Die Pasterze, Österreichs größter Gletscher am Fuß des Großglockners, schmilzt unaufhaltsam weiter – das zeigen die neuesten Messungen der Universität Graz, die diese Woche vor Ort durchgeführt wurden. Besonders dramatisch: Die Verbindung zwischen dem Gletscherkörper und seiner berühmten Gletscherzunge ist akut gefährdet. Sollte sie abreißen, würde das „ewige Eis“ endgültig zum Toteis – und damit zur bewegungslosen Erinnerung an vergangene Kältezeiten.
Alarmierende Zeichen in Eis und Fels
„Die Eisverbindung ist nur noch rund 100 Meter breit – sie wird heuer und wohl auch nächstes Jahr noch halten“, erklärt Messleiter Andreas Kellerer-Pirklbauer. Doch eine langfristige Stabilität sei nicht mehr gegeben. „Die Zunge wird sich wohl innerhalb der nächsten fünf Jahre abkoppeln“, sagt der Geograf. Damit würde kein frisches Gletschereis mehr nachfließen, und der untere Bereich der Pasterze zum stehenden Eisblock verkommen – ohne jede Dynamik.
Rückzug seit fast einem Jahrhundert
Die Gletschermessungen in der Region finden seit fast 150 Jahren statt. Die letzten Vorstöße des Eises ins Tal wurden in den 1930er-Jahren verzeichnet – seither schrumpft die Pasterze Jahr für Jahr. Selbst ein vergleichsweise kühler Sommer wie 2025 konnte den allgemeinen Schrumpfungsprozess nur verlangsamen, aber nicht aufhalten.
Der sichtbare Rückgang ist laut den Forschenden nicht nur Ausdruck eines Wetterphänomens, sondern Teil eines tiefgreifenden klimatischen Wandels, der immer weiter an Geschwindigkeit aufnimmt.
Wetter macht Forschung zur Herausforderung
Für das Grazer Forschungsteam war die Arbeit auf dem Eis heuer besonders fordernd. Über mehrere Wochen hinweg waren die Expertinnen und Experten in den Hohen Tauern unterwegs, drei Tage davon direkt auf der Pasterze. Das wechselhafte Wetter zwang sie immer wieder zur Umplanung ihrer Routen – ein Aufwand, der in den kommenden Jahren nicht einfacher wird. Denn mit dem Rückzug des Gletschers wird auch das Gelände zunehmend instabil und gefährlich.
„Die Arbeit auf dem Gletscher ist heute eine ganz andere als noch vor 20 Jahren“, so Kellerer-Pirklbauer. „Der Klimawandel verändert nicht nur die Natur – er verändert auch unsere Forschung selbst.“
Ein Denkmal im Verschwinden
Auch wenn die Gletscherzunge in naher Zukunft abbricht, wird das Eis nicht sofort verschwinden. Toteis kann Jahrzehnte überdauern, abhängig von Lage, Wetter und Sonneneinstrahlung. Doch sein symbolischer Wert wird ein anderer sein: Nicht mehr ein lebendiger, dynamischer Gletscher, sondern ein stummer Zeuge der Erderwärmung.
Die Pasterze, einst majestätischer Gletscherfluss, verliert Stück für Stück ihre Identität. Und mit ihr verschwindet ein weiterer Teil alpiner Landschaft, wie sie Generationen kannten – ein Rückzug, der nicht nur geografisch ist, sondern auch gesellschaftlich spürbar wird.
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