In einem der spektakulärsten Prozesse des Jahres wird derzeit nicht nur ein Musikmogul auf die Anklagebank gesetzt, sondern gleich ein ganzes System aus Geld, Macht und der toxischen Romantik der Selbstaufgabe.
Sean „Diddy“ Combs, Hip-Hop-Titan, Multimillionär und bekannt dafür, seinen Namen häufiger zu wechseln als andere Leute ihre Zahnbürste, steht wegen Sexhandel, Zuhälterei und der Führung einer kriminellen Organisation vor Gericht. Die Liste der Vorwürfe ist so lang wie die Gästeliste seiner Partys – nur deutlich weniger glamourös.
Eine Ex-Freundin, anonymisiert als „Jane“, erzählt nun vor Gericht, was es wirklich heißt, Teil der schillernden Diddy-Welt zu sein. Statt Glanz und Gloria gab es angeblich „Hotel Nights“, bei denen männliche Escorts eingeflogen, Drogen in Koffern transportiert und Zustände zwischen Missbrauch und Machtspielchen zur Tagesordnung wurden. Und das alles, während der Gastgeber genüsslich zusah – oder besser: „Regie führte“.
Natürlich – und das ist fast schon der zynische Refrain dieser Prozesse – war alles „einvernehmlich“. Denn wie wir wissen: Wenn man 10.000 Dollar im Monat bekommt, wird Schweigen schnell zur Währung und Widerstand zur Vertragsverletzung. Dass Jane einen sogenannten „Love Contract“ unterzeichnete, in dem monatliche Zahlungen zugesichert wurden, lässt den Begriff „Beziehungsarbeit“ plötzlich ganz neue Dimensionen annehmen.
Und sollte jemand fragen, warum sie nicht einfach gegangen sei – auch das wird im Prozess thematisiert. Man wolle schließlich den Partner glücklich machen. Eine toxische Mischung aus emotionaler Erpressung, Drogennebel und finanzieller Abhängigkeit. Oder wie man es in Showbiz-Kreisen offenbar nennt: Dienstagabend.
Neben der psychischen Belastung schildert Jane auch körperliche Folgen: Infektionen, Schmerzen – das volle Paket. Aber warum reden, wenn das Gegenüber die Macht über Wohnung und Lebensstandard hat?
Das Beste daran? Combs soll sich rückblickend „nicht bewusst“ gewesen sein, dass seine Partnerin mit all dem ein Problem hatte. Vielleicht lag’s an der Lautstärke des Surround-Systems.
Zuvor hatte bereits Sängerin Cassie ausgesagt und ähnliche Vorwürfe erhoben – Diddy scheint nicht der erste Pop-Titan zu sein, bei dem die Fassade der Coolness tiefe Risse bekommt.
Die Verteidigung versucht inzwischen, das Ganze als übergriffiges Missverständnis zu inszenieren: Einvernehmlicher Sex zwischen Erwachsenen – nur mit ein bisschen Kokain und einer Prise wirtschaftlicher Erpressung.
Aber was lernen wir daraus? Vielleicht, dass in einer Branche, die gerne von Empowerment spricht, nicht selten Machtmissbrauch mit einem Designeranzug kaschiert wird. Und dass es kein Zufall ist, wenn immer wieder die gleichen Männer im Rampenlicht stehen – und dieselben Frauen darunter leiden.
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