Insolvenz Air Berlin

Die Nachricht von der Insolvenz der Fluglinie Air Berlin ist nicht nur für viele Reisende ein Schock. Mitten in der Urlaubssaison ist die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands zahlungsunfähig geworden. Beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg stellte Air Berlin daher den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Auch andere große Firmen – wie z. B. Grundig, Modehersteller Steilmann, ARO Heimtextilien oder die Einrichtungskette Butlers – haben bereits eindrucksvoll gezeigt, dass nicht nur die kleineren Unternehmen in die Krise geraten können.

Die rechtlichen Grundlagen einer Firmenpleite können daher schnell für jedermann relevant werden. Die juristische Redaktion von anwalt.de klärt deshalb nicht nur was sich hinter der Eigenverwaltung eines Unternehmens im Insolvenzverfahren verbirgt, sondern auch viele weitere wichtige Begriffe und Rechtsfragen rund um die Firmeninsolvenz: Ist das Insolvenzverfahren immer das Ende, was passiert in der Insolvenz eines Unternehmens, welche Rechte haben Arbeitnehmer und welche Regeln gelten für Kündigungen?

Was ist die Firmeninsolvenz und welches Ziel verfolgt das Insolvenzverfahren?

Die Firmeninsolvenz ist das staatlich geordnete Verfahren, das Unternehmen durchlaufen müssen, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Rechnungen zu begleichen. Das klassische Insolvenzverfahren ist darauf gerichtet, die Gläubiger des insolventen Unternehmens gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das gesamte Vermögen veräußert und der Erlös gleichmäßig verteilt wird.

Bei dieser klassischen Form der Insolvenz gibt es keinen Gewinner, sondern lediglich eine große Anzahl an Verlierern: Das Unternehmen verliert seine Existenz, Inhaber ihre Firma, Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz, Lieferanten ihren Kunden und die Gläubiger einen Großteil ihrer Forderungen. Die durchschnittliche Insolvenzquote liegt bei gerade 5 %. Hat also ein Großhändler von Büromaterial dem Unternehmen vor der Insolvenz Druckerpapier für 10.000 Euro verkauft, erhält er gerade mal 500 Euro – ein Bruchteil der noch offenen Rechnung. Durch die letzten großen Reformen des Insolvenzrechts wurden deshalb neue Möglichkeiten in die Insolvenzordnung integriert, mit denen das insolvente Unternehmen möglicherweise erhalten werden kann.

Sanierung statt Beerdigung – welche Alternativen gibt es?

Damit die Insolvenz eines Unternehmens auch eine Chance sein kann, haben unterschiedliche Gesetzesreformen die Verfahrensstrukturen geändert und Alternativen zur klassischen Beendigung geschaffen. Hierzu gehören vor allem die Eigenverwaltung, der Insolvenzplan und das Schutzschirmverfahren.

Eigenverwaltung

Während im klassischen Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter die Herrschaft im Unternehmen übernimmt, bleibt das Unternehmen bei der Eigenverwaltung rechtlich handlungsfähig und kann selbst die erforderlichen Restrukturierungsmaßnahmen auf der Grundlage eines Sanierungskonzepts umsetzen. Um sicherzustellen, dass die Grundsätze der ordnungsgemäßen Geschäftsführung eingehalten werden und kein Vermögen zum Nachteil der Gläubiger verschoben wird, erhält das insolvente Unternehmen jedoch einen Sachwalter zur Seite gestellt.

Insolvenzplan

Der Insolvenzplan ist ein kreatives Instrument, mit dem das Unternehmen die Krise überstehen und weiter existieren soll. Statt die insolvente Firma vom Markt zu nehmen, soll das Insolvenzverfahren hier als Strategie genutzt werden. Diese strategische Insolvenz soll das insolvente Unternehmen – bildlich gesprochen – wie eine Waschstraße von den Schulden reinigen und wieder marktfähig machen. Der Insolvenzplan beschreibt die Ausgangslage und stellt detailliert alle Maßnahmen dar, mit denen das Unternehmen saniert werden soll.

Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren ist ein eigenes Sanierungsverfahren zwischen dem Eröffnungsverfahren und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Schutzschirmverfahren kommt nur bei den beiden Eröffnungsgründen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit in Betracht. Ist die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten, kann es nicht mehr gewählt werden.

