Mehr als ein Jahr nach dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico hat ein Gericht den Täter zu 21 Jahren Haft verurteilt. Der 72-jährige Hobby-Schriftsteller wurde schuldig gesprochen, im Mai 2024 in der Stadt Handlová ein terroristisches Attentat verübt zu haben.
Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Mann fünf Schüsse auf den Regierungschef abgefeuert, als dieser nach einer Kabinettssitzung mit Bürgern sprach. Fico wurde dabei lebensgefährlich verletzt und musste notoperiert werden. Nur durch eine schnelle medizinische Versorgung konnte sein Leben gerettet werden.
Gericht: Politisch motivierte Tat
Die Richter werteten die Tat als gezielten Angriff auf den Staat und die demokratische Ordnung. Laut der Urteilsbegründung habe der Täter mit seinem Handeln versucht, die Regierung zu destabilisieren und Angst in der Gesellschaft zu verbreiten. Damit erfülle die Tat die rechtlichen Voraussetzungen eines terroristischen Anschlags.
Der Verurteilte hatte gestanden, die Tat aus politischer Wut und persönlicher Frustration begangen zu haben. Er erklärte, er habe den Premier nicht töten, sondern „nur verletzen“ wollen, um ihn an weiterer politischer Arbeit zu hindern. Das Gericht sah darin jedoch keinen mildernden Umstand: Wer mehrmals auf einen Menschen schieße, nehme dessen Tod zumindest billigend in Kauf.
Hintergrund: Politische Spannungen und Spaltung
Der Attentäter war in der Vergangenheit als lautstarker Kritiker der Regierung Fico aufgetreten. Er hatte deren russlandfreundliche Außenpolitik, die Einschränkungen der Medienfreiheit und die Angriffe auf kulturelle Einrichtungen heftig kritisiert. In sozialen Netzwerken veröffentlichte er politische Kommentare und beteiligte sich an regierungskritischen Demonstrationen.
Der Anschlag erschütterte die Slowakei und führte zu einer Welle der Empörung und des Schocks. Zugleich offenbarte die Tat, wie tief politische und gesellschaftliche Gräben in dem Land inzwischen verlaufen. Viele Beobachter sehen in dem Attentat ein Symptom der zunehmenden Radikalisierung und Polarisierung der slowakischen Gesellschaft.
Fico zurück an der Macht – und weiterhin umstritten
Robert Fico, der nach dem Anschlag monatelang rekonvaleszent war, kehrte im Herbst 2024 in sein Amt zurück. Der 60-Jährige regiert seitdem erneut mit einer populistisch-nationalen Agenda, die sich an russlandfreundlichen Positionen orientiert und die Kritik an westlichen Sanktionen gegen Moskau offen teilt.
Internationale Beobachter, darunter auch Vertreter der EU-Kommission, werfen seiner Regierung vor, die Unabhängigkeit der Justiz und die Pressefreiheit zu untergraben. Trotz dieser Vorwürfe ist Fico in weiten Teilen der Bevölkerung weiterhin beliebt – vor allem unter konservativen und älteren Wählern.
Symbol für ein gespaltenes Land
Mit dem Urteil versucht das Gericht, ein klares Zeichen gegen politische Gewalt zu setzen. Der Fall hat die Slowakei nachhaltig verändert – nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich.
„Dieser Prozess war mehr als eine Strafverhandlung“, kommentierte die Tageszeitung Denník N. „Er war ein Spiegel für ein Land, das zwischen Wut, Misstrauen und Angst hin- und hergerissen ist.“
Während die Justiz nun ein Kapitel abschließt, bleibt die politische Atmosphäre in der Slowakei angespannt. Das Attentat auf Fico gilt als einschneidendes Ereignis in der jüngeren Geschichte des Landes – ein Mahnmal dafür, wie gefährlich politische Hetze und Polarisierung werden können, wenn Worte zu Waffen werden.
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