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UN schlägt Alarm: Weltweite Geburtenraten sinken in „beispiellosem Ausmaß“

Mohamed_hassan (CC0), Pixabay
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Die Geburtenraten weltweit befinden sich laut einem neuen Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) in einem dramatischen und noch nie dagewesenen Rückgang. Millionen Menschen weltweit bekommen demnach weniger Kinder, als sie eigentlich möchten – vor allem aus finanziellen Gründen oder wegen fehlender Zeit und Partnerschaftsmöglichkeiten.

„Die Welt hat einen beispiellosen Rückgang der Fruchtbarkeitsraten begonnen“, sagte Dr. Natalia Kanem, Exekutivdirektorin des UNFPA. „Die meisten Menschen wünschen sich zwei oder mehr Kinder – aber viele fühlen sich schlichtweg nicht in der Lage, die Familie zu gründen, die sie sich wünschen. Und genau das ist die eigentliche Krise.“

Weltweite Umfrage: Wunsch und Realität klaffen auseinander

Die Erkenntnisse basieren auf einer UNFPA-Umfrage unter 14.000 Menschen in 14 Ländern – darunter Deutschland, Indien, Südkorea, Schweden, Brasilien, Nigeria und die USA. Diese Länder repräsentieren gemeinsam etwa ein Drittel der Weltbevölkerung.

Die Ergebnisse sind eindeutig:

  • 20 % der Befragten gaben an, weniger Kinder zu haben oder zu erwarten, als sie sich gewünscht hätten.

  • 39 % nannten finanzielle Gründe als Hauptursache – mit besonders hohen Werten in Südkorea (58 %) und besonders niedrigen in Schweden (19 %).

  • Ein weiterer häufiger Grund: Zeitmangel – etwa durch lange Arbeitswege, mangelnde Work-Life-Balance und fehlende Unterstützungsstrukturen.

Selbst Menschen über 50 Jahre äußerten laut Studie häufig, nicht die gewünschte Kinderzahl erreicht zu haben – ein Hinweis auf ein langfristiges und strukturelles Problem.

Beispiel Indien: „Wir konzentrieren uns auf ein Kind“

Die in Mumbai lebende Pharmamitarbeiterin Namrata Nangia beschreibt ein Leben zwischen Arbeit, Pendelstrecke und Elternpflichten. „Wir haben über ein zweites Kind nachgedacht, aber es läuft immer auf die gleiche Frage hinaus: Können wir uns das leisten?“

Trotz doppeltem Einkommen übersteigen die Kosten für Schulbildung, Hobbys und ärztliche Versorgung das Budget. „Wir schicken unsere Tochter zum Schwimmen, zum Malen – all das gehört heute einfach dazu“, sagt sie. Für ein weiteres Kind fehlt Zeit, Geld und Energie.

Wandel bei der UNFPA: Vom Über- zum Unterangebot

Historisch konzentrierte sich die UNFPA vor allem auf Länder mit hohen Geburtenraten und unzureichendem Zugang zu Verhütungsmitteln. Nun jedoch richtet sich der Fokus verstärkt auf das Gegenteil: Länder, in denen die Menschen weniger Kinder haben, als sie sich wünschen.

Die Sorge der UN: Staaten könnten auf sinkende Geburtenraten mit überstürzten oder gar repressiven Maßnahmen reagieren. In der Vergangenheit hätten Länder wie China, Südkorea oder Thailand restriktive Familienplanungsprogramme eingeführt – nur um Jahrzehnte später einen Anstieg der Geburten zu fördern.

„Wir wollen vermeiden, dass Länder panisch oder politisch missbräuchlich reagieren“, warnt Demograf Prof. Stuart Gietel-Basten von der Hong Kong University of Science and Technology. „Es besteht die Gefahr, dass demografische Entwicklungen als Vorwand für nationalistische oder frauenfeindliche Politik dienen.“

Fazit: Mehr als ein demografisches Problem

Die Studie deutet an, dass die sinkende Fruchtbarkeit kein Ausdruck veränderter Werte, sondern vielmehr ein strukturelles Versagen sei – ein Mangel an politischer und wirtschaftlicher Unterstützung für Familien.

„Das eigentliche Problem ist nicht, dass Menschen keine Kinder wollen – sondern, dass sie es sich schlicht nicht leisten können oder keine Rahmenbedingungen finden, um Familie und Beruf zu vereinbaren“, so Dr. Kanem.

Der Bericht ist Teil einer Vorstudie für eine größere globale Erhebung, die später im Jahr in 50 Ländern durchgeführt werden soll.

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