Die erste direkte Begegnung zwischen der Ukraine und Russland seit Jahren hätte ein neuer diplomatischer Anfang sein können. Stattdessen hat die vergangene Woche gezeigt, dass sich die Situation kaum verändert hat – die Verhandlungen endeten quasi wieder am Ausgangspunkt.
Direkte Gespräche: Ein Schritt vor, zwei zurück
Die Gespräche in Istanbul zwischen Vertretern beider Länder führten zu drei Ergebnissen:
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Gefangenenaustausch
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Vorbereitung eines möglichen Präsidententreffens
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Ideen für eine künftige Waffenruhe
Obwohl dies nach Fortschritt klingt, relativiert sich das Bild schnell:
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Gefangenenaustausche sind nichts Neues und finden regelmäßig statt.
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Die Ukraine hat bereits mehrfach eine sofortige und bedingungslose Waffenruhe gefordert, die Russland bisher konsequent ablehnt.
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Die Idee eines direkten Treffens zwischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin wurde von Russland abgelehnt, aber erneut in Aussicht gestellt.
Internationale Unterstützung und Trumps Rolle
Zu Beginn der Woche forderten die Ukraine, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen ein monatliches Waffenstillstandsabkommen und drohten mit harten Sanktionen gegen Russland. US-Präsident Donald Trump unterstützte diese Forderung am Telefon.
Nur wenige Tage später wiederholten die gleichen Staatschefs bei einem Treffen in Tirana, Albanien, ihre Forderung – erneut in einem Telefonat mit Trump. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nannte die russische Verweigerungshaltung „inakzeptabel“, während der britische Premierminister Keir Starmer forderte, „Putin muss für die Verweigerung des Friedens zahlen.“
Trump, Putin und das Treffen in Istanbul
Trump bemühte sich um eine Vermittlerrolle und bot an, persönlich in Istanbul an Gesprächen teilzunehmen. Putin zeigte jedoch kein Interesse an einem direkten Treffen und signalisierte nur die Bereitschaft zu einem Junior-Gipfel. Trump dämpfte die Erwartungen später selbst, indem er einräumte, dass er nicht erwartet habe, dass Putin ohne seine persönliche Anwesenheit erscheint.
Dieser diplomatische Rückzieher ließ viele Fragen offen und sorgte bei den europäischen Partnern für Verwirrung. Macron wirkte während der Telefonkonferenz sichtlich besorgt und musste Trump offenbar an dessen vorherige Zusagen erinnern.
Druck auf die Ukraine statt auf Russland
Während Trump in der Öffentlichkeit Zurückhaltung gegenüber Putin zeigt, wächst die Kritik an seiner Strategie. Die ehemalige US-Botschafterin in Kiew, Bridget Brink, die kürzlich zurücktrat, kritisierte die Regierung in einem Meinungsartikel:
„Die Politik der Trump-Administration besteht darin, Druck auf das Opfer – die Ukraine – auszuüben, statt auf den Aggressor – Russland.“
Brink argumentierte, dass „Frieden um jeden Preis keine Sicherheit bringt, sondern weiteres Leid verursacht“ und warf der Regierung vor, Beschwichtigung zu betreiben.
Russland nutzt die Unsicherheit
Russland spielt auf Zeit: Während die diplomatischen Verhandlungen stagnieren, zeigen Drohnenbilder russische Truppenansammlungen an der Ostfront – ein mögliches Zeichen für eine Sommeroffensive. Die minimalen Friedensangebote Moskaus erscheinen als Alibi, um Zeit zu gewinnen und militärische Vorteile auszubauen.
Fazit: Diplomatie im Kreisverkehr
Die letzte Woche hat vor allem gezeigt, dass Russland keine ernsthaften Friedensabsichten hat und dass Trump trotz gelegentlicher Drohungen gegen Moskau keine klare Linie verfolgt. Sein Versuch, sich als Vermittler zu präsentieren, wird durch seine zögerliche Haltung gegenüber Putin konterkariert.
Die europäische Erwartung, dass Trump Druck auf Putin ausüben würde, blieb unerfüllt. Stattdessen lässt die US-Politik Raum für russische Verzögerungstaktiken. Selbst ein mögliches persönliches Treffen zwischen Trump und Putin könnte die verfahrene Situation wohl eher zurück auf Null setzen, anstatt echten Frieden zu schaffen.
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