In Georgien spitzt sich die politische Lage weiter zu: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen acht Oppositionelle, darunter den derzeit inhaftierten Ex-Präsidenten Michail Saakaschwili, erhoben. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, einen Umsturz der Regierung geplant und dabei Unterstützung aus dem Ausland erhalten zu haben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft richtete sich die angebliche Verschwörung gegen die bestehende Regierung der Partei Georgischer Traum, die seit 2012 an der Macht ist. Beobachter sehen in den neuen Anklagen jedoch vor allem ein Zeichen für den zunehmenden Druck auf oppositionelle Kräfte im Land.
Ein Sprecher eines der größten Oppositionsbündnisse sprach von einem „klaren Versuch, eine Diktatur nach russischem Vorbild zu errichten“ und kündigte an, juristisch wie politisch Widerstand zu leisten. Die Maßnahmen gegen Saakaschwili und seine politischen Weggefährten werden von vielen als Teil einer breiter angelegten Kampagne gesehen, um die Opposition systematisch zu schwächen.
EU-Kommission schlägt Alarm
Die Anklage erfolgt nur wenige Tage, nachdem die EU-Kommission in Brüssel Georgien in ihrem jährlichen Erweiterungsbericht „schwerwiegende demokratische Rückschritte“ bescheinigt hatte. Darin heißt es, das Land sei derzeit „nur noch dem Namen nach ein EU-Beitrittskandidat“.
Brüssel kritisiert unter anderem Einschränkungen der Pressefreiheit, eine politisierte Justiz und die zunehmende Nähe der Regierung zu Russland. Besonders problematisch sei die Haltung der Regierungspartei Georgischer Traum, die die offiziellen EU-Beitrittsgespräche ausgesetzt hat – trotz der erklärten Absicht, weiterhin auf einen Beitritt hinzuarbeiten.
Zwischen Moskau und Brüssel
Die ehemalige Sowjetrepublik mit rund 3,7 Millionen Einwohnern steht damit vor einer Richtungsentscheidung. Seit Jahren schwankt das Land zwischen einer prowestlichen Ausrichtung und engeren wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland.
Unter Präsident Saakaschwili, der von 2004 bis 2012 regierte, hatte Georgien einen klaren Westkurs eingeschlagen, was schließlich zum Krieg mit Russland im Jahr 2008 beitrug. Nach seiner Amtszeit wurde Saakaschwili mehrfach juristisch verfolgt – Kritiker sprechen von politisch motivierten Verfahren.
Saakaschwili weiter in Haft
Der 56-jährige Saakaschwili sitzt seit 2021 im Gefängnis. Ihm wird Amtsmissbrauch während seiner Regierungszeit vorgeworfen. Seine Haftstrafe läuft voraussichtlich bis 2034, doch der Ex-Präsident weist alle Vorwürfe entschieden zurück. Seine Anwälte und Unterstützer berichten zudem von einem schlechten Gesundheitszustand und unzureichender medizinischer Versorgung im Gefängnis.
Mit der neuen Anklage droht Saakaschwili nun eine weitere Eskalation seines Konflikts mit der Regierung. Internationale Beobachter warnen, dass die politischen Spannungen die EU-Beitrittsperspektive Georgiens ernsthaft gefährden könnten.
Ein europäischer Diplomat kommentierte die Entwicklungen mit deutlichen Worten:
„Georgien steht an einem Scheideweg. Die Regierung muss sich entscheiden, ob sie den Weg der Demokratie weitergeht – oder sich endgültig von Europa entfernt.“
Die kommenden Wochen könnten entscheidend sein – sowohl für das politische Schicksal Saakaschwilis als auch für Georgiens Zukunft zwischen Brüssel und Moskau.
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