Der Schuldner erhält in diesem Verfahren die Möglichkeit, nach Stellung des Eröffnungsantrags selbst einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Hierfür erhält er eine Frist, die maximal drei Monate beträgt. Seinen Namen erhält das Verfahren dadurch, dass das Insolvenzgericht auf Antrag anordnet, die Einzelzwangsvollstreckung einzustellen. So wird über das insolvente Unternehmen für die Dauer des Verfahrens sinnbildlich ein Schutzschirm gespannt. Insolvenzrechtlich zeichnet sich das Schutzschirmverfahren dadurch aus, dass der Entscheidungsspielraum des Insolvenzgerichts stark beschränkt ist, denn es muss bestimmte Maßnahmen (z. B. Einstellen der Einzelvollstreckung) anordnen, wenn diese beantragt werden.

Welche Handlungsoptionen hat der Insolvenzverwalter?

Die Aufgabe des Insolvenzverwalters besteht darin, das vorhandene Vermögen zu prüfen, zu bilanzieren, zu verwalten und für die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu sorgen. Hierzu kann der Insolvenzverwalter drei Wege einschlagen.

Einzelliquidation

Der Insolvenzverwalter kann im Rahmen einer Einzelliquidation alle Vermögensgegenstände einzeln verwerten. Dabei verkauft der Insolvenzverwalter alle zum Schuldner gehörenden Vermögensgegenstände (z. B. Tische, Computer, Maschinen, Fahrzeuge) getrennt voneinander. Parallel dazu kündigt der Insolvenzverwalter alle bestehenden Verträge (Arbeitsverträge, Mietverträge, Lieferantenverträge). Am Ende werden die Gläubiger aus dem Erlös anteilig ausgezahlt und das Unternehmen wird aus dem Handelsregister gelöscht.

Übertragende Sanierung

Im Gegensatz zur Einzelliquidation wird das Unternehmen bei der sog. übertragenden Sanierung nicht in seine Einzelteile zerschlagen, sondern als Ganzes an einen neuen Eigentümer verkauft. Das Unternehmen wird so im Idealfall dadurch saniert, dass es auf einen neuen Eigentümer übertragen wird.

Rettung mit Insolvenzplan

Als Drittes hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, einen Insolvenzplan zu erstellen, der das Unternehmen – wie beschrieben – saniert. Hierbei wird die Firma weder aufgelöst noch verkauft, sondern mit vielfältigen Maßnahmen gerettet. Hierzu gehören z. B. verschiedene Kapitalmaßnahmen, wie etwa die Erhöhung der Einlagen der Gesellschafter (Kapitalerhöhung) oder die Umwandlung von Kreditforderungen in Gesellschaftsanteile oder die Stundung von bzw. der Verzicht auf Forderungen. Aber auch die Entmachtung der derzeitigen Gesellschafter ist möglich.

Prominentes Beispiel für eine solche Gesellschafterentmachtung ist das Suhrkamp-Insolvenzverfahren, das mehrfach vor Gericht landete und schließlich vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden musste (BVerfG, Beschluss v. 18.12. 2014, Az.: 2 BvR 1978/13). Streitpunkt war, dass der im Schutzschirmverfahren erarbeitete Insolvenzplan des traditionsreichen Literaturverlags vorsah, dass die Rechtsform des Verlags von einer GmbH & Co. KG in eine Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt wird. Dadurch verloren die beiden Kommanditisten ihr vorher per Gesellschaftsvertrag bestehendes Veto-Recht.

Was ist das Insolvenzgeld?

In den meisten Insolvenzfällen sind Arbeitnehmer direkt von den Folgen der Zahlungsunfähigkeit betroffen, denn ihr Lohn gehört zu den Rechnungen, die das Unternehmen nicht mehr begleichen kann. Das Insolvenzgeld ist ein Instrument, mit dem den Arbeitnehmern die Sorge genommen wird, während der Eröffnungsphase keinen Lohn mehr zu erhalten. Geregelt ist das Insolvenzgeld im Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III). Arbeitnehmer bekommen danach noch bis zu drei Monate ausstehenden Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber insolvent ist.

Was ist die Insolvenzgeldvorfinanzierung?

