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China in der Kritik: Zweifel an der Wirksamkeit generischer Medikamente lösen öffentliche Empörung aus

Charlottees (CC0), Pixabay
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In China wächst die öffentliche Unzufriedenheit über die Qualität von Generika, die in staatlichen Krankenhäusern verschrieben werden. Ärzte schlagen Alarm: Die Politik der kostengünstigen Medikamentenbeschaffung führe dazu, dass Einsparungen über die Sicherheit der Patienten gestellt werden.

Die Regierung wies die Kritik zurück und erklärte, dass die Wirksamkeit der Medikamente lediglich eine Frage der Wahrnehmung sei. Laut offiziellen Stellungnahmen seien Berichte über ineffektive Arzneimittel „meist anekdotisch und subjektiv“. Doch die Aussagen der Behörden haben die Besorgnis der Öffentlichkeit nicht beruhigt. Vielmehr hat sich das Vertrauen in die generischen Medikamente der öffentlichen Krankenhäuser und Apotheken weiter verschlechtert – ein Problem für ein Gesundheitssystem, das ohnehin unter dem Druck einer alternden Bevölkerung steht.

Wie die Debatte begann: Ärzte schlagen Alarm

Die Kontroverse um die Wirksamkeit generischer Medikamente nahm im Dezember Fahrt auf, als die chinesischen Behörden bekannt gaben, welche Unternehmen neue Lieferverträge mit den staatlichen Krankenhäusern erhalten hatten. Fast alle Auftragnehmer waren chinesische Generikahersteller.

Im Januar eskalierte die Debatte, als der Shanghaier Arzt Zheng Minhua in einem Video-Interview massive Kritik am Medikamentenbeschaffungssystem äußerte. Seine drastischen Beispiele gingen viral:

  • Antibiotika, die nicht wirken und Allergien auslösen
  • Blutdrucksenker, die den Blutdruck nicht senken
  • Anästhetika, die Patienten nicht schlafen lassen
  • Abführmittel, die den Darm nicht entleeren

Dr. Zhengs Worte fanden rasch eine breite Anhängerschaft in den sozialen Medien, wurden aber schnell von Chinas Zensurmaßnahmen getroffen. Dennoch berichteten zahlreiche Menschen über ähnliche Erfahrungen mit angeblich minderwertigen Medikamenten.

Ein Weibo-Nutzer beschrieb seine Erfahrung mit Abführmitteln vor einer Darmoperation: „Selbst eine doppelte Dosis hatte keine Wirkung – ich musste auf Kaffee zurückgreifen, um meinen Darm zu entleeren.“

Eine andere Nutzerin schrieb auf Xiaohongshu (Chinas Version von Instagram): „Sobald mir mein Arzt eine generische Version eines Antibiotikums verschrieben hatte, habe ich sofort das Original-Medikament online gekauft, weil das Generikum einfach anders schmeckte.“

Wie funktioniert Chinas Medikamentenbeschaffungssystem?

Seit 2018 nutzt China ein zentrales Beschaffungssystem für Medikamente, um die staatlichen Gesundheitsausgaben zu senken. Dabei vergeben die lokalen Regierungen Ausschreibungen für etwa 70 % der Arzneimittel, die in staatlichen Krankenhäusern benötigt werden.

Um einen lukrativen Auftrag zu gewinnen, konkurrieren Pharmaunternehmen mit den niedrigsten Preisen. Das gibt einheimischen Generikaherstellern einen klaren Vorteil:

Gleiche Wirkstoffe wie Markenmedikamente
Deutlich günstiger, da keine Kosten für Forschung & Entwicklung
Massive Einsparungen für den Staat (über 50 Milliarden Dollar in fünf Jahren)

Allerdings hat dieses System zu einem Preisdumping geführt. Ein Beispiel:

📉 Im Dezember 2024 gewann ein Unternehmen eine Ausschreibung für Aspirin-Tabletten – mit einem Preis von weniger als einem Cent pro Stück!

