Eine Bundesrichterin im nördlichen Bezirk von Illinois hat am 16. Oktober angeordnet, dass Einwanderungsbeamte der US-Behörde ICE im Raum Chicago künftig Körperkameras tragen müssen. Die Entscheidung von Richterin Sara L. Ellis folgt auf Berichte über Zusammenstöße zwischen Bundesbeamten und Demonstrierenden im Südosten der Stadt, bei denen Tränengas und andere chemische Waffen eingesetzt wurden.
Bereits am 9. Oktober hatte Ellis per einstweiliger Verfügung den Einsatz nicht-tödlicher Waffen durch Bundesbeamte eingeschränkt. Dennoch kam es in den Tagen danach zu weiteren Vorfällen.
„Ich bin zutiefst besorgt über das, was sich in der letzten Woche abgespielt hat“, sagte Ellis laut Chicago Sun-Times. „Ich lebe in Chicago – falls das noch niemand bemerkt hat. Und ich bin nicht blind. Ich bekomme Nachrichten mit.“
Proteste gegen Trumps „Operation Midway Blitz“
Die Gerichtsentscheidung erfolgt vor dem Hintergrund von Präsident Donald Trumps umstrittener Operation „Midway Blitz“, einer verschärften Einwanderungskampagne im Großraum Chicago. Ziel laut Regierung: Schwerstkriminelle Migranten aufgreifen. Doch Kritiker werfen den Behörden vor, dabei auch Unschuldige zu drangsalieren und die Lebensrealität vieler Menschen in der Region massiv zu beeinträchtigen.
Richterin Ellis wollte mit ihrer Verfügung die Situation entschärfen. Sie forderte, dass Beamte Protestierende künftig vor dem Einsatz chemischer Mittel warnen müssen. Doch Bilder aus der South Side, die u. a. vom Büro des Gouverneurs JB Pritzker verbreitet wurden, zeigen bewaffnete Beamte, die mit nicht-tödlichen Waffen auf unbewaffnete Jugendliche zielen.
Scharfe Kritik an Homeland Security
Tricia McLaughlin, Sprecherin des US-Heimatschutzministeriums, verteidigte das Vorgehen der Beamten und bezeichnete einen der abgebildeten jungen Männer als „Gewalttäter“, der zusammen mit seinem Cousin Steine auf die Polizei geworfen habe. Das abgebildete Gerät sei ein 40-mm-Werfer für Gummigeschosse.
Richterin Ellis forderte einen hochrangigen Vertreter*in des Heimatschutzministeriums auf, am 20. Oktober persönlich vor Gericht zu erscheinen, um sich zur Lage zu äußern.
Ist die Bodycam-Anordnung verfassungsgemäß?
Das Ministerium kritisierte die Anordnung scharf und bezeichnete sie als „nicht verfassungsgemäß“. Man habe bereits in mehreren Regionen Bodycams eingeführt, allerdings nur bei vorher geplanten Einsätzen und abhängig von vorhandener Ausrüstung und finanziellen Mitteln. Ob die Kameras in Chicago konkret im Einsatz waren, blieb unbeantwortet.
Ursprung der Klage: Gewalt gegen Geistliche und Presse
Ellis’ Anordnung basiert auf einer Klage von Geistlichen, Demonstrierenden und Journalistinnen, die den unverhältnismäßigen Einsatz von chemischen Waffen vor einer ICE-Einrichtung in den Vororten Chicagos beklagen. Die Klägerinnen berichten von Angriffen ohne Vorwarnung, darunter ein dokumentierter Vorfall, bei dem Pastor David Black mit einem Pfefferball am Kopf getroffen wurde.
Richterin Ellis bezeichnete den Vorfall in Gerichtsunterlagen als „unangemessene Gewaltanwendung“ und „nicht provozierten Angriff“.
Weitere Auflagen für ICE-Agenten
Bereits in der ursprünglichen Verfügung vom 9. Oktober hatte Ellis angeordnet, dass ICE-Beamte künftig klar identifizierbar sein müssen – eine Maßnahme, die besonders in einer Stadt von Bedeutung ist, in der maskierte Männer wiederholt Menschen festgenommen haben.
Zudem müssen zwei Warnungen erfolgen, bevor chemische Waffen eingesetzt werden dürfen.
Ellis betonte, dass ihre Anordnung die Beamten lediglich dazu verpflichte, sich an bestehende Vorschriften zur Deeskalation und an die Verfassung zu halten.
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