Rechtlich entsteht der Anspruch auf Insolvenzgeld erst rückwirkend, wenn das Gericht das Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse ablehnt (Insolvenzereignis). Da Arbeitnehmer aber nicht drei Monate ohne Lohnauszahlung arbeiten können, hat die Praxis die sog. Insolvenzgeldvorfinanzierung entwickelt. Die vorfinanzierende Bank erweitert dabei die Kreditlinie des Unternehmens. Im Gegenzug dazu gibt jeder einzelne Arbeitnehmer eine Erklärung ab, wonach er seinen Anspruch auf Insolvenzgeld an die Bank abtritt. So erhalten Arbeitnehmer ihren Lohn in den letzten drei Monaten weiter ausgezahlt und die Bundesagentur für Arbeit zahlt das Insolvenzgeld nach dem Insolvenzereignis an die Bank aus.

Welche Besonderheiten gelten bei der Kündigung?

Es gibt kein eigenes Insolvenzarbeitsrecht, sondern nur einige vereinzelte Sondervorschriften. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat daher zunächst keine Auswirkungen auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Die Frage nach der Kündigungsmöglichkeit beurteilt sich nach dem gewöhnlichen Arbeitsrecht und muss im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sozial gerechtfertigt sein. Das heißt, dass der Insolvenzverwalter für jede Kündigung einen personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Kündigungsgrund benötigt. Die Schließung des Unternehmens in der Insolvenz stellt jedoch eine betriebliche Entscheidung dar, durch die alle Arbeitsplätze wegfallen. Deshalb liegt bei der insolvenzrechtlichen Schließung eines Unternehmens stets ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Da alle Arbeitsplätze wegfallen, gilt die Besonderheit, dass die sonst übliche Sozialauswahl nicht notwendig ist.

Zudem gilt nach § 113 InsO eine verkürzte Kündigungsfrist, wonach der Insolvenzverwalter mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen kann. Ausführliche Informationen zur Auswirkungen einer Insolvenz auf das Arbeitsverhältnis finden Sie hier.

Fazit: Mit dem Insolvenzantrag ist bei Firmen das letzte Wort noch nicht gesprochen. Je nachdem, welches Verfahren gewählt wird, kann das Unternehmen die Krise auch in der Insolvenz noch meistern und mithilfe der insolvenzrechtlichen Sanierung einen Neubeginn schaffen.

Quelle:juristische Redaktion anwalt.de

2 Comments

  1. gerhart allgaier Dienstag, 22.08.2017 at 12:15 - Reply

    Nun zum Insolvenzverwalter Flöther:

    Flöther hat dasselbe Kaliber wie Dr. Bruno Kübler – beide haben ihren kometenhaften Aufstieg mit der Treuhandanstalt begonnen und wo ist er nun auch noch Professor: In Halle. Ach nein, das darf nicht wahr sein – dieses Halle, das Nest der Korruption, dort wo ein Amtsgerichtspräsident, der zuvor Insolvenzrichter im Westen war, 103.000 EUR für ein Rechtsgutachten entgegengenommen hat von einem Insovenzverwalter, dem er dann für 14 Tage Arbeit ein Honorar von 14,5 Mio. EUR freigezeichnet hat, ganz ehrlich verdientes Geld?

    Wie schon im Kommentar oben ausgeführt:

    Es gibt kein richtiges im falschen Leben. Wer seinerzeit mitten drin gesessen ist, wer heute noch mittendrin sitzt, wen Gläubiger mit allen Mitteln und mit aller Kraft abwählen wollen, wem sie vorwerfen, dass er unerträglich arrogant und nassforsch über Mitarbeiter und Kunden hinweggedüst ist, weil er es nicht nötig hat, sich mit den Mitarbeitern und Gläubigern zu beschäftigen, nachdem er ohnehin wusste, dass beide keine Chance gegen ihn, der ja vom Gericht eingesetzt worden war, wer in dieser Weise alle gegen sich aufgebracht hat, der muss sich jetzt nicht in der FAZ darauf zurückziehen:

    „Als Insolvenzverwalter hat man viele Feinde“ – wenn das Gläubiger sind, dann ist das eine Bankrotterklärung, ungefähr so als ob ein Blinder seinem Augenarzt vorwirft, ihn seines Augenlichtes beraubt zu haben, indem er versucht habe mit einem Obstmesser und Sekundenkleber die Netzhaut wieder anzutuckern und der Augenarzt daraufhin eine Pressemeldung herausgibt:

    „Als Augenarzt hat man viele Feinde, wichtig ist nur, dass mir der Patient von seinem Vermögen für die OP in jedem Fall mehr als die Hälfte schuldet, so steht es im Gesetz“.

