Im Jahr 2045 ist alles besser. Nein, wirklich. Alles. Versprochen. Nachdem Klimawandel, Kriege, politische Spannung und die tägliche Apokalypse zum Frühstück uns jahrelang gequält haben, ist endlich die Erlösung eingetreten – pünktlich zur letzten Staffel „Demokratie – Das Experiment“.
Heute lebt Deutschland in einer postironischen Wohlfühl-Utopie, die aussieht wie ein Instagram-Filter auf Baldrian. Wo früher noch SUVs röhrend um den Parkplatz kreisten, stehen jetzt Bäume. Echte. Mit Blättern. Dächer sind nicht mehr nur zum Drüberschauen da, sie sammeln Regenwasser, beherbergen Bienenvölker und produzieren Hafermilch. Fußgängerzonen wurden zurückerobert – von echten Fußgängern. Fahrräder sind sexy. E-Scooter sind im Museum. Und Gemeinschaftsgärten sprießen wie Netflix-Serien: überproduziert, aber irgendwie nett.
Die Landwirtschaft hat sich ebenfalls gewandelt – von „Schnitzel aus der Massentierhaltung“ zu „Hildegard, die glückliche Sau von nebenan“. Statt Glyphosat regiert jetzt die Permakultur, und auf dem Wochenmarkt gibt’s neben Mangold auch den neuesten Dorftratsch. In Kantinen kocht Oma Brigitte regional, saisonal und mit einem Touch Räuchersalz aus nachhaltiger Salzmine.
„Nachhaltigkeit“ wurde nicht nur neu gedacht, sondern direkt ins Grundgesetz tätowiert. Wer CO₂ ausstößt, muss es danach persönlich mit einem Trinkhalm wieder einsaugen. Gebäude heilen jetzt von selbst. Produkte zerfallen biologisch in Applaus. Und wer einen Coffee-to-go-Becher nutzt, wird liebevoll, aber bestimmt in einen Kreis von Gemeinwohlräten einbestellt.
Die Bildung? Ein Traum aus Achtsamkeit und Origami. Kinder lernen, wie man Bäume umarmt, Startup-Pitches hält und gleichzeitig ein 3-Gänge-Menü aus Fallobst zaubert. Lehrer*innen sind Coaches mit Zen-Glocken. Und im Sportunterricht wird meditiert. Arbeit ist freiwillig, sinnvoll und natürlich flexibel – allerdings nur zwischen 10 und 13 Uhr.
Banken vergeben inzwischen nur noch Kredite an Projekte mit mindestens drei Chakren im Gleichgewicht, und Konzerne heißen „Kollektive Wertschöpfungseinheiten“. Gewinne werden natürlich nicht mehr gehortet, sondern in Regenbogenrutschen, soziale Projekte oder das örtliche Repair-Café reinvestiert.
Der Mensch selbst ist endlich angekommen – bei sich, in der Natur, auf Bambusmatten. Gelassenheit ist das neue Wachstum. Angst wird ausschließlich für Escape Rooms verwendet. Wer nicht weiß, wohin mit seinen Sorgen, bringt sie in den „Transformationsraum für destruktive Energien“ (ehemals Finanzamt).
2045 ist also kein Paradies – dafür fehlen noch die fliegenden Fahrräder und eine Regierung ohne Lobbyisten. Aber immerhin ist es ein Ort, an dem Hoffnung nicht mehr als naiv gilt, sondern als gesellschaftliches Zahlungsmittel.
Und falls du jetzt denkst, das sei zu schön, um wahr zu sein: Keine Sorge. Es gibt immer noch WLAN-Ausfälle.
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