Chinas Wirtschaft wuchs im vierten Quartal 2024 stärker als erwartet, wie offizielle Daten am Freitag zeigten. Doch während sich das Land über diesen unerwarteten Konjunkturaufschwung freuen kann, steht es bereits vor der nächsten Herausforderung: Die Regierung in Peking rechnet mit neuen Strafzöllen durch den designierten US-Präsidenten Donald Trump, der nächste Woche sein Amt antritt.
Starkes Wachstum durch Exportboom – Trump droht mit höheren Zöllen
Ein großer Teil des chinesischen Wachstums wurde durch starke Exporte angetrieben. Dies führte zu einem Rekord-Handelsüberschuss von fast einer Billion US-Dollar im Jahr 2024. Doch genau dieser Erfolg dürfte Trump ein Dorn im Auge sein. Er hat bereits angekündigt, die Zölle auf chinesische Waren um 10 % über die bestehenden Sätze hinaus zu erhöhen, solange China nicht den Zufluss illegaler Drogen in die USA stoppt. Während des Wahlkampfs hatte er sogar mit Zöllen von über 60 % auf alle chinesischen Importe gedroht.
BIP-Wachstum übertrifft Erwartungen
Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen legte Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal um 5,4 % zu – deutlich mehr als die von Reuters befragten Ökonomen erwartet hatten (5,0 %) und ein Anstieg gegenüber den 4,6 % des Vorquartals. Auch für das gesamte Jahr 2024 fiel das Wachstum mit 5,0 % leicht höher aus als die vorhergesagten 4,9 %.
Analysten von Goldman Sachs betonten, dass sowohl das Quartalswachstum als auch die Industrieproduktion die Erwartungen „deutlich übertroffen“ hätten. Dennoch erwarten sie, dass sich das Wachstum 2025 auf 4,5 % verlangsamt. Sie führen dies auf die negativen Auswirkungen höherer US-Zölle zurück, die die wirtschaftlichen Impulse aus Pekings lockereren Geldpolitik und Konjunkturprogrammen möglicherweise überkompensieren könnten.
Konjunkturpaket stützt Wirtschaft – mit Geld für alles, sogar für Reiskocher
Der unerwartete Aufschwung ist vor allem auf das im September 2024 angekündigte riesige Konjunkturpaket zurückzuführen. Die Regierung setzte dabei insbesondere auf geldpolitische Maßnahmen:
🔹 Ein 10-Billionen-Yuan-Programm (ca. 1,4 Billionen Dollar), um die hochverschuldeten lokalen Regierungen zu unterstützen
🔹 Zinssenkungen zur Ankurbelung von Krediten und Investitionen
🔹 Eine „Cash-for-Clunkers“-Initiative, die Haushalte finanziell dabei unterstützt, alte Haushaltsgeräte – darunter sogar Reiskocher – gegen neue auszutauschen
Überraschung: Chinas Geburtenrate steigt – wenn auch nur ein wenig
Neben dem Wirtschaftsbericht veröffentlichte das Nationale Statistikbüro (NBS) auch demografische Daten, die eine unerwartete Zunahme der Geburtenrate zeigen. Im Jahr 2024 kamen 9,54 Millionen Babys zur Welt – über 500.000 mehr als im Jahr zuvor. Die Geburtenrate stieg von 6,39 auf 6,77 Neugeborene pro 1.000 Einwohner.
Dieser Anstieg ist bemerkenswert, da China seit 2017 mit rückläufigen Geburtenzahlen kämpft. Die Regierung hatte zuletzt zahlreiche Maßnahmen eingeführt, um junge Menschen zur Familiengründung zu ermutigen:
✔ Längere Elternzeiten
✔ Finanzielle Anreize für Familien
✔ Bessere Kinderbetreuungsangebote
Ein weiterer Faktor könnte das Jahr des Drachen gewesen sein, das laut chinesischer Tradition als besonders glückverheißend für Geburten gilt.
Demografische Probleme bleiben – China schrumpft weiter
Trotz des kleinen Baby-Booms schrumpfte Chinas Gesamtbevölkerung weiter – um 1,39 Millionen auf 1,408 Milliarden Menschen. Dies setzt den Rückgang fort, der bereits 2022 begann und dazu führte, dass China seinen Status als bevölkerungsreichste Nation an Indien verlor.
Noch besorgniserregender für die Wirtschaft ist die sinkende Zahl der Erwerbstätigen: Die Bevölkerungsgruppe im Alter zwischen 16 und 59 Jahren schrumpfte um 6,83 Millionen. Gleichzeitig wuchs der Anteil der über 60-Jährigen, die nun 22 % der Gesamtbevölkerung ausmachen.
Das Land steht damit vor enormen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen: Die schrumpfende Arbeitskraft muss wachsende Gesundheits- und Rentenkosten finanzieren, während die Wirtschaft weiter wachsen soll.
Politik trifft auf Realität: Junge Chinesen bleiben skeptisch
China hatte in den letzten Jahren mehrere strategische Kehrtwenden bei der Familienpolitik vollzogen. Nach dem Ende der Ein-Kind-Politik (2015) erlaubte die Regierung zunächst zwei Kinder, bevor sie 2021 sogar drei Kinder pro Familie zuließ. Doch trotz aller Bemühungen sank die Geburtenrate weiterhin.
Die Regierung propagiert mittlerweile eine „neue Heirats- und Geburtskultur“, bei der junge Menschen früher heiraten und Kinder bekommen sollen. Doch viele junge Chinesen zeigen sich unbeeindruckt:
🔹 Steigende Lebenshaltungskosten, besonders für Wohnen und Bildung
🔹 Hohe Jugendarbeitslosigkeit
🔹 Fehlende soziale Absicherung für Familien
Viele junge Menschen verschieben Hochzeit und Kinderwunsch – oder verzichten ganz darauf. Ein wachsender Trend ist es, sich stattdessen ganz auf die eigene Karriere oder persönliche Freiheit zu konzentrieren.
Fazit: Wirtschaftliche Stärke trifft auf politische Herausforderungen
China startete 2024 mit einem wirtschaftlichen Überraschungserfolg, doch die kommenden Monate könnten holprig werden. Die neuen US-Zölle unter Trump 2.0 könnten den Exportboom ausbremsen, während die demografischen Probleme langfristig die Wirtschaft belasten.
Die Regierung in Peking steht somit vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss einerseits den Handelskonflikt mit den USA bewältigen und andererseits ihre eigene Bevölkerung davon überzeugen, dass Heiraten und Kinderkriegen wieder „in“ ist“ – eine echte Mammutaufgabe für das Jahr des Drachen
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