Viele Chinesen fragten sich daraufhin in den sozialen Medien: „Sind Tabletten, die weniger als ein Cent kosten, überhaupt noch sicher?“

Laut Experten kann das aggressive Preisdumping dazu führen, dass Hersteller bei der Qualität sparen, indem sie minderwertige oder fehlerhafte Inhaltsstoffe verwenden.

Kritik von Ärzten und Wissenschaftlern

Ein Zusammenschluss von 20 Ärzten – darunter auch Dr. Zheng – reichte im Januar einen offiziellen Beschwerdebericht bei den Behörden von Shanghai ein. Darin heißt es:

„Es gibt weit verbreitete Bedenken in der Branche, dass die Preise zu niedrig sind. Das zwingt skrupellose Unternehmen, an der Qualität zu sparen, was die Wirksamkeit der Medikamente beeinträchtigt.“

„Ärzte sind machtlos, weil sie keine Wahl haben und es keinen Mechanismus gibt, um Feedback zu geben.“

Zudem tauchten Zweifel an der wissenschaftlichen Überprüfung der Generika auf. Der Arzt Xia Zhimin aus Hangzhou veröffentlichte einen Artikel, in dem er Datenanalysen zu Medikamententests untersuchte. Sein beunruhigender Befund:

🔍 Die Testergebnisse mancher Generika waren IDENTISCH mit denen der Original-Medikamente – eine Auffälligkeit, die auf Betrug hindeuten könnte.

Die zuständige Arzneimittelbehörde wies den Verdacht als „redaktionellen Fehler“ zurück. Kurz darauf wurde Dr. Xias Artikel aus dem Internet entfernt.

Ein Gesundheitssystem am Limit

Die Medikamentendebatte fällt in eine Zeit, in der Chinas Gesundheitssystem ohnehin vor enormen Herausforderungen steht:

📈 Die Gesundheitsausgaben sind in 20 Jahren um das 20-fache gestiegen (9 Billionen Yuan / 1,25 Billionen Dollar im Jahr 2023).
Rasante Überalterung der Gesellschaft – immer mehr Patienten, aber weniger finanzielle Ressourcen.
Finanzkrise der Krankenkassen – Provinzen, die früher von Landverkäufen profitierten, kämpfen nun mit Defiziten.
Wachsendes Misstrauen in das Gesundheitssystem – zunehmende Gewalt gegen medizinisches Personal.

Experten warnen, dass das Sparprogramm der Regierung zwar kurzfristig Geld spart, langfristig jedoch die Gesundheitsversorgung gefährdet.

Behörden reagieren – doch reicht das?

Die Regierung kann die öffentliche Empörung nicht länger ignorieren. Die Nationale Gesundheitsbehörde erklärte am 19. Januar:

💬 „Wir nehmen die Sicherheitsbedenken sehr ernst und werden das Medikamentenbeschaffungssystem überprüfen.“

Staatliche Medien räumen ein, dass es große Qualitätsunterschiede zwischen den Herstellern gibt und die Kontrollen verbessert werden müssten.

Doch Kritiker warnen, dass bloße Versprechungen nicht ausreichen. Ein Weibo-Nutzer brachte es auf den Punkt:

📢 „Die Einsparungen durch billigere Medikamente sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein – doch wenn wir fehlerhafte Medikamente schlucken, ist das wie ‚Gift trinken, um Durst zu löschen‘.“

Fazit: Sparen auf Kosten der Gesundheit?

Der Konflikt um Chinas Generika ist mehr als eine Debatte um Medikamentenpreise – es geht um die Zukunft der Gesundheitsversorgung eines Landes mit über 1,4 Milliarden Menschen.

Auf der einen Seite: Die Regierung will Gesundheitskosten senken und argumentiert, dass Generika genauso wirksam sind wie Markenmedikamente.

Auf der anderen Seite: Patienten und Ärzte berichten über unwirksame oder fragwürdige Medikamente und befürchten, dass die Qualität für Einsparungen geopfert wird.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Regierung bereit ist, ihr Gesundheitssystem grundlegend zu reformieren – oder ob das Vertrauen in Chinas Arzneimittelversorgung weiter schwindet.

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