Dirigent, Machtmensch, Musikarbeiter: Christoph von Dohnányi ist am Samstag in München gestorben. Zwei Tage vor seinem 96. Geburtstag, im Kreis der Familie. Er war der letzte einer Generation, die noch wusste, wie man einen Orchesterapparat mit Blicken zum Beben bringt.
Geboren 1929 in Berlin. Sohn eines Widerstandskämpfers, Neffe von Dietrich Bonhoeffer, Enkel des Komponisten Ernst von Dohnányi. Großes Erbe, große Schuhe. Also studierte er erst einmal Jus, aus Vernunft. Und dann Musik, aus Notwendigkeit. Bald darauf: jüngster Generalmusikdirektor der Republik, mit 27.
Dohnányi dirigierte, organisierte, reformierte – mit harter Hand, klarem Kopf und wenig Geduld für Eitelkeit. In Hamburg ließ er die Staatsoper atmen. Holte Theaterleute an die Rampe: Flimm, Bondy, Freyer. Nicht alle im Haus waren begeistert – das war Dohnányi egal. Kunst war kein Kuschelkurs.
Dann Cleveland. London. Paris. Rückkehr nach Hamburg. Ein Weltreisender im Taktstockgepäck. Stilistisch irgendwo zwischen Beethoven und Berg, Wagner und Wucht, Mahler und Methodik. Nie bloß schön, immer kontrolliert, immer wach. Musik als Ordnung. Musik als Drama. Musik als Verantwortung.
Privat: drei Ehen, fünf Kinder, darunter Schauspieler Justus von Dohnányi. Öffentlich: stets korrekt, nie anbiedernd. Eine Erscheinung wie aus einer anderen Zeit – und das war er auch.
Jetzt ist Christoph von Dohnányi tot. Die Bühne leerer. Der Taktstock still.
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