    Flöther ist der denkbar schlechteste, der denkbar skrupelloseste, der denkbar abgebrühteste Insolvenzverwalter für Air Berlin und als Sachwalter kann er nicht weniger Schaden anrichten.

    Wie wird es weitergehen? Hier meine Prognose (ich erinnere daran, dass ich der Ansicht bin, dass sich in Sachsen die Insolvenzverwalter ihre Insolvenzen zwischenzeitlich selbst machen und vor 2 Jahren vorausgesagt habe, dass es als nächstes UNISTER treffen wird, also das Unternehmen, das Flöther abwickelt):

    1.) Flöther wird sich jetzt auf die Suche nach möglichem unternehmerischen „Fehlverhalten“ des Eigenverwalters der Air Berlin umsehen, das wird sein einziges Ziel sein bei der Durchsicht der Geschäftsunterlagen.

    2.) Wie auch ohne Kristallkugel vorauszusagen, wird er fündig werden und dann wird es verlogene, heuchlerische Pressemeldungen hageln, die von der Presse ohne auch nur den Hauch eines Faktencheckes übernommen werden nach dem Tenor: „habe ich leider feststellen müssen, dass in betrügerischer Weise die Bilanzen gefälscht worden sind, auch Luftbuchungen hat es gegeben und beim Vorstand fanden sich exorbitant hohe Repräsentationsausgaben, auch Parties, Escort-Service und ähnliches, wovon ich „vorläufig ausgehe“ ist, dass das auf Kosten der Kunden geschehen ist, die betrogen worden sind.

    Mit tut jetzt schon jeder leid, wenn sie es nicht besser hätten wissen können: woher rührt nur dieses blinde Betrauen in Menschen wie Flöther, die schon auf den ersten Blick unseriös aussehen und auch unseriös sind?

    2.) Flöther schlägt dem Insolvenzgericht namentlich die Glubigerausschussmitglieder vor und wen wundert es, wer das dann ist? Das sind alles ehemalige Kumpels aus anderen Verfahren, abgehärtet wie Krupp-Stahl nach dem jahrelangen Baden in Zynismus. Auch eine Neuauflage eines Gesamtgläubigervertreters bietet sich an, es wäre sicherlich auch ein RA Gloeckner und allen voran Dr. Bruno Kübler bereit, hier für die notwendige staatliche Aufsicht zu sorgen. Aber auch Ott aus München und wie sie alle heissen, die unsäglich protzige Villen am Starnbergersee aus insolventen Unternehmern generiert haben, stehen in den Startlöchern.

    4. Der Bruder der Toten Hosen, Frege, wäre sicher auch in seinem feinen Zwirn bereit Kalkulationssoftware zur Verteilung der staatlichen Hilfen bereit zu stellen, denn der kam ja bei 100 Anwälten in einem Jahr auf die Summe von 856 Mio. EUR, die auch niemand nachgerechnet hat, wie das möglich ist.

    5. Zum Schluss gebe ich dann auch mal ein bisschen Einblick in die verräterischen Schlüsselwörter, die auf massive Selbstbereicherungsabsichten hinweisen, die mir – wie möglicherweise Thomas Bremer bei windigen Anlagen, so bei mir bei windigen Juristen: Flöther meint, er sei nicht spezialisiert auf üble Betrugsfälle mit Abstürzen in Slowenien und auch nicht abonniert auf völlig fehlgeschlagene Sanierungen, die in keinem einzigen Fall zu einem Erfolg geführt haben, sondern er hätte es lieber, wenn man seinen Job als „komplex“ bezeichnen würde.

    Komplex ist nun aber exakt der Begriff, der ihn entlarvt: Denn die Insolvenzordnung ist das unterkomplexeste Rechtsgebiet, das denkbar ist, jede Insolvenz ist nichts anderes als gnadenloses Abwickeln und Zerschlagen ähnlich einer Wohnungsärumung, wenn die Oma verstorben ist, wozu noch in das Fotoalbum aus dem letzten Weltkrieg gucken, das ist doch nichtmal mehr das Papier wert auf dem sie aufgeklebt wurden, also weg damit in den Orkus.

