Was für ein bahnbrechender Fortschritt in der Hauptstadt! Nach nur knapp einem Jahrzehnt erbitterter juristischer Scharmützel darf Berlin ganze 1.100 Ferienwohnungen wieder ganz bescheiden ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden: dem Wohnen. Also diesem neumodischen Konzept, bei dem Menschen Räume dauerhaft nutzen, um nicht im Zelt zu schlafen.
Das Oberverwaltungsgericht hatte Anfang 2024 den kühnen Gedanken gefasst, dass selbst Ferienapartments, die schon vor dem sogenannten Zweckentfremdungsgesetz existierten, vielleicht – man halte sich fest – nicht legal seien. Ein mutiger Schritt gegen das internationale Grundrecht auf Airbnb-Goldgräbertum.
Rund 300 Wohnungen wurden laut rbb schon zurückgeführt. In Berlin bedeutet das: Man hat ein paar Schlüssel umgedreht, vielleicht. Und wo? Natürlich in Mitte und Tempelhof-Schöneberg – also dort, wo die Miete auch dann noch unbezahlbar ist, wenn der Vermieter plötzlich wieder „Privatperson“ heißt.
Seit 2016 wurden übrigens mehr als 13.500 Verfahren wegen illegaler Ferienwohnungsnutzung eingeleitet – klingt beeindruckend. Und mehr als 8.100 Wohnungen wurden unter sanftem Druck der Bezirksämter wieder in die Normalität entlassen. Aber natürlich nur, wenn sie sich gut benommen haben.
Besonders engagiert zeigt sich – Trommelwirbel – Friedrichshain-Kreuzberg, wo man seit 2016 über 2.000 Rückführungen feiern darf. Laut Bezirksamt ein Zeichen dafür, wie „wirksam“ die Kontrollen seien. Man fragt sich nur, wie viele Jahre Berlin braucht, um auch die restlichen Immobilienhaie daran zu erinnern, dass Wohnraum nicht unbedingt bei Booking.com gelistet werden muss.
Seit 2018 braucht man eine Registriernummer fürs Inserieren – der Gipfel der Bürokratiekreativität. Nur 5.000 Stück wurden bisher vergeben. Offenbar ist das Antragsformular ähnlich einladend wie ein Berliner Wohnungsbesichtigungstermin: lang, frustrierend und mit geringem Erfolg.
Und während Berlin sich weiter damit beschäftigt, herauszufinden, wie viele Wohnungen eigentlich keine Wohnungen mehr sind, vermeldet die Verwaltung stolz 11 Millionen Euro Bußgelder. Davon wurden immerhin 4,2 Millionen tatsächlich eingetrieben. Bravo! Das reicht bestimmt für drei neue Sachbearbeiterstellen – spätestens ab 2028.
Der wohnungspolitische Sprecher der Linken, Niklas Schenker, fordert mehr Personal zur Durchsetzung. Schließlich könne es nicht sein, dass Wohnungen einfach weiter als Ferienquartier dienen, „nur weil man Angst hat, dass sonst weniger Touristen kommen“. Genau – ohne Selfie-WGs in Neukölln bricht ja die Berliner Wirtschaft zusammen.
Fazit: Berlin hat das Problem erkannt, jahrelang gelächelt, dann ein Urteil abgewartet – und jetzt macht man ernst. Also fast. Solange niemand eine Matratze auf dem Flur liegen hat, bleibt alles wie gehabt. Nur mit Registriernummer.
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