen – denn diplomatisch bleibt man ja höflich – sprach Lagarde von Ländern mit „großen Produktionssektoren“, deren Industrieproduktion gerade fröhlich dahinbröckelt. Ein Schelm, wer dabei an Deutschland denkt, das sich seit Jahren für seine Exportrekorde auf die Schulter klopft. Nun zeigt sich: Selbst die deutsche Industrie kann nicht allein von Autos leben, vor allem wenn genau diese Branche gerade strauchelt.

Der rettende Strohhalm: der Binnenmarkt

Lagarde fordert stattdessen, mal einen Blick auf etwas zu werfen, das Europa schon seit Jahrzehnten besitzt, aber gerne ignoriert: den Binnenmarkt. Dieser könne – Überraschung Nummer zwei – tatsächlich helfen, globale Turbulenzen besser abzufedern. Man müsse nur die massiven Hürden abbauen, die man mit großer Hingabe über Jahre aufgebaut hat.

Dabei stellte sie sich demonstrativ hinter Mario Draghi, der der EU-Kommission bereits fein säuberlich aufgeschrieben hat, wie man die Wettbewerbsfähigkeit stärken könnte. Das Papier liegt allerdings – ganz europäisch – in irgendeiner Schublade und sammelt Staub.

USA erhöhen Zölle? Kein Problem – theoretisch

Lagarde erklärte, dass die „Vollendung“ des Binnenmarkts locker die neuen US-Zölle kompensieren könnte. Ein Viertel der Maßnahmen würde theoretisch reichen, um die negativen Effekte auszugleichen. Man müsste sie halt nur umsetzen. Theoretisch. Praktisch bräuchte man politischen Willen, und der ist bekanntlich die knappste Ressource der EU.

Harmonisieren? Aber bitte nicht alles.

Lagarde betonte zudem, dass man längst nicht alles vereinheitlichen müsse. Man könne schon Wunder bewirken, wenn zum Beispiel ein in einem EU-Land zugelassenes Produkt automatisch in allen anderen erlaubt wäre. Doch die ewige Einstimmigkeit im Europäischen Rat sorgt weiterhin dafür, dass man lieber lange debattiert, statt zu liefern.

Ihr Fazit: Keine neuen Verträge, keine Revolutionen, keine wissenschaftlichen Sensationen nötig. Europa müsse nur mal die Werkzeuge benutzen, die es bereits besitzt. Ob das gelingt? Nun ja – Hoffnung ist bekanntlich ein europäischer Dauerexport.

 

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