Das „Zustrombegrenzungsgesetz“: CDU/CSU auf Kollisionskurs mit der Ampel – und erneut eine mögliche Mehrheit mit der AfD?
Heute steht im Deutschen Bundestag eine hochbrisante Abstimmung an: Die CDU/CSU bringt ihr „Zustrombegrenzungsgesetz“ zur Abstimmung, das eine Verschärfung der Migrationspolitik vorsieht. Dabei geht es um weitreichende Maßnahmen zur Einschränkung der Migration, insbesondere durch verstärkte Grenzkontrollen, eine restriktivere Abschiebepolitik und die Einschränkung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Brisant ist nicht nur der Inhalt des Gesetzes, sondern auch die politische Dynamik dahinter: Die Union könnte erneut mit der AfD stimmen, wie es in früheren Abstimmungen bereits vorgekommen ist. Sollte es wieder eine Mehrheit durch eine faktische Zusammenarbeit von CDU/CSU, AfD und der neu gegründeten Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) geben, könnte dies die demokratische Brandmauer weiter bröckeln lassen – mit möglicherweise historischen Konsequenzen für die deutsche Politik.
1. Worum geht es im „Zustrombegrenzungsgesetz“?
Die CDU/CSU begründet ihren Vorstoß mit der anhaltend hohen Zahl von Geflüchteten in Deutschland. Sie argumentiert, dass die Ampel-Regierung mit ihrer Migrationspolitik falsche Signale sendet, die Deutschland für illegale Migration noch attraktiver machen. Die Kernpunkte des Gesetzesentwurfs:
- Wiedereinführung des Begriffs „Begrenzung“ in das Aufenthaltsgesetz
- Die Ampel hatte 2023 das Ziel der „Begrenzung der Zuwanderung“ aus dem Aufenthaltsgesetz gestrichen.
- Die CDU/CSU will diesen Begriff wieder aufnehmen, um eine restriktivere Steuerung der Migration zu ermöglichen.
- Verschärfung der Abschiebepraxis
- Der Entwurf sieht eine deutlich konsequentere Abschiebepolitik vor, insbesondere durch mehr Befugnisse für die Bundespolizei.
- Die CDU/CSU kritisiert, dass von über 226.000 ausreisepflichtigen Personen in Deutschland nur ein Bruchteil tatsächlich abgeschoben wird.
- Einschränkung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte
- Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte (also Personen, die zwar Schutz erhalten, aber nicht nach der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt sind) soll deutlich eingeschränkt oder sogar ausgesetzt werden.
- Die CDU/CSU begründet dies mit der Notwendigkeit, Migration effektiver zu steuern.
- Mehr Grenzkontrollen und Zurückweisungen an der deutschen Grenze
- Die Bundespolizei soll mehr Kompetenzen zur Zurückweisung von Migranten an den Binnengrenzen erhalten.
- Personen, die bereits in einem anderen EU-Staat Asyl beantragen könnten, sollen direkt zurückgewiesen werden.
2. Weitere Anträge der CDU/CSU: Noch härtere Maßnahmen gegen Migration
Zusätzlich zu dem Gesetzesentwurf bringt die Union zwei weitere Anträge ein, die in die gleiche Richtung gehen:
- „Für eine echte Wende in der Asyl- und Migrationspolitik“
- CDU/CSU fordert verstärkte Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen.
- Eine „Notlage“ nach Artikel 72 AEUV soll ausgerufen werden, um auf EU-Ebene noch härtere Maßnahmen zu ermöglichen.
- „Ein umfassendes Sicherheitspaket jetzt beschließen“
- Die Ampel wird als zu zögerlich kritisiert.
- Es sollen noch härtere Maßnahmen gegen illegale Migration beschlossen werden.
3. Politische Brisanz: Droht erneut eine Abstimmung mit der AfD?
Bereits in den letzten Monaten gab es Fälle, in denen die CDU/CSU auf Landes- und Kommunalebene gemeinsam mit der AfD abgestimmt hat. Besonders aufsehenerregend war die gemeinsame Abstimmung in Thüringen, bei der CDU, AfD und FDP gemeinsam eine Steuersenkung durchsetzten.
Auch in dieser Bundestagsabstimmung könnte sich eine Mehrheit aus CDU/CSU, AfD und BSW ergeben. Sollte dies geschehen, wäre es ein weiterer Schritt in Richtung einer faktischen Kooperation zwischen CDU und AfD, obwohl Parteichef Friedrich Merz dies offiziell ablehnt.
Besonders brisant ist: Die AfD unterstützt den CDU/CSU-Vorstoß, geht aber noch weiter.
- Die AfD fordert, dass noch härtere Maßnahmen ergriffen werden.
- Sie bezeichnet das europäische Asylrecht als „dysfunktional“ und plädiert für eine grundsätzliche Neuausrichtung der deutschen Asylpolitik.
Sollte es erneut zu einer faktischen Mehrheit mit der AfD kommen, könnte dies die Glaubwürdigkeit der CDU als konservative, aber demokratische Kraft weiter untergraben. Gleichzeitig könnte die AfD davon profitieren, da sie sich als politische Kraft darstellen kann, die migrationskritische Maßnahmen durchsetzt.
4. Ablehnung durch die Ampel: Warum SPD, Grüne und FDP das Gesetz stoppen wollen
Die Ampel-Koalition sowie die Linke lehnen das „Zustrombegrenzungsgesetz“ entschieden ab. Ihre Hauptargumente:
- SPD:
- Die CDU/CSU ignoriere, dass die Migrationszahlen bereits durch Maßnahmen der Ampel-Regierung gesunken seien.
- Der Entwurf sei rein populistisch motiviert und diene vor allem der Stimmungsmache.
- Grüne:
- Die Vorschläge seien verfassungs- und europarechtswidrig.
- Der Fokus auf Migration schüre ein Klima der Angst und Ausgrenzung.
- CDU/CSU mache Stimmung gegen Geflüchtete, obwohl Deutschland dringend Arbeitskräfte brauche.
- FDP:
- Auch eine restriktive Migrationspolitik müsse rechtsstaatlich bleiben.
- Grenzkontrollen und Zurückweisungen seien europarechtlich nur begrenzt möglich.
- Die Linke:
- Spricht von einer „rechten Radikalisierung“ der CDU/CSU.
- Betont, dass die Mehrheit der Geflüchteten einen anerkannten Schutzstatus habe.
- Kritisiert, dass der Familiennachzug ausgesetzt werden soll, was gegen Menschenrechte verstoße.
5. Fazit: Ein Gesetz mit weitreichenden Konsequenzen – und eine politische Zerreißprobe für die CDU/CSU
Die heutige Abstimmung könnte ein historischer Moment werden. Sollte die CDU/CSU erneut mit der AfD stimmen, wäre dies ein weiterer Dammbruch in der deutschen Politik.
Während die CDU/CSU ihr „Zustrombegrenzungsgesetz“ als notwendigen Schritt zur Steuerung der Migration verteidigt, sehen Kritiker darin einen gefährlichen Schritt in Richtung rechter Narrative und eine Normalisierung der Zusammenarbeit mit der AfD.
Friedrich Merz steht vor einer schwierigen Entscheidung: Wird er seinen Kurs der „Brandmauer“ gegen die AfD durchhalten – oder öffnet er der Normalisierung der extremen Rechten weiter die Tür?
Eines ist sicher: Die heutige Abstimmung wird politische Wellen schlagen – und möglicherweise ein neues Kapitel in der deutschen Parteienlandschaft aufschlagen.
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