    Da ist nicht komplex, sondern man stapft im orangenen Anzug an die stinkende Tonne und leert sie aus indem man sie auf den Roboter stellt, sich seinem Kollegen zuwendet und ganz sicher keinen Finger selbst rührt, außer die Schmutzzulage einzukassieren und dann zum nächsten Eingang weiterzufahren.

    5. Flöther ist nicht komplex, sondern gehört in die Kategorie, die von Roger Willemsen in der SZ so beschrieben worden sind, wie sie morgens am Flughafen anstehen: „mit der gewaltbereiten Erfolgsfresse über der Flughafenkrawatte“, mit denen in der Schule und auf dem Sportplatz keiner spielen wollte, weil sie so langweilig, so Durchschnitt und so wenig sexy sind, dass sie nun – wo sie glauben erwachsen geworden zu sein – sich tagtäglich an allen rächen müssen, sie sie damals mit Nichtachtung gestraft haben, während sie sich an Paragrafen hochgehandelt haben zum frühen zweiten Staatsexamen, all die Frauen, Reisen und Gedanken und Ideen hatten, die sie nun zu Hertha-Wurst machen.

    Leider ist das die denkbar schlechteste Ausgangsposition und alle tun mir leid, weil es ein weiteres Mal niemand checkt, was da wirklich vor sich geht.

  2. gerhart allgaier Dienstag, 22.08.2017 at 11:40 - Reply

    Da ist die Anwalts-Lobby aber sehr schnell gewesen, denn natürlich könnte anstelle einer Kurzzusammenfassung der Insolvenzordnung – unter Auslassung aller Instrumente, die die Gläubiger selbe ergreifen können selbstverständlich – auch schlicht und einfach stehen:

    Die Insolvenzordnung sieht eine prozentuale Beteiligung des Insolvenzverwalters in der Honorarordnung vor, die beträgt mindestens 24 % der Masse, was jedoch nie der Fall ist und kann bis zum 18-fachen aufgeblasen werden, wie das bei Lehmann-Brothers der Fall war (und bei Karstadt und bei dem und jenem, also praktisch bei allen Insolvenzverwaltern, denn das 18fache Aufblasen nickt ja dann ein Rechtspfleger ab, der dafür oft nur eine halbe Stunde Zeit sich nehmen kann oder nehmen will, ein Schelm, wer Böses dabei denkt).

    Auf Air Berlin übertragen heisst das: Wie kann eine Wirtschaftsministerin, die zuvor schonmal Justizministerin war, am Tag der Insolvenzanmeldung schonmal die verfügbare Masse mit 151 Mio. EUR auffüllen? Wohlwissend – oder dumm wie Brot, man weiß das ja nie so genau – dass damit erstmal die Kassen des Insolvenzverwalters, im Fall der Eigenverwaltung des Sachwalters (der etwas weniger „verdient“, aber über dieselben Manipulationsmöglichkeiten verfügt), gefüllt werden. Denn es ja nunmal Gesetz, dass der Insolvenzverwalter an jeder Insolvenz prozentual – wie jede Drückerkolonne, jeder Staubsaugervertreter, jeder Versicherungsvermittler – beteiligt wird.

    Das wird vornehm in der ganzen unlesbaren Suada ausgeklammert, ist aber das einzige, was wirklich interessiert: Erstens, wie kann man so blöd sein und vor einer Insolvenzeröffnung schonmal 151 Mio. EUR bereitstellen. Und zweitens: Wie kann man sich so dumm stellen und die Insolvenzordnung unter Auslassung der tatsächlich einzig interessierenden gesetzlichen Regelungen, nämlich der quotalen Beteiligung an der Masse durch die Insolvenzverwalter, die Gläubigerausschüsse (auch käuflich, wenn man sie mit 350.000 EUR bezahlt werden wie auch schon geschehen), auf eine Anwaltswebseite stellen und damit so zu tun, als hätte man an der Aufklärung der Öffentlichkeit irgendein Interesse und wedele nicht hektisch herum, um den Nebelwerfer auch tatsächlich bis in die hinterste Provinz zielen zu lassen.

