Noch vor wenigen Tagen herrschte bei den US-Demokraten ausgelassene Stimmung: Wahlsiege in mehreren Bundesstaaten schienen der Partei neuen Rückenwind zu geben. Doch dieser Optimismus ist bereits verflogen – ausgerechnet durch einen parteiinternen Haushaltsdeal, der den längsten Regierungsstillstand in der US-Geschichte beenden sollte.
Der Kompromiss, den eine Gruppe moderater demokratischer Senatoren gemeinsam mit Republikanern ausgehandelt hatte, brachte zwar einige kurzfristige Erleichterungen – darunter die Rückkehr entlassener Bundesbediensteter und eine Aufstockung der Lebensmittelförderung. Doch zentrale Forderungen der Demokraten, etwa die Verlängerung auslaufender Obamacare-Subventionen, wurden auf ein späteres Votum vertagt – ohne Garantien.
Für viele progressive Stimmen innerhalb der Partei ist das ein Verrat.
„Das war politische Fahrlässigkeit“, erklärte Mikie Sherrill, frisch gewählte Gouverneurin von New Jersey.
Der linke Abgeordnete Zohran Mamdani ging noch weiter und sagte, der Deal würde die „Krise der Unbezahlbarkeit“ in den USA nur verschärfen. Auch das progressive Jugendbündnis NextGen America meldete sich zu Wort und sprach von einer „Kapitulation vor Trump und den Republikanern“, die zeige, „warum junge Menschen dem Partei-Establishment nicht vertrauen“.
Aufstand gegen die Parteiführung
Obwohl Chuck Schumer, Fraktionschef der Demokraten im Senat, selbst gegen das Gesetz stimmte, trifft ihn nun ein Großteil der Kritik. Für viele Aktivisten sei Schumer letztlich verantwortlich – weil er seine Fraktion nicht zusammenhalten konnte.
„Das ist keine Führung, das ist Inkompetenz“, urteilte Joseph Geevarghese von der Organisation Our Revolution.
Innerhalb weniger Stunden forderten mehrere Stimmen aus der Partei seinen Rücktritt. Abgeordneter Ro Khanna etwa schrieb auf X (vormals Twitter):
„Wenn du nicht in der Lage bist, den Kampf gegen steigende Gesundheitskosten zu führen, wofür willst du dann kämpfen?“
Zerrissene Partei – vor den Augen der Öffentlichkeit
Besonders umstritten: Fünf Senatoren, die nicht mehr zur Wahl antreten, stimmten für das Gesetz – darunter Dick Durbin (Illinois) und Jeanne Shaheen (New Hampshire). Kritiker fragen sich, warum ausgerechnet Aussteiger über das Schicksal der Partei entscheiden sollten.
Ex-Transportminister und potenzieller Präsidentschaftskandidat Pete Buttigieg nannte das Ergebnis schlicht „einen schlechten Deal“. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom urteilte: „pathetisch“.
Auch das progressive Netzwerk Voters of Tomorrow zeigte sich empört:
„Junge Menschen wollen keine Anführer, die beim ersten Gegenwind einknicken. Unterstützung muss man sich jeden Tag neu verdienen.“
Fazit: Die Krise ist nicht vorbei – sie hat nur das Spielfeld gewechselt
Zwar endet der Regierungsstillstand, doch der Preis dafür ist ein offener Machtkampf innerhalb der Demokraten – zwischen moderaten Realpolitikern und progressiven Kräften, die mehr Rückgrat und Kampfbereitschaft fordern. Die Unruhe ist groß. Die politische Spaltung innerhalb der Partei – deutlich größer. Und das Vertrauen der Basis – fragiler denn je.
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