Mit einem neuen Antrag an den Deutschen Bundestag fordert die CDU/CSU-Fraktion ein drastisches Vorgehen gegen illegale Migration und eine Verschärfung des Aufenthaltsrechts. Der Vorstoß, der auf fünf zentrale Maßnahmen setzt, kommt im Zuge der tödlichen Messerattacke von Aschaffenburg, die bundesweit für Entsetzen sorgte. Doch der Antrag wirft kritische Fragen auf: Ist diese Politik tatsächlich eine Lösung für bestehende Probleme oder handelt es sich um eine populistische Reaktion auf gesellschaftliche Ängste?
Eine neue „Normalität“ der Gewalt? Ein politisch aufgeladener Antrag
Der Antrag stellt fest, dass sich die Messerattacke von Aschaffenburg in eine Reihe gewaltsamer Vorfälle einfüge, darunter der Anschlag von Mannheim und der Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Die CDU/CSU argumentiert, dass dies eine „neue Dimension der Gewalt“ sei, die Deutschland zunehmend erschüttere.
Diese Formulierung ist jedoch problematisch:
- Steigende Kriminalität durch Migranten? Statistiken zeigen, dass die Kriminalitätsrate unter Migranten nicht generell höher ist als in der Gesamtbevölkerung – auch wenn bestimmte Gruppen überproportional in Polizeistatistiken auftauchen.
- Einzelfälle oder systemisches Problem? Der Antrag suggeriert, dass Deutschland eine zunehmende Welle migrantischer Gewalt erlebt. Tatsächlich sind schwere Gewalttaten nicht ausschließlich auf Migranten zurückzuführen, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
Hier wird eine dramatische Rhetorik verwendet, die das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung beeinflussen soll. Die CDU/CSU positioniert sich damit klar gegen die migrationsfreundlichere Politik der Ampel-Regierung – doch liefert der Antrag wirklich praktikable Lösungen?
Grenzschließungen, Massenabschiebungen und Haft: Die Forderungen im Detail
Die CDU/CSU schlägt fünf zentrale Maßnahmen vor:
- Dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarstaaten
→ Dies widerspricht dem Schengen-Abkommen, das die Reisefreiheit innerhalb der EU gewährleistet. Grenzkontrollen sind nur in Ausnahmefällen möglich und könnten die europäische Zusammenarbeit belasten. - Ausnahmslose Zurückweisung illegaler Einreisen
→ Menschen, die ohne gültige Papiere einreisen, sollen konsequent abgewiesen werden – selbst wenn sie einen Asylantrag stellen möchten. Dies widerspricht dem Grundrecht auf Asyl (Artikel 16a GG) und internationalen Abkommen wie der Genfer Flüchtlingskonvention. - Verhaftung aller ausreisepflichtigen Personen
→ Die CDU/CSU fordert, dass alle ausreisepflichtigen Migranten in Haft genommen werden. Dies würde bedeuten, dass Tausende Menschen – darunter auch Familien – ohne Straftatbestand in Gewahrsam genommen werden. - Mehr Unterstützung für Länder bei Abschiebungen
→ Die Zahl der Abschiebungen soll massiv erhöht werden. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien sollen wieder aufgenommen werden – obwohl diese Länder als extrem unsicher gelten. - Unbefristeter „Ausreisearrest“ für Straftäter und Gefährder
→ Straftäter sollen auf unbestimmte Zeit inhaftiert werden, bis eine Abschiebung möglich ist. Dies könnte gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen und wird von Menschenrechtsorganisationen kritisch gesehen.
Politisches Kalkül: Kampf gegen Migration oder gegen die AfD?
Ein bemerkenswerter Abschnitt des Antrags widmet sich der AfD. Die CDU/CSU argumentiert, dass eine konsequente Migrationspolitik Populisten den Boden entziehen würde. Damit stellt sich die Partei klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD und grenzt sich von deren radikalerem Kurs ab.
Doch hier zeigt sich ein Widerspruch:
- Die CDU/CSU übernimmt zentrale Forderungen der AfD, etwa die harte Abschottung der Grenzen und die drastische Verschärfung des Aufenthaltsrechts.
- Durch die starke Fokussierung auf Migration wird die AfD-Thematik weiter in den Vordergrund gerückt – was die Debatte weiter anheizt.
Statt sich inhaltlich von der AfD zu distanzieren, wirkt es, als wolle die CDU/CSU deren Wähler durch eigene, nur leicht abgeschwächte Forderungen ansprechen.
Fazit: Ein Antrag mit rechtlichen, moralischen und politischen Fallstricken
Die CDU/CSU nutzt die schreckliche Tat von Aschaffenburg als Ausgangspunkt für weitreichende Forderungen – doch der Antrag hat gravierende Schwächen:
- Rechtliche Probleme: Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen würden gegen Grundrechte, europäisches Recht und internationale Abkommen verstoßen.
- Symbolpolitik statt Lösungen: Der Antrag setzt auf Abschreckung und Härte, bietet aber keine langfristigen Lösungen für eine geordnete Migrationspolitik.
- Politische Strategie: Die CDU/CSU positioniert sich gegen die AfD, übernimmt aber dennoch deren Narrative – ein gefährlicher Drahtseilakt.
Es bleibt fraglich, ob diese Vorschläge wirklich zur Sicherheit Deutschlands beitragen oder ob sie vor allem als politisches Signal an verunsicherte Wähler gedacht sind. Klar ist: Eine differenzierte, lösungsorientierte Debatte über Migration bleibt weiterhin aus.
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