    Was auch noch hübsch aussen vor gelassen wurde. Jetzt – also im vorläufigen Verfahren – kann ein vorläufiger Gläubigerausschuss beantragt werden, das ist ja schonmal was. Und der kann nach § 56a) InsO einstimmig beschliessen, wer der Gutachter, der vorläufige Insolvenzverwalter und der spätere Insolvenzverwalter/Sachwalter sein soll. Weder das Insolvenzgericht noch die Gläubiger noch sonstirgendeine Lobby kann dem etwas entgegensetzen, es muss der eingesetzt werden, der vom Gläubigerausschuss einstimmig vorgeschlagen worden ist.

    Und wo steht das? Wer klärt die Betroffenen darüber auf? Wer sagt den Großgläubigern, die nicht die Lufthansa ist und nicht die Ministerin Zypries, dass es zentral darauf ankommt, wen man da bestellt, welchen Hintergrund er hat und was er im Schilde führt und ob er wenigstens in Grundzügen so etwas wie einen guten Ruf hat.

    Da fallen schonmal alle bekannten Großinsolvenzverwalter durch, es gibt keinen einzigen, der von einem Gläubiger auch nur einen Persilschein ausgestellt bekommen hätte, von dem jetzt favorisierten, der den Unister-Krimi aufklären soll, ganz zu schweigen. Auf jeden Fall sollte es keinesfalls ein Jurist sein, sondern ein Luftfahrtspezialist, jemand der sich nicht kaufen lässt, der nicht mit Dollarzeichen im Blick nun auf naivste Ministerin schielt, die man sich für ein solches Verfahren denken kann (und die selbstüberzeugteste dazu), denn – und das steht da oben eben auch ganz und gar nicht:

    Keiner, der so „gerettet“ worden ist, hat je den Insolvenzverwalter überlebt. In der Regel bleibt es bei 2 % Sanierungen wie eh und je. Und in der Regel bleibt Gläubigern nicht mehr als eine Quote von 2 % ihres eingesetzten Kapitals/ihrer Forderung.

    Der ganze Deal stinkt hinten wie vorne: wer hat hier sofort diesen Sachwalter eingesetzt, wer hat den Namen in Umlauf gebracht, muss nicht zuerst ein unabhängiger Gutachter herausfinden, wer hier überhaupt insolvent sein soll und aus welchen Gründen. Braucht es keinen Beschluss eines Insolvenzgerichtes mehr und warum wird das Fell des Bären schon verteilt, obwohl es noch gar nicht sicher ist, dass da überhaupt ein Bär zusammengebrochen ist und der nicht in Wirklichkeit ein Eichhörnchen war, das im Gullideckel feststeckt?

    Dass es Juristen gelungen sein soll am Tag der Insolvenzanmeldung sich ein umfassendes Bild von einem Unternehmen zu machen, ist wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass es sich hier – sowohl bei den Summen als bei den Terminen als auch bei den möglichen Investoren/Käufern – um eine abgekartetes Juristenplanspiel handelt, die sich wochenlang ausgehandelt haben, wer für welchen Preis welchen Brocken abbekommt und wie man die Insolvenzordnung, die Gerichte und – wenn man in Sachsen ist – die Staatsanwaltschaft in Stellung bringen kann, um mögliche Durchblicker und kritische Nachfrager von der Beute freizuhalten.

    Denn auch das ist gesetzlich geregelt:

    Alle „Verkäufe“, und „Investorenverhandlungen“ und „Übernahmen“ werden auch prozentual abgerechnet wie ein Erfolgshonorar, also zur Masse, die schon jetzt nur noch die Hälfte dessen wert ist, was sie den Steuerzahler kostet, kommen dann noch die ganzen Provisionen für die wunderbaren Verkäufer aka Juristen.

    Wer je einen Juristen einen echten Verkauf hat abwickeln lassen, weiß, dass das Unsinn ist – es wird nur das verteilt, gemindert, heruntergewirtschaftet, was ohnehin da war und das ganze wird dann in gesetzeskonforme Texte wie den obenstehenden gegossen, so als hätte tatsächlich irgendwer einen Mitarbeiter im Blickfeld oder gar einen Gläubiger.

    Selten einen zynischeren Text gelesen.

    „Integrität ist wie Jungfräulichkeit – einmal hin, ist sie für immer verloren“.

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