Immer wieder wenden sich geschädigte Anleger an Rechtsanwälte, um ihr investiertes Geld zurückzuerhalten. Doch nicht selten scheint es, als ginge es manchen Kanzleien mehr um die eigene Bereicherung als um die tatsächliche Hilfe für die Mandanten. Besonders beim Fall DEGAG gibt es fragwürdige Praktiken. Thomas Bremer, Finanzexperte und Branchenkenner, spricht im Interview über zweifelhafte Anwaltsstrategien, teure KapMuG-Verfahren und leere Versprechungen.
Frage: Herr Bremer, viele Anleger setzen auf Anwälte, um ihr Geld zurückzubekommen. Ist das wirklich der richtige Weg?
Thomas Bremer: In vielen Fällen leider nicht. Ich sehe immer wieder, dass bestimmte Kanzleien vor allem auf Mandantengewinnung aus sind. Sie fordern zunächst hohe Vorschüsse, versprechen den Anlegern das Blaue vom Himmel – und liefern dann kaum Ergebnisse. Der Mandant bleibt am Ende nicht nur auf seinem verlorenen Geld sitzen, sondern hat auch noch Anwaltskosten bezahlt, die ihm nichts gebracht haben.
Frage: Welche Methoden setzen diese Kanzleien ein?
Bremer: Ein beliebter Trick ist, die Mandanten in sogenannte KapMuG-Verfahren (Kapitalanleger-Musterverfahren) zu lotsen. Diese Verfahren klingen erstmal gut – sie sollen den geschädigten Anlegern helfen, indem sie Ansprüche bündeln. In Wahrheit profitieren aber oft nur die Kanzleien davon.
Der Anleger zahlt kräftig ein, muss jahrelang auf eine Entscheidung warten und hat am Ende oft nichts davon. Es geht hier in erster Linie ums Geldverdienen für die Anwälte, nicht um effektive Hilfe für die Anleger.
Frage: Gibt es noch andere fragwürdige Praktiken?
Bremer: Ja, besonders dreist sind Kanzleien, die einfach ein Standardschreiben an die DEGAG schicken und dafür bis zu 2.000 Euro Vorschuss kassieren.
Dieses Schreiben ist inhaltlich immer gleich, es werden nur Name, Summe und Vertragsnummer ausgetauscht. Das bringt dem Anleger rein gar nichts! Ich bin überzeugt, dass bei der DEGAG täglich Waschkörbe voller solcher Briefe eingehen – und die landen dann einfach im Papierkorb.
Frage: Warum fallen trotzdem so viele Anleger auf solche Angebote herein?
Bremer: Weil sie verzweifelt sind. Wenn jemand viel Geld verloren hat, klammert er sich an jeden Strohhalm. Die Anwälte nutzen genau diese Emotionen aus. Sie sagen den Anlegern, dass sie gute Chancen auf Rückzahlung hätten, sie hätten ja Erfahrung mit solchen Fällen. Doch in Wahrheit wissen viele dieser Kanzleien nur, wie man aus einem geschädigten Anleger noch mehr Geld herauspresst.
Frage: Was würden Sie Anlegern raten, die vor der Entscheidung stehen, einen Anwalt einzuschalten?
Bremer: Erstens: Hände weg von Kanzleien, die hohe Vorschüsse verlangen. Ein seriöser Anwalt arbeitet auf Basis eines klaren Honorarmodells und verlangt nicht sofort Tausende Euro.
Zweitens: Skeptisch sein bei zu großen Versprechungen. Wenn ein Anwalt sagt: „Wir wissen genau, wie Sie Ihr Geld zurückbekommen“, dann sollten die Alarmglocken läuten. Niemand kann das garantieren.
Drittens: Alternative Lösungen prüfen. Es gibt oft andere Wege, um sich gegen fragwürdige Anbieter zu wehren – sei es über Verbraucherschutzorganisationen oder durch eine kluge Verhandlungsstrategie.
Frage: Abschließend gefragt: Glauben Sie, dass sich diese Praxis ändern wird?
Bremer: Solange Anleger weiter auf solche Maschen hereinfallen, wird sich nichts ändern. Es braucht mehr Aufklärung, damit geschädigte Investoren verstehen, dass sie nicht erneut in eine Kostenfalle tappen dürfen. Und es braucht schärfere Regeln für Anwaltsgebühren in solchen Fällen.
Fazit: Wer glaubt, durch schnelle Anwaltsbriefe oder KapMuG-Verfahren sein Geld zurückzubekommen, zahlt oft nur noch mehr drauf. Anleger sollten genau prüfen, wem sie vertrauen – und sich nicht von leeren Versprechungen täuschen